𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 𝟒𝟓

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POV Dylan:
Unser Plan war eigentlich ganz einfach.
Am Freitag nach dem Abendessen packe ich ein paar Sachen in meinen Rucksack und gehe dann zusammen mit Ben in die Bibliothek um zu lernen. Dort klettere ich aus dem Badezimmer Fenster und gehe Zufuß Richtung Stadt. 

Als wir also vom Abendessen wieder zurück kamen, war Harvey, der andere Junge aus unserem Zimmer zum Glück nicht da, also konnte ich in Ruhe meinen Rucksack packen und den Brief an meinen Vater schreiben ohne ihn als Zeuge in mein Verschwinden hineingezogen zu haben.

Während ich meinen Brief geschrieben habe, saß Ben still auf seinem Bett am anderen Ende des Raumes und laß ein Buch.

***

Mit meinem Rucksack auf dem Rücken schlenderten wir stumm in die Bibliothek. Ich schätze keiner von uns beiden wusste genau was er jetzt noch sagen könnte.

In der Bibliothek angekommen setzten wir uns zuerst an einen der vielen Tische und Ben schlug tatsächlich sein Mathebuch auf und holte einen Block aus seinem Rucksack.

Noch immer sagte keiner von uns etwas.

Unsicher ob ich schon jetzt gehen sollte, hob ich meinen Rucksack auf meinen Schoß, holte das gefaltete Stück Papier für meinen Vater heraus und brach dann das schweigen indem ich Ben mein Handy entgegenstreckte und nach seiner Nummer fragte. Verwirrt nahm er es an sich und fragte „Du kommst nicht wieder?" Kopfschüttelnd sah ich ihn an und gab zu „Nein. Ich treffe mich auch nicht mit meiner Freundin weil ich sie so schrecklich vermisse, sondern um einen jahrelangen Streit unserer Eltern zu beenden. Deswegen gib mir deine Nummer und sobald wir Zeit finden uns zu treffen erkläre ich dir alles." „Okay. Das klingt gut solange du mich wirklich nicht vergisst." entgegnete Ben witzelnd und legte mir die Hand auf die Schulter.

Nachdem er seine Nummer eingegeben hatte und ich mein Handy wieder eingepackt habe, stand ich auf, zog meine Jacke an und schwang meinen Rucksack über meine Schulter. Nun stand auch Ben auf und breitete seine Arme für eine Umarmung aus.

„Es war wirklich schön dich kennenzulernen Ben. Ich werd dich echt vermissen Mann." sagte ich als wir uns wieder von einander gelöst haben. „Ich dich auch. Gerade als ich dachte wieder jemanden gefunden zu haben mit dem ich mich echt gut verstehe gehst du!" Erwiderte er mit einem breiten Lächeln auf den Lippen und erhobenem Zeigefinger. Lachend hielt ich meinem Freund den Brief entgegen und fragte „Kann ich dich darum bitten dass du morgen nach dem aufstehen sagst dass ich nach dem lernen heute nicht zurück ins Zimmer gekommen bin und du dann diesen Brief gefunden hast? Das ist ein Brief für meinen Vater und der muss ihn unbedingt erreichen." „Klar. Werde ich machen!"

***

Ciao papà,
ich weiß dass dir das was du gleich lesen wirst gar nicht gefallen wird, aber ich sehe keinen anderen Ausweg mehr aus dieser Situation. Es ging immer nur um dich und deine Meinung war immer die einzig wichtige. Jetzt finde ich ist es an der Zeit den Spieß umzudrehen. Du solltest einmal im Leben dein Ego auf die Seite legen und dich um das Wohl deines Sohnes kümmern.
Mein ganzes Leben lang musste ich immer nur das machen was du gesagt hast. Aber damit ist jetzt Schluss! Lange genug habe ich darauf gehört was du gesagt hast, und lange genug war mir deine Meinung das wichtigste dieser Welt. Ich wollte immer nur gut dar stehen und der perfekte Sohn für dich sein. Aber ich habe genug! Ich habe gemerkt dass es Dinge im Leben gibt bei denen du falsch liegst. Eine davon ist meine Beziehung zu Alyssa. Denn egal wohin du mich schickst und egal was du versuchst um uns auseinander zu bringen, wir werden einen Weg finden uns wiederzusehen.
Dein und Matteo's Krieg ist kein Grund der die Liebe zweier Menschen zerstören sollte.
Sobald du also diesen Brief bekommen hast , solltest du dich mit Alyssa's Papà auf den Weg nach Denver machen. Dort klärt ihr dann all eure Streitereien und die ungeklärten Dinge die ihr wahrscheinlich beide vergessen wollt. Erst wenn das passiert ist, werdet ihr Alyssa und mich  wiedersehen. Wenn ihr es also nicht auf die Reihe bekommt in Zukunft normal miteinander auszukommen, dann werdet ihr uns nicht wieder sehen. Wer weiß was wir machen? Vielleicht fangen wir ein neues Leben irgendwo ganz weit weg an oder reisen einmal ans andere Ende der Welt? Wer weiß das schon. Auf jeden Fall werden wir es so machen dass wir ganz weit weg von euch kommen. Wir werden endlich das friedliche Leben leben dass wir verdient haben. Ganz ohne euch!
Also entweder lässt ihr eure langjährige Feindschaft hinter euch oder eure eigenen Kinder wollen nichts mehr mit euch zutun haben.
Ich weiß dass du gerade wahrscheinlich lächelst und dir denkst das soll ein Scherz sein weil du mich sowieso finden wirst. Aber wenn du dir bei einer Sache sicher sein kannst, dann dabei, dass ich in all meinen Jahren in denen du mich für meine spätere Übernahme deiner Mafia trainiert hast, vieles von dir gelernt habe von dem du nicht einmal weißt.
Wenn ich dir also wichtig bin, dann bitte ich dich nach Denver zu kommen. Lass dir meinen Vorschlag bitte durch den Kopf gehen!
ci vediamo allora papà!

***

Aus dem kleinen Fenster der Toilette im Erdgeschoss zu klettern war gar nicht so einfach. Zum ersten weil es mittlerweile schon stockdunkel draußen war und ich so gut wie gar nichts sehen konnte, und zum anderen weil das Fenster ziemlich schmal, meine Schultern aber relativ breit sind.

Als ich endlich in der Wiese unterhalb des Fensters stand, sah ich mich ein letztes Mal um und lief dann in schnellen Schritten auf den Hockeyplatz zu
da es dort am einfachsten war, ohne erwischt zu werden auf die andere Seite des Zaunes zu kommen. 

Nachdem ich schließlich über den niedrigen Zaun geklettert bin, der das Internatsgelände von dem anliegenden Waldstück abtrennte, schaltete ich die Taschenlampe meines Handys an und tastete mich vorsichtig vorwärts um nicht über irgendwelche Wurzeln oder Sträucher zu stolpern und hinzufallen.

Fast eine halbe Stunde habe ich gebraucht um mich an dem Stahlzaun entlang bis zur Straße zu tasten weil ich nachdem ich einmal fast erwischt wurden bin ohne Licht weiter gehen musste.

Sobald ich aus dem kleinen Waldstück hinaus auf die Straße trat, durchzog mich ein unglaubliches Gefühl von Freiheit.

Ich habe es geschafft! Ich habe die erste Hürde gemeistert!

Nach einer kurzen Verschnaufpause zog ich den Reisverschluss meiner Jacke bis unter mein Kinn nach oben, band die Schnürsenkel meiner Turnschuhe fester und joggte dann insgesamt drei Kilometer bis nach Roseville.

Sobald ich dort ankam, suchte ich im Internet nach einer Telefonnummer um mir ein Taxi zu rufen und wartete dann bis dieses wenig später kam.

Erst als ich dem Taxifahrer sagte dass ich zum Bahnhof müsse und er losfuhr, atmete ich erleichtert aus.

Bald habe ich es geschafft. Bald sehe ich Alyssa wieder.

Um eventuelle Verwirrungen aufzuklären. Natürlich war zwischen diesem und dem letzten Kapitel noch eine Woche, aber ich wollte keine unnötigen, kurze Kapitel einbauen!!🤍

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