Das Gästezimmer

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Meine Gesichtszüge entglitten mir vollkommen.

„Bei Merlins Bart, was ist denn nun los?"
fragte Malfoy mich. Was los war? Hatte er es gar nicht bemerkt?
Das erste Mal seit dem wir uns kennen, hat er mich Hermine genannt. Noch nie, hat er mich bei meinem Vornamen angesprochen.
„Du hast es nicht mitbekommen oder?" er schüttelte seinen Kopf, was seine Frisur noch ein bisschen mehr verwuschelte. Ich mochte das sehr, das nahm etwas die Strenge aus seinem Wesen, er wirkte echter, mehr er selbst.

Draco 

„Nein, was meinst du?"
Sie stand auf und ging auf mich zu. „Du hast mich Hermine genannt, das hast du noch nie getan. Komm her und gib mir deine Finger."
Vorsichtig reichte ich ihr meine Hände entgegen, sie lagen eiskalt eingebettet zwischen ihren warmen Fingern.
„Calefacere te" flüsterte sie und im selben Moment verspürte ich eine milde Wärme die sich von den Fingerspitzen weiter in meinen Händen, meinen Armen und dann im gesamten Körper ausbreitete.
Dann ließ sie ihre Hand fallen und setzte sich wieder an den Tisch, ich tat es ihr stumm gleich. Das war eigenartig, da war schon wieder ein Kribbeln gewesen, als sich unserer Finger berührten.
„Ich danke dir." Ich wusste ehrlich nicht was ich dazu sagen sollte, das ich sie beim Vornamen genannt hatte. Ich hatte nicht darüber nachgedacht, es war einfach passiert, dass ich sie Granger nannte war schon im ersten Schuljahr zur Gewohnheit geworden. Später hatte ich mir nie wieder Gedanken darüber gemacht, sie war immer Granger, oder schlimmeres, gewesen.
Zu meinem Glück hinterfragte sie mein Malheur nicht noch einmal.
Wir hörten dem Knistern des Feuers zu, aus dem Radio liefen leise Muggelweihnachtslieder und wir tranken unseren Muggelglühwein.
Keine Ahnung wann ich das letzte Mal einen so friedlichen Augenblick hatte. Seitdem ich für das Ministerium arbeitete hatte ich kaum mehr eine ruhige Minute gehabt. Von meinem Vater hatte ich ziemlich zeitgleich zu Ende des Kriegs abgekapselt und hatte nur noch Kontakt zu meiner Mutter, wir sahen uns sehr selten, aber regelmäßig, nur saß mir auch dann die Zeit immer im Rücken.
Jetzt hier in diesem Moment, lag mein Auftrag einzig darin Granger zu schützen und das tat ich, wenn auch anders als geplant. Angenehmer.
Niemand der mit der Trommel hinter mir her war und mich anheizte schneller, besser zu arbeiten.
Tagsüber hatte ich zwei weitere Standorte der Todesser ausmachen können und wusste nun ziemlich genau wer alles an diesem Komplott beteiligt war und wen wir schützen mussten. Das war ein guter Fortschritt. Noch vor dem Ende von Grangers Weiterbildung hatte ich Potter über die neuesten Informationen unterrichten können.
Wir kamen gut voran, das war sehr zufriedenstellend.
Der Plan sah vor, dass wir die Todesser vor Umsetzung ihres Plans alle ausschalten konnten.
Der Minuspunkt war, wir wussten noch nicht ob sie geballt zuschlagen wollten, oder einzeln.
Weshalb es umso wichtiger war, das die Personen ganz oben auf der Liste besonders geschützt würden.
Dazu zählte auch Potter selbst, gerade jetzt wo er zum zweiten Mal Vater werden würde, Weasley, Luna, Neville, Dean sie alle zählten dazu und hatten bemerkt oder unbemerkt Schutz erhalten.
„Worüber denkst du nach?" wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. „Wie bitte?" musste ich daher nachfragen. „Worüber denkst du gerade so angestrengt nach habe ich gefragt, du hast eine Denkfalte auf der Stirn gehabt."
Bevor ich Granger antworten wollte, wollte ich noch einen Schluck von dem wärmenden Glühwein trinken, leider war meine Tasse bereits leer, mir war gar nicht aufgefallen das ich bereits so viel davon getrunken hatte und mich der heiße Wein herrlich von innen wärmte.
Glück für mich, das ich eine sehr aufmerksame Hexe mir gegenüber hatte, die mir die Tasse aus der Hand nahm und mit Glühwein vom Herd befüllte.
Mit einem Lächeln dankte ich ihr. Durch das heiße Muggelgetränk wurde mir noch wärmer im Bauch, die Wärme erstreckte sich in meinem gesamten Körper, zusätzlich zu dem Wärmespruch von Granger.
Dann fiel mir ein, das ich noch auf ihre Frage antworten musste.
„Ich habe über den heutigen Tag nachgedacht, was wir bereits in Erfahrung bringen konnten, wie wir vorgehen werden und das ich seit sehr langer Zeit wieder Frieden empfinde. Soweit sind bisher alle Zielobjekte gesichert worden, das ist sehr zufriedenstellend. Wir hoffen die Todesser festnehmen zu können bevor sie einen Anschlag auf euch alle oder einzelne verüben."
Meine Worte waren einfach so herausgesprudelt. Immerhin war es Granger die mir gegenüber saß, sie würde mit diesen Informationen umgehen können.
„Du musst mich die ganze Nacht überwachen, korrekt?"
Stellte sie plötzlich die Frage, ohne einen für mich ersichtlichen Grund. Zu ihrer Antwort nickte ich lediglich.
Die Nacht würde unangenehm werden, aber wir hatten schlimmeres erlebt und überlebt. Von daher, machte ich mir eher weniger Gedanken um die Gemütlichkeit.
„Dann möchte ich das du in einem der Gästezimmer übernachtest. Draußen herrschen eisige Temperaturen und der Sturm wütend noch immer, wird sogar schlimmer. Ich würde mich schlecht fühlen, bei dem Gedanken dich wieder hinaus in die Kälte schicken zu müssen."
Okay, das war keine Frage gewesen, sondern ein Appell. Granger widersprach man besser nicht das wusste so gut wie jeder Zauberer. Nochmal würde ich mir nicht die Nase brechen lassen. In Gedanken strich ich mit dem Daumen und Zeigefinger über meinen Nasenrücken.
„Bist du dir sicher, dass du dir das gut überlegt hast Granger? Ich bin es Malfoy, hier wäre deine Gelegenheit zur Rache, du kannst mich einfach wieder raus jagen in die Kälte, mich für so viele meiner Gemeinheiten von damals Buße tun lassen." Ein wenig wollte ich scherzen, ein wenig wollte ich sie reizen. Das lag nun mal in meiner Natur.
„Malfoy ich habe keine Kraft für Rache. Das ist ein nett gemeintes Angebot. Nimm es an oder lass es, aber ich glaube kaum, das du die Kälte diesem Haus und mir vorziehst."
Punktlandung, natürlich zog ich es vor hier zu bleiben, außerdem ermöglichte mir das besseren Schutz gegenüber Granger. Würde doch jemand unbemerkt in das Haus gelangen, bekäme ich es erst Minuten später mit, würde ich draußen vor der Tür stehen und wertvolle Zeit verlieren.
„Ich würde ein Zimmer im selben Gang wie das deine präferieren." Ich versuchte meine Stimme so emotionslos wie nur möglich zu halten. Komisch, das ich bei der Gryffindor Schwierigkeiten dabei hatte. 
„In Ordnung. Mein Zimmer befindet sich derzeit im zweiten Stock, gleich daneben ist noch ein weiteres Gästezimmer, indem du schlafen kannst. Die Kürbispasteten sind gleich fertig. Dann würde ich meine Tasse austrinken und ins Bett verschwinden. Dein Bett ist hergerichtet, brauchst du noch etwas für die Nacht?"
Fast wäre mir rausgerutscht, ja dich Granger.
Und ich hatte absolut keine Ahnung wo dieser Gedanke auf einmal herkam, natürlich sprach ich ihn nicht aus. Würde ich nie!
Sondern fragte sie stattdessen. „Brauchst du noch Hilfe?" Nie zuvor in meinem Leben hatte ich Kekse gebacken oder Kürbispasteten, aber Hilfe konnte ich Granger immerhin anbieten. Was konnte dabei schon schief gehen? Ihr Tonfall war wieder sanft und gar nicht piepsig, als sie mir antwortete.
„Nein, die Pasteten sind fertig, die lasse ich zum Auskühlen auf dem Tisch stehen und dann passt das schon."
Wie sie mich ansah, ein Kribbeln breitete sich in meinem Körper aus. Ungewöhnlich...dachte ich. Und zog meine rechte Augenbraue in die Höhe. Das kannte ich nicht.
Ich sah ihr zu wie sie gekonnt die zwei Bleche aus dem Ofen nahm und dann unsere mittlerweile leeren Tassen wegzauberte. In Null Komma Nichts war die Küche Besenrein, nichts ließ mehr darauf schließen, das hier noch wenigen Moment ein kleines Backchaos geherrscht hatte.
„Na komm, wir gehen hoch." Sagte Granger in einem erschöpften Tonfall.
Und siehe da, als wir den Flur betraten erhellte sich dieser in einem gedimmten Licht. „Was ist?" bemerkte sie mein Zögern.
„Als ich vorhin meinen Umhang aufgehängt habe, lag der Flur weiterhin im Dunklen da. Ich denke das Haus mag mich nicht. Beziehungsweise spürt es, das ich nicht hierher gehöre."
Hermine kommentierte das nicht weiter, sondern zeigte mir das Gästezimmer im zweiten Stock, welches an ihr vorübergehendes Schlafzimmer grenzte. Wir verabschiedeten uns kurz für die Nacht und ich sah mich in meinem Gästezimmer um. Gemütlich war das erste Worte, das mir dazu einfiel. Nicht so kalt wie Malfoy Manor sich anfühlte, in so vielen Räumen.
An der Wand stand ein schwarzes breites Himmelbett, auf ihm lagen dicke dunkelrote Decken,  und ein Meer aus Kissen erstreckte sich über dem Kopfteil. Der Kamin knisterte schon leiste vor sich hin und hatte im Raum eine angenehme Wärme verteilt. Die Wände waren in einem hellen grau gestrichen, ein großer hölzerner Kleiderschrank befand sich gegenüber des Bettes, auch dieser war in einem Grauton gehalten, nur Nuancen dunkler als die Wände. Alles war perfekt aufeinander abgestimmt und gar nicht durcheinander wie es die Küche unten gewesen ist. Weiter war dann nur noch ein Nachttisch neben dem Bett zu finden. Auf dem schwarzen Holz hätte man jedes noch so kleine Staubkorn sehen können, aber nichts war zu erkennen. Alles in feinster Ordnung. Ganz wie es zu der Gryffindorhexe passte. Was mir ein Schmunzeln entlockte. Aus meiner linken Manteltasche hatte ich vorhin meine Notfalltasche geholt. Sie war winzig klein gezaubert und beinhaltete Kleidung und Hygieneartikel für einige Tage. Mit einem Zauberspruch ließ ich sie auf original Größe heran wachsen und begann dann damit mein Pullover auszuziehen, mein Hemd aufzuknöpfen, die Hose abzustreifen. Ich zog mir aus der Tasche ein weites, altes Slytherin Shirt und legte mich dann nur in Boxer Short und dem Shirt in das gemütliche Bett.
Normalerweise würde ich jetzt noch etwas lesen, aber mein Körper war zu geschafft. Stundenlanges ausharren in der Kälte hinterließ halt doch seine Spuren, ob nun mit Magie oder ohne.

Über das gesamte Haus hatte ich noch einen zusätzlichen Schutzzauber gelegt. Wir würden sofort bemerken, wenn jemand unbefugtes versuchen würde ins Innere zu gelangen.
Kurz schwankten meine Gedanken noch zu Hermine, dann fielen mir die Augen zu.

Die raue See der Nacht und der Friede im SturmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt