Schon alles erlebt

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Es fühlte sich an, als wäre ich in einem meiner Träume gefangen, einem meiner Albträume.

Wieder war ich im Malfoy Manor, wieder als eine Gefangene, umringt von einer halben Scharr Todessern, dann fiel mir etwas auf, das anders war als in meinen Träumen, direkt vor mir lag ein zusammen gekauertes Bündel.
Bei Merlin, diese blonden Haare würde ich überall erkennen. Zwischen mir und dem Halbkreis aus dunkelschattigen Todessern kauerte Luna Lovegood.
Geradewegs riss ich mich, zur Überraschung von dem mich festhaltenden Zauberer los und wollte zu meiner Freundin eilen. Warum war sie hier. Wie hatten sie sie nur finden können, strömten die Fragen in meinen Kopf. Ob sie auch verraten worden war?
Kurioserweise ließen die Todesser mich gewähren, mich über meine Freundin zu beugen.
Mit zittrigen Fingern strich ihr die weichen, aber zerzausten Haare aus dem blutverschmierten Gesicht und begann zeitgleich zu beten, sie würde noch am Leben sein.
Das Herz in meiner Brust schrie auf vor Schmerzen, als würde es zerreißen, Luna in einem so desolaten Zustand vorzufinden.
„Luni." Hauchte ich ihr besorgt entgegen. „Luni bitte sag doch etwas, sprich mit mir." Stumme Tränen brannten in meinen Augen und wollten sich den Weg über mein Gesicht bahnen. Was ich ein Glück erfolgreich unterdrücken konnte. Diese Genugtun würde ich diesen Monstern nicht bieten!
Aber die Hexe unter mir rührte sich keinen Millimeter und eine schreckliche Angst kroch in meine Glieder. Was hatten sie diesem unsagbar zarten und liebevollem Wesen nur angetan. Ich versuchte meinen zuckenden Finger unter Kontrolle zu bringen um ihren Puls erfühlen zu können.
Fast hätte ich laut aufgelacht und ein riesengroßer Schwarm Schmetterlinge wütete in meinem Bauch. Luna hatte noch Puls, ich konnte ihn fühlen, schwach, aber er war da. Sie war noch am Leben.
„Nein!" brüllte ich meine Greifer an, die mich von ihr wegreißen wollten, einmal gelang es mir mich aus ihren Fängen zu befreien, ein zweites Mal funktionierte das leider nicht und sie feuerten einen Incarcerus Zauber auf mich ab. An Ort und Stelle gefesselt blieb mir keine andere Wahl als mich zurück zum alten Malfoy schleifen zu lassen. Ungehalten zornig blickte ich um mich.
„Macht mich los!" schrie ich in den, wie mir schien, viel größer gewordenen Saal hinein, als mich auch schon etwas hartes in mein Gesicht traf und mein Kopf zur Seite gerissen wurde. Ein Keuchen entfuhr mir. „Wage es nicht noch einmal das Wort an uns zu richten du erbärmliches Schlammblut!" Ah Lucius war noch immer der Alte. Aber er sah alt aus, ausgelaugt und hatte dunkle, ja fast schwarze Ringe unter den Augen mit denen er mich so verachtend ansah, dass ich am liebsten seinem Blick ausgewichen wäre. Fast unmerklich rieb er sich seine raue Hand, die noch Sekunden zuvor hart auf mein Gesicht geprallt war.

Abwartend was als nächstes passieren würde schickte ich stumme Blitze in seine Richtung.
„Du wirst so leiden, wie noch nie ein Schlammblut zuvor hat Leiden müssen! DU trägst Schuld daran, das mein einziger Sohn zu einem Verräter geworden ist."
Deshalb war Lucius so außer sich, weil sein Sohn, weil Draco die Seiten gewechselt hatte und er mir, uns dafür die Schuld gab. Das er uns seines Gleichen, beziehungsweise der Dunkle Lord persönlich dafür verantwortlich waren, wollte er natürlich nicht wahr haben. Ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht mal den kleinsten Gedanken daran verschwendet hatte, das nicht ich es gewesen bin, die seinen Sohn umgekrempelt hatte. Zumal, seine Wandlung lange vor unserem Wiedersehen geschehen war.
An meine Ohren drang ein Geräusch das ich zuerst gar nicht einordnen konnte, dann stellte ich fest, dass es von Luna stammen musste. Bei dem Versuch meinen Kopf in ihre Richtung zu wenden versagte ich kläglich.
„Du wirst deine Freundin nicht retten können, es wird die lediglich vergönnt sein ihren Untergang und winselnden Tod mit an zuhören." Das Lächeln welches auf den Lippen Malfoys lag war so grausam, dass es hätte von Voldemort persönlich stammen können und verpasste mir eine eiskalte Gänsehaut.
Dann stellten sich die Haare in meinem Nacken auf und unmerklich versteifte ich mich in meinem Fesselgefängnis. „Kommen wir nun also zu dir dreckiges Schlammblut." Flüsterte der Todesser so nah an meinem Ohr, dass ich seinen abscheulichen Atem auf meiner Haut spüren konnte, Ekel kroch meine Eingeweide hoch und ich wollte brechen, die Übelkeit machte es sich in meinem Bauch gemütlich und breitete sich aus.
Mein Körper sackte leblos zu Boden als die Seile mit denen ich noch Sekunden zuvor gefesselt war sich auflösten, ehe sich kaum das ein Wimpernschlag vergangen war, ich schweres kaltes Metall an meinen Handgelenken erkannte, meine Arme wurden auseinander und mein Körper hochgezogen, so stolz wie es mir nur irgendwie möglich war, regte ich meinen lädierten Kopf nach oben und starrte in die toten Augen Malfoys.
Meine Arme wurden unangenehm in die Länge gezogen und in mir kam das Gefühl auf, gleich würde ich zerreißen.
„Crusio" wisperte der blondgraue Zauberer und ich wollte mich vor Schmerzen winden, nur ging es nicht. Ich hing so stark an neuen Fesseln in der Luft, das ich meine Augen zusammen kneifen musste um nicht lauthals los zu schreien.
Noch einmal vernahm ich den Fluch, welcher so unsagbare Schmerzen jeden der ihn empfing zufügte. Und langsam begannen sich schwarze Sterne an den Rändern meines Sichtfeldes zu bilden. Aber ich wollte stark bleiben, ich musste stark sein! Ich musste mich doch befreien um Luna und mich hier rauszuholen. Denn Malfoy Manor, war der wohl letzte Ort an dem Draco noch mir suchen würde.
Bei Merlin ich begann zu beten, reichte es nicht, schon einmal derartige Folter überlebt zu haben? Wie hatte Draco das nur in so jungen Jahren aushalten können, kein Wunder, das er damals so gebrochen war.
Sie schwarzen Sterne tanzten mittlerweile direkt vor meinen Augen und verengten mein Sichtfeld immer mehr. Lange würde ich dem nicht mehr standhalten können. Ich bemerkte gerade noch so, wie sich eine kleine Gestalt Malfoy nährte, ihm etwas in sein linkes Ohr flüsterte, er sich von mir den Rücken zu kehrte, mich aber in der Luft hängen ließ und sich dann der Person anschloss und den einst so prunkvollen Saal verließ. Das war exakt der Moment, indem mich auch meine Kräfte verließen und mein Kopf nach vorne auf meine Brust kippte und ich ein wegdämmern nicht mehr verhindern konnte.

Die raue See der Nacht und der Friede im SturmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt