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Wenn das Übliche los ist ...
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»Hey Joshua, mit dir hätte ich jetzt nicht gerechnet. Was machst du hier?«

Seine Augen verengten sich für einen Moment, ehe er die berühmte Degenhardt-Maske aufsetzte und sich an Andi wandte.

»Ich habe etwas abgegeben.« Die Härte seines Blicks spiegelte sich in seinem Ton wider und mein Herz stürzte ab. »Ich muss auch schon wieder los. Schönen Abend euch.«

»Okay«, entgegnete Andi hörbar verwirrt. »Na, dann ...«

Als Joshua an mir vorbeimarschierte und sein herber Duft in meine Nase drang, würdigte er mich keines Blickes.

Ich starrte geradeaus, unfähig mich zu bewegen, währenddessen sich Schuldgefühle durch meinen Magen fraßen. Er krümmte sich schmerzhaft, meine Sicht verschwamm. Mein Körper begann zu zittern.

Ich hätte ihm schreiben müssen, was los ist ... Was denkt er jetzt nur? Tja ... was wird er sich wohl denken? Ich sage ihm ab, um mich stattdessen mit meinem besten Freund zu treffen. Auf den er ohnehin schon mal eifersüchtig reagiert hat ... Verdammt!

Bevor ich wusste, was ich tat, drehte ich mich um und rannte ohne ein Wort an Andi vorbei zum Bürgersteig. Schaute links. Rechts. Da ging er. Im schnellen Tempo. Den Berg abwärts. Mein Puls raste, als ich zum Sprint ansetzte und seinen Namen rief. Keine Reaktion.

Ich lief und lief. Wieder schrie ich seinen Namen, doch er stoppte nicht. Bis ich ihn einholte. Ihn bei der Schulter packte. Kurz trafen mich seine dunkelblauen Iriden, dann sackte ich schnaufend zusammen. Stützte meine Hände an den Knien ab. Mein Herz hämmerte heftig in der Brust. So viel zu meiner Kondition.

Als ich ein paar Tropfen auf den Asphalt fallen sah, wischte ich mir über die Stirn. Sie war trocken — im Gegensatz zu meinen Wangen. Warum zum Geier heulte ich jetzt?

Während ich die nassen Spuren möglichst unauffällig mit meinem Ärmel wegtupfte, erhob ich mich langsam und blickte in sein Gesicht. Sein Kiefer war angespannt und zwischen seinen Augenbrauen trat die kleine Furche hervor.

»Es ... Ich ...«, stammelte ich wenig geistreich.

»Schon gut. Ich will euch nicht stören, also ...« Jedes seiner Worte schnitt mir ins Herz, denn ich spürte geradezu seinen Schmerz, den er mit dieser Gleichgültigkeit zu überspielen versuchte.

»Du störst uns nicht. Es war gar nicht geplant, dass Andi kommt. Auf einmal stand er vor mein...«

»Es spielt keine Rolle.«

»Doch, das tut es. Sonst wärst du doch jetzt nicht wieder so. Bitte tu das nicht.«

Seine Augen funkelten mich an. »Was soll ich nicht tun? Mich verschließen? So wie du es tust?«

»Ich ... Es ...«

»Vergiss es, Elli! Ich habe dir Verständnis entgegengebracht! Ich habe deine Entscheidung respektiert, heute allein sein zu wollen, und wollte dich nicht stören. Ich wollte nur schnell ...«

... was abgeben.

Unsere Blicke verhakten sich. In der Stille zwischen uns hallten diese beiden Wörtchen unaufhörlich wider, während mir allmählich die Bedeutung dahinter klar wurde. Augenblicklich zog sich mein Magen zusammen und ich biss mir einmal schmerzhaft auf die Unterlippe, ehe ich aufseufzte.

»Du weißt, welcher Tag heute ist.«

»Ja, das tue ich.«

Das war alles falsch. So sollte es nicht ablaufen! Wäre ich nur von Anfang an ehrlich gewesen. Aber ...

UNAUSWEICHLICHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt