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Wenn du bombastisches Glück hast ...
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Noch ein paar Schritte, dann ist es geschafft!

Wie ein Ochse schnaufend, setzte ich einen Fuß vor den anderen und kam dem Leonrodplatz immer näher. Dabei schaukelte die Reisetasche ständig hin und her, stieß immer wieder gegen mein Bein und fühlte sich doppelt so schwer an, als sie eigentlich war. Warum musste meine Wohnung auch gefühlt am anderen Ende von Eichstätt liegen? Beziehungsweise warum konnten die Idioten nicht einfach von der Uni aus losfahren? So musste ich halt echt die doppelte Strecke hinter mich bringen. Und das um halb fünf in der Früh. Zum Glück hatte ich meinen XXL-Kaffeebecher dabei, sonst würde ich definitiv umkippen.

Meine schmerzende Schulter ignorierend, wechselte ich die Straßenseite zur Schutzengelkirche. Ihre weiße Fassade mit den schlichten Fenstern zu meiner Linken zog sich scheinbar endlos nach oben. Doch schnell senkte ich den Blick wieder, denn ein Stechen jagte mir durch den Nacken. Ich vermutete mal, dass es in diesem Hostel keine Wellness-Oase geben würde ... So ein Jammer!

Endlich erreichte ich den großen Platz und entdeckte sofort einige meiner Kunstkommilitonen, darunter auch Kira. Ich atmete kurz durch und beschleunigte mein Tempo. Wenn ich das dämliche Teil noch länger mit mir herumschleppte, fiel mir der Arm ab.

»Guten Morgen, Elli! Wow, du siehst etwas abgehetzt aus. Alles klar bei dir?«

Mit einem Ruck donnerte ich mein Gepäck zu Boden, streckte und schüttelte mich aus, ehe ich meine Freundin in eine Umarmung schloss. »Hey Kira! Der Weg war irgendwie eine kleine Herausforderung. Eigentlich ist da gar nicht so viel in der Tasche und eigentlich habe ich Kondition, aber irgendwie ... na ja, egal.« Ich winkte ab und massierte mit den Fingerspitzen den Hals. »Wie gehts dir? Bist du bereit für Berlin?«

»Aber so was von! Ich freue mich schon das ganze Wochenende drauf. Die erste richtige Exkursion. Bin schon auf die ganzen Museen gespannt. Und auf die Stadt!« Kiras Augen strahlten. »Warst du schon mal dort?«

»Nein, ich war noch nie in Berlin. Aber Sandy, eine sehr gute Schulfreundin von mir, wohnt dort. Sie studiert an der Berliner Kunsthochschule Fotografie.«

»Wow, echt? Das ist ja voll cool! Ich stelle mir das einfach mega vor!«

»Hallo Kira, hallo Elli!« Als ich mich zu der Stimme umdrehte, sah ich auch schon das dazugehörige breite Grinsen und die braunen funkelnden Augen. »Dich habe ich ja ewig nicht mehr gesehen. Schön, dass du auch dabei bist. Alles fit?« Adrian umarmte mich, als auch Kira und sah mich daraufhin abwartend an.

Tatsächlich hatten Adrian und ich uns länger nicht mehr gesehen. Irgendwie hatte ich ihn gemieden, nachdem ich mich von Joshuas Kurs abgemeldet hatte — vermutlich, um Fragen auszuweichen. »Ja, hey. Ich freue mich auch, dass du dabei bist. So weit passt alles. Bei dir?«

Gerade wollte mir Adrian antworten, da wurde seine Aufmerksamkeit auf den Bus gezogen, dessen Reifen schnell und laut über das Kopfsteinpflaster der Straße donnerten. Kurz nach der Kurve bremste er ab und kam schließlich auf dem Leonrodplatz zum Stehen.

»Boah, wie viele werden denn mitfahren?«, fragte Kira und begutachtete nahezu ehrfürchtig den blauen großen Reisebus mit getönten Scheiben.

»Ich habe gehört, dass es auf fünfzig Studenten begrenzt ist und alle Plätze vergeben sind. Ich denke also, es könnte da drin gleich etwas eng werden«, erklärte Adrian stirnrunzelnd. »Wir sollten uns beeilen, sonst müssen wir vorne bei den Dozenten sitzen.«

UNAUSWEICHLICHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt