Wenn mehr als nur Freude
aufkommt ...
━━ ♡ ━━»Was machst du da? Du darfst nicht ohne Krücken laufen! Du musst deinen Fuß schonen.«
Ich winkte Kiras aufgebrachte Rufe mit meiner freien Hand ab, während die andere meine unkomfortable Gehhilfe umfasste. Auf einem Bein stehend starrte ich in den schwarz gehaltenen Gang vor mir — dazu bereit, ihn jeden Augenblick zu durchschreiten.
»Er ist verstaucht und nicht gebrochen. Tut schon kaum mehr weh«, murmelte ich und redete mir ein, dass das Auftreten gleich bestimmt nicht allzu sehr schmerzen konnte. Immerhin war ich jetzt fast den gesamten Tag mit Krücken herumgelaufen und das war sehr viel mehr Schonung für meinen Fuß, als ich es ihm gegönnt hätte. Gestern hatte er das Tanzen schließlich auch halbwegs gut überstanden. Aber ich konnte und wollte über diesen Boden hier nicht mit diesen dämlichen Dingern laufen ... So hatte ich mir das nun wirklich nicht vorgestellt.
Kira schüttelte lächelnd den Kopf, als sie sich neben mich stellte. »Okay, aber nur das kurze Stück ... Und ich bin direkt bei dir, damit du dich gegebenenfalls auf mich stützen kannst.«
Natürlich brauchte ich nicht ihre Erlaubnis, aber dennoch fühlte es sich wie ein Zeichen an, nun den Weg zu wagen. Mein Herz flatterte und ich ging ohne groß zu überlegen los. Überall, wo ich vorsichtig hinschritt, ploppten gemalte Mandelblüten unter meinen Sohlen auf und verfolgten mich. Sobald ich den Fuß anhob, verblassten sie, nur um wieder an der neuen Trittstelle aufzuleuchten. Ein aufgeregtes Kribbeln jagte meine Beinen hinauf in den gesamten Körper, der sich vor Vorfreude kaum halten konnte. Am liebsten wäre ich zum Ende des Ganges gesprintet, um zu sehen, was sich hinter dem Vorhang verbarg. Doch das faszinierende Zusammenspiel zwischen meinen Schritten und dem Boden hielt mich gerade so davon ab, weil ich die Reaktionen allzu sehr genoss. Mein Fuß dankte mir im Stillen und quälte mich glücklicherweise bis auf ein leichtes Ziehen kaum.
»Das ist echt so cool! Da vorne gehts bestimmt zu dem genialen Raum.«
Geistesabwesend nickte ich Kira zu, denn genau das vermutete ich auch. Was mein Herz nur noch mehr zum Rasen brachte, als ich vor dem Eingang stand und den schweren, schwarzen Stoff davon nahezu ehrfürchtig beiseiteschob. Ich machte dabei ganz bewusst die Augen zu, wenngleich ich es kaum erwarten konnte, das Spektakel dahinter zu entdecken.
Sogleich füllten sich meine Ohren mit klassischen Klängen, die beruhigend auf sie einwirkten und meinen Körper entspannten, obwohl er zum Zerreißen angespannt war. Meine Lider waren immer noch geschlossen, dennoch konnte ich bereits verschiedene Lichtherde im Raum ausmachen. Einen Moment ließ ich allein die Musik auf mich wirken, dann schlug ich die Augen auf.
Mein Blick wanderte über die meterhohen Wände, die von Boden bis zur Decke verschieden große Projektionen von van Goghs Selbstporträts zeigten. Egal, wo ich hinschaute, blickte er mir in unterschiedlicher Mimik und Position entgegen. Augenblicklich bildete sich eine Gänsehaut auf meinem Körper und ich drang weiter in den riesigen Raum vor, um die Bilder um mich herum besser sehen zu können. Ich drehte mich, sah Vincents Gesicht auf unterschiedlichen Hintergründen. Mit oder ohne Strohhut und weiteren Kopfbedeckungen. Mit Farbpalette und Pinsel in der Hand. Mit kürzeren und längeren Haaren. Mit seinem roten Bart, aber auch ohne. Und mit einer weißen Binde um sein Ohr. Dreihundertsechzig Grad van Gogh um mich herum. Er war mir näher denn je. Fast so, als würde ich ihm auf verschiedenste Art und Weise real begegnen.
»Wow, das ist so wahnsinnig beeindruckend! Komm, du sollst deinen Fuß nicht so viel belasten. Lass uns irgendwo hinsetzen.«
Anstatt meiner Freundin zu antworten, nahm ich an Ort und Stelle Platz, ohne meine Augen von den Bildern zu wenden. Verschwommen nahm ich ein paar Leute im Umfeld wahr, die es sich auf weißen, gepolsterten Bänken gemütlich machten, um der Show um sich herum zu folgen. Aber das alles war mir egal. Ich bestaunte die gigantischen Selbstbildnisse vor mir und ließ sie auf mich wirken, während die Klänge von Klavier und Streichern in meine Ohren drangen. Es war ein harmonisches Zusammenspiel. Beeindruckend und positiv aufwühlend. Zugleich aber auch beruhigend. Genau hier könnte ich ewig verweilen ...
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UNAUSWEICHLICH
Romance𝐍𝐄𝐖 𝐀𝐃𝐔𝐋𝐓 𝐑𝐎𝐌𝐀𝐍𝐂𝐄 ━━ ♡ ━━ Herzlich, tollpatschig und kaffeesüchtig sind drei Eigenschaften, die Elli charakterisieren. Aber nicht selten läuft ihr Mundwerk schneller als ihr Verstand und so liefert sie sich ein hitziges Wortgefecht mi...