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Wenn du so richtig happy bist ...
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Zur Musik wippend und dem Beat folgend, schwang ich den Wischmopp hin und her. Ich war zwar nicht ansatzweise so »Happy« wie Pharell Williams, aber beim Putzen brauchte ich diese Art von Gute-Laune-Lieder. Das monotone Geschrubbe verleitete mich sonst nur dazu, mir den Kopf mit düsteren Gedanken zu zerbrechen oder an Joshua zu denken. An seine Lippen ... Seine verflucht weichen Lippen auf meinen ... Und an sei...

Verdammt, nein! Ich kann doch nicht die ganze Zeit an diesen bescheuerten Kuss von gestern denken. An das, was er mich dabei fühlen lassen hat.

Sofort befiel mich ein Kribbeln, das jede Faser meines Körpers erfasste. Unweigerlich grinste ich durch die Gegend — so richtig happy. Wie ein bescheuerter Teenie hüpfte ich herum und sang lauthals den Rest des Refrains.

»... HappyClap along if you know what happiness is to youBecause I'm happyClap along if you feel like that's what you wanna do.«

Here come bad news talking this and that
Well give me all you got, don't hold back ...

Bad News. Oh ja, in den vergangenen Monaten bekam ich es ständig volle Breitseite mit. Irgendwie war es viel auf einmal. Zu viel ... Aber Joshua hatte mir gestern seine Hand gereicht. Er wollte mir helfen. Für mich da sein.

Und ich hatte das einfach ausgeschlagen. Momentan wusste ich nicht, wo mir der Kopf stand und vielleicht konnte er mir ja helfen. Vielleicht aber auch nicht. Ich wusste es nicht. Keine Ahnung, aber gerade konnte ich seine Hilfe nicht annehmen. Ich war noch nicht so weit. Wie auch, wenn ich nicht über alles offen mit ihm reden konnte? Wenn da immer noch so viel Unausgesprochenes zwischen uns war? Meinerseits, aber auch seinerseits.

Das war's dann auch schon wieder mit dem Happysein ... Und ich umfuhr weiterhin schön meine Baustellen.

Mit den letzten Tönen des Liedes machte ich den letzten Wischer vor dem Türrahmen und beendete meine Arbeit im Badezimmer. Kurz stützte ich mich an dem Stock ab und strich mir gedankenverloren die Schweißperlen von der Stirn.

Doch eine Berührung an der linken Schulter ließ mich aufschrecken. Ich drehte mich um und sah Reinhard vor mir.

»Was willst du?«, fragte ich, noch während ich die Ohrstöpsel herausnahm.

»Mich entschuldigen ...« Kurz schaute er zu Boden, fixierte den Mopp, ehe sein Blick dann doch meinen suchte. »Es tut mir leid, wie unser Gespräch verlaufen ist«, sagte er und unternahm den Versuch, mich erneut an der Schulter zu fassen.

Aber ich drehte sie im letzten Moment weg und sah ihn unverwandt an. »Ja, mir auch. Ich schätze, wir sind beide nicht fähig, normal miteinander zu reden. Vor allem nicht in dieser Sache.«

Er nickte. Und schwieg. Was hatte ich anderes erwartet? Wollte er sich überhaupt bessern?

»Ich möchte eine Therapie machen.«

Meine Augen weiteten sich ungläubig, sagen konnte ich nichts dazu. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

»Morgen möchte ich mich nach einem Platz umschauen. Die Wahrscheinlichkeit ist gering, aber vielleicht klappt es bald«, erklärte Reinhard mit einem schwachen Lächeln. Als ich wieder nicht antwortete, fuhr er fort: »Du hast recht. Es kann so nicht weitergehen und ich kann auch nicht so tun, als gäbe es die Vergangenheit nicht. Ich trage Schuld an dem Ganzen und ich habe das viel zu lange versucht, von mir wegzuschieben. Dabei habe ich nur auch dich von mir geschoben ... Anstatt für dich da zu sein, als du mich gebraucht hast ... Es tut mir leid.«

UNAUSWEICHLICHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt