Feuerwhiskey

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Meine Hand fand ganz automatisch, ohne mein Zutun den Weg an ihre Hüfte. Es fühlte sich so an, als gehöre sie genau dahin und würde von ihrem Körper magisch angezogen werden. Mein unvorsichtiger Blick auf Hermines Lippen war von ihr nicht unbemerkt geblieben. Aber sie war noch hier, sie stand immer noch genau vor mir, so nah, und schreckte nicht einen Zentimeter vor mir zurück.
Sie hatte zwischen all ihren Sachen ein altes Slytherin Shirt. Die Geschichte dahinter wollte ich unbedingt hören, das brannte mir regelrecht auf der Seele. Was versuchte sie zu verbergen.
Der Impuls sie zu küssen, ihre zarten Lippen auf meinen zu spüren, er war wieder da und in diesem Moment, war ich zu schwach ihm erneut zu widerstehen. Ich wollte sie wirklich küssen, also führte ich langsam meine Hand an ihr Gesicht, ließ ihr die Möglichkeit sich zurückzuziehen, aber sie blieb, blickte mir fest in die Augen, also beugte ich mich näher zu ihr hinunter ich konnte ihren heißen Atmen auf meinen Lippen spüren und schloss die Augen.
Und im nächsten Moment knallte es und Hermine schreckte zurück.
Innerlich stieß ich einen Fluch aus, äußerlich hatte ich meine Maske wieder aufgesetzt.
„Verdammt, hier seid ihr" betrat Ron den Raum. „Ich habe schon bestimmt zehn Türen geöffnet und nachgeschaut ob ich euch finde. Wenigstens weiß ich jetzt wo die Küche ist. Warum bekommt sie so ein großes Zimmer?"

Zum Glück für uns, das Ron eben noch mit einer Tür im Nebenzimmer geknallt hatte. Wir hätten ihn nicht kommen hören und ich glaube die Situation wäre dann eher weniger schön geworden.
Ich brachte noch einen weiteren Schritt Abstand zwischen Hermine und mir, steckte die Hand, welche eben noch ihr weiches Gesicht berührt hatte in meine rechte Hosentasche. „Möchtest du lieber mit ihr Tauschen und ein echter Gentlemen sein?"  fragte ich den Rotschopf überheblich Grinsend. „Mein Zimmer ist auch so weit weg von ihrem. Gibt es kein Gästezimmer das näher dran ist?" ich schüttelte ungeduldig den Kopf.
„Ich denke wir sollten in das Wohnzimmer gehen und unser weiteres vorgehen besprechen. Folgt mir." Damit setzte ich mich in Bewegung. Sie würden mir schon folgen. Ich musste einen Weg finden Potter zu kontaktieren und ihn über unsere Lage in Kenntnis zu setzten. Das war von hier aus allerdings ein Ding der Unmöglichkeit. Ich fuhr mir mit der anderen Hand durch die Haare. Die Situation war so ungünstig wie sie nur hätte sein können.
Ich würde die beiden einige Zeit alleine lassen müssen um Harry von einem anderen Ort aus kontaktieren zu können.
Ich hörte leise Schritte auf dem mit Teppich versehenen Steinboden. Ron flüsterte etwas, aber sie waren zu weit hinter mir, das ich ihn dieses Mal nicht verstehen konnte, schade.

Im Wohnzimmer angekommen entzündete ich den Kamin und erhellte die Lampen im Zimmer. Das Wohnzimmer war geräumig, vor dem Kamin standen drei Couchen mit jeweils zwei Plätzen und dazwischen standen zwei dunkelgrüne Samtsessel. „Setzt euch." Deutete ich mit einem Handzeichen an. „Die Situation in der wir uns befinden ist sowohl gut als auch schlecht. Gut ist, hier wird euch niemand finden. Schlecht ist, das wir nicht vorbereitet waren, ich muss Potter über die neuen Umstände informieren und das kann ich nur von einem anderen Ort als dieser Insel erledigen. Hier auf dieser Insel sind wir von der Außenwelt abgeschnitten.  Ich bitte euch zu unserer aller Sicherheit versendet weder Feuernachrichten, noch Briefe oder ähnliches, nehmt auf keinen Fall zu jemandem Kontakt auf von dieser Insel aus. Wir werden uns hier eine Weile verstecken müssen und ich weiß noch nicht wie lange dieser Zeitraum überdauern wird."
„Wir stecken also knietief in Hasenscheiße willst du uns sagen und das du uns hier wie Kinder einsperrst." „Wenn ihr überleben wollt, dann ja, dann kannst du es so sehen." Gab ich Ron trocken zu verstehen. "Malfoy wir haben schon Mal gegen Todesser gekämpft. Die sind nicht sonderlich schlau, das schaffen wir wieder, ganz locker."
Hermine schüttelte resigniert den Kopf. „Nein Ron. Sie haben uns heute überrumpelt. Sie sind gut organisiert und sie würden uns überrennen in dieser Gruppe. Du hast vorhin gesehen, dass sie sogar Sirius Haus gefunden haben und sie hätten es vielleicht sogar geschafft durchzubrechen. Draco hat recht, er muss mit Harry sprechen und wir beide bleiben solange hier und warten auf sein Wiederkommen." Versuchte Hermine zu schlichten. Ich stand auf uns ging zu unserer Bar am andere Ende des Zimmers, blickte fragend in die beiden Gesichter und erhielt ein zustimmendes Nicken als Antwort.
In der Bar standen diese ganz alten Kristallgläser und welche ich nun zwei Daumenbreit Feuerwhiskey goss und sie zu Weasley und Hermine rüber schweben ließ.

„Warum zur Hölle nennst du ihn bei seinem Vornamen. Das ist Malfoy das Frettchen. Hast du das vergessen?"
Hermines Lächeln war sanft. „Ron die Schule und der Krieg sind vorüber. Versuche bitte die Vergangenheit ruhen zu lassen. Wir werden hier sowieso einige Zeit zusammen aushalten müssen. Sei nicht so feindlich ihm gegenüber, immerhin hat er uns heute vermutlich unser Leben gerettet. Danke." Sagte sie dann in meine Richtung und nippte an ihrem Whiskey.
Ron stürzte seinen in einem Zug hinunter und hielt mir mit fragendem Blick erneut sein Glas hin. Ich ließ die Flasche dann zur Sicherheit einfach zu uns schweben. „Accio Feuerwhiskey." „Danke." Murmelte nun auch schwer verständlich Weasley.
Hermine die ihr Glas in völliger Stille geleert hatte erhob sich nun. „Ich werde ins Bett gehen. Ron das solltest du auch tun, wir können heute nichts mehr ausrichten. Gute Nacht ihr zwei."
Nach dem zweiten Glas wurden die Augen von dem Rotschopf langsam glasig. Er sollte wirklich ins Bett gehen, wenn er so wenig vertrug. „Du findest den Weg ja." Sagte ich zu ihm, versuchte möglichst freundlich zu klingen und erhob mich dann selber, nachdem auch ich mein zweites Glas geleert hatte. Mit einer kleinen Bewegung zauberte ich Hermine noch einen Lavendel-Kamillentee auf ihren Nachttisch sowie auf meinen und begab mich dann auf den Weg in mein Zimmer. Es war schön wieder hier zu sein. Mit diesem Anwesen verband ich nur positive Erinnerungen, und nicht eine davon hatte mit meinem Vater zu tun. Ich schob die Tür zu meinem Zimmer auf und lauschte noch für einen Moment in den Flur, ich vernahm leiser werdende schlurfende Schritte, die ich immer wieder Weasley zuordnen würde.  Bei Hermine nebenan war es mucksmäuschenstill. Ich schloss die Tür und entledigte mich meiner Kleidung, ich musste unter die Dusche. Ganz dringend. Das Apparieren auf die Insel dauerte länger als gewöhnlich und ich hatte gleich zwei Mitreisende, ich fühlte mich ausgelaugt, als wäre ich einen Marathon gelaufen, oder hätte elendig lange Quidditch gespielt.
Im Vergleich zu meinem Bad in dem vorübergehenden Appartement, welches ich bewohnte, konnte dieses Bad mit einer offenen Regenwalddusche aufwarten. Das heiße Wasser traf zuerst meine Schultern, meine Hände hatte ich an der Wand abgestützt und den Kopf dagegen gelehnt als ich etwas durch den Schleier des Wassers scheppern hörte.
Das kann doch nicht wahr sein, dachte ich fluchend. Ich stieg aus der Dusche, band mir eines der flauschigen grauen Handtücher um die Hüfte und verließ mein Zimmer tropfend in Richtung der lauten Geräusche, welche ich in der Küche vermutete.
„Verdammt Weasley. Was zur Hölle veranstaltest du hier?" Ron fühlte sich augenblicklich ertappt. „Ich habe Hunger." Oh man dieser Gryffindor... das würden harte Tage werden.
Schnell zauberte ich ihm ein paar belegte Sandwiches und drücke sie ihm in die Hand. „So und nun geh, iss und dann schlaf." Ich wollte mich schon umdrehen und gehen als ich ein Keuchen hinter mir vernahm. Ich kannte diese Reaktion, sie war nicht das erste Mädchen das so auf meinen Körper reagierte. Das selbe würde passieren, wenn ich mich umdrehte und sie auch die Narben auf meiner Vorderseite zu Gesicht bekommt.
In der Regel achtete ich penibel darauf das niemand sie zu sehen bekam. Weasleys Lärm hatte mich kalt erwischt. Langsam drehte ich mich zu Hermine um, mein Blick war fest, ich würde kein Mitleid in ihren Augen ertragen können. Nicht von ihr.
Von niemandem. Als ein weiteres Keuchen ihrerseits ausblieb war ich ehrlich überrascht. Ihren Blick, den Ausdruck in ihren Augen aber, den konnte ich nicht deuten. Mitleid war es jedenfalls nicht. Ich trat neben sie und verließ die Küche um wortlos in mein Zimmer zu gehen.

Die raue See der Nacht und der Friede im SturmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt