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𝑾𝒆𝒏𝒏 𝒆𝒕𝒘𝒂𝒔 𝑳𝒊𝒄𝒉𝒕 𝒊𝒏𝒔 𝑫𝒖𝒏𝒌𝒆𝒍 𝒌𝒐𝒎𝒎𝒕 ...
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Keine Ahnung, wie lange ich in diesem Delirium gefangen gewesen war, aber die letzten Stunden kamen mir wie eine nicht enden wollende Ewigkeit vor — ach ja, genau das war doch die Definition von Ewigkeit! Noch schlimmer war allerdings der Zustand, in dem ich mich gerade befand. Ein Kater nach einem Vollrausch war nichts dagegen. Es kam eher einem kalten Entzug nahe.

Mein Körper war aufgrund der Saufeskapaden der vergangenen Tage geschwächt und zitterte unkontrolliert. Mir war heiß und kalt zugleich. Mein Magen stellte ein riesengroßes Loch im Bauch dar. Zugleich verspürte ich den Drang, mich übergeben zu müssen. Dieser Schwindel in meinem Kopf wollte einfach nicht enden. Mein Verstand kämpfte fortwährend mit den aufploppenden Erinnerungen. Und eben das setzte mir so dermaßen zu.

Langsam öffnete ich die Augen und fand mich in eine Decke gekuschelt auf meinem Sofa wieder. Als ich mich umblickte, sah ich Joshua im Sitzsack schlafen. Die Arme waren verschränkt, sein Kopf lehnte an meinen Schreibtisch und um die Beine war eine dünne Decke geschlungen. Gemütlich wirkte diese Position nicht gerade. 

Hatte er etwa die ganze Zeit hier verbracht, um auf mich zu achten? Wie konnte er das tun, nachdem ich ihn letztens so harsch zurückgewiesen hatte?

Vorsichtig schälte ich mich aus dem Bett und bemerkte, dass ich frische Kleidung trug. Er musste mich umgezogen haben. Dabei hatte er mich wohl erneut nackt gesehen ... Er hatte sie wieder gesehen ... Was Joshua wohl darüber dachte? Der Gedanke daran bescherte mir eine Gänsehaut.

Ich schüttelte den Kopf und schlich ins Badezimmer, um den ekligen Geschmack in meinem Mund loszuwerden. Dunkel kamen Erinnerungen hoch, mehrmals gebrochen zu haben. Kein Wunder bei der Menge an Alkohol, die ich auf nahezu nüchternen Magen getrunken hatte. Schön dämlich, aber es war mir in den vergangenen Tagen einfach alles egal gewesen.

Ein Blick in den Spiegel ließ mich erstarren: kreidebleicher Teint, rissige Lippen, dunkle Augenringe, die Iriden von roten Äderchen umgeben. Herzlichen Glückwunsch, so scheiße hatte ich schon lange nicht mehr ausgesehen.

Aber nicht einmal annähernd kam das bescheidene Äußere an das miese Gefühl in meinem Inneren heran. Gedankenverloren strich ich mir über den Bauch. Zog das Top zögerlich nach oben. Da war sie.

Behutsam strich ich mit dem Daumen die Linie nach. Einst ein tiefer Einschnitt, der quer über meinen Bauch gesetzt worden war und mir beinahe das Leben gekostet hätte. Nun war sie nur noch ein weiß-schimmernder Strich. Vergessen war der körperliche Schmerz, der damit verbunden gewesen war. Allerdings fragte ich mich, ob jemals die unsichtbaren Wunden in mir heilen würden. Und damit endlich das unsägliche Leid ein Ende haben konnte.

Plötzlich vernahm ich ein leises Klopfen gegen die Tür. „Ich bin gleich bei dir", sagte ich ruhig, während ich meinen Bauch rasch mit Stoff bedeckte. Dann putzte ich mir ausgiebig die Zähne, bevor ich in den Wohnraum meines Apartments zurückkehrte. Mir war absolut unbehaglich zumute, denn das war mehr als eine seltsame Situation.

Kaum sah ich Joshua an die Küchenzeile gelehnt stehen, musste ich bei seinem Anblick laut auflachen.

„Was denn? Begrüßt man so jemanden, der einen gestern die Haare über der Kloschüssel gehalten hat?", fragte er beleidigt, doch seine Mundwinkel zuckten verdächtig nach oben.

„Wenn es sich dabei um einen Herrn im schicken Hemd, aber ohne Hose bekleidet, handelt, dann ja", konterte ich immer noch lachend.

„Wenn eine gewisse Dame seine Hose nicht ruiniert hätte, dann würde er eine tragen."

UNAUSWEICHLICHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt