Kapitel 7 - Gefangen

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Mit einem brummenden Schädel öffnete Shadow langsam die Augen.
Noch immer drehte sich alles, was er sah.
Es war dunkel und stank in dem Raum, in welchem er war.
Als seine Gedanken wieder klarer wurden, kam ihm als erstes der Blick nach dem Mädchen in den Sinn.
Unter stechenden Schmerzen schaute er nach links und rechts, um zu bemerken, dass er alleine in diesem Raum war.
Aufgrund der geänderten Schwerkraft wusste er, dass er in einem Raumschiff war.
Taluron hatten sie demnach wohl verlassen.

Je besser sein Sehen wurde, desto mehr fragte Shadow sich, wie das geschehen konnte.
Er spürte normalerweise alles, was um ihn herum geschah. Wer auch immer ihn überwältigen konnte, war gut in seinem Fach.
Oder war er selbst es, der sich zu sehr von seinen Gefühlen hat ablenken lassen?
Dieses Mädchen hatte damals seinen Plan durchkreuzt. Er war weicher geworden, anfälliger für Eingriffe von außen.
Und genau diese Unachtsamkeit wurde ihm zum Verhängnis, als sie auf Taluron waren.
Er hätte das Dorf wie geplant als Testgebiet besetzen sollen. Keine Rücksicht auf die Bewohner nehmen sollen.
Nur seine Aufgabe war wichtig.
Und dennoch … so wie es stattdessen kam, war es … schön?

Shadow hatte nie mit solch einer herzlichen Wärme gerechnet.
Sie bewerteten seine Vergangenheit nicht. Nicht einmal bei der Begrüßung waren sie vorsichtig.
Besonders nicht Yara.
Wo war das Mädchen?
Hatte sie sich noch in Sicherheit bringen können?
Er konnte nicht weiter über sie nachdenken, denn plötzlich öffnete sich die Tür zu dem Raum.
Wieder stach ihm der Gestank in die Nase. Er war anscheinend nicht der erste, welcher diese Zelle ‘bewohnte’.

“Dachtest wohl, du könntes’ vor uns fliehen, was?”, sagte eine vermummte Gestalt.
Sie klang nicht sehr intelligent, sondern eher wie einer dieser Laufburschen, die Leute wie er einsetzten, um Informationen von A nach B zu bringen.
Keine Rückfragen, keine kreativen Ideen. Für solche Dinge waren sie eh zu einfältig.
Diese Kreaturen waren einzig und alleine dazu da, um Höhergestellten wie ihm zu dienen.
Dass er selber nun aber an dem unteren Ende dieser Informationskette saß, ärgerte ihn.
Solange er aber nicht wusste, wo Yara war, konnte er nicht handeln.

“Wo is’ euer Zeug?”, fragte der Mann nun etwas forscher, was Shadow beinahe zum Lachen brachte.
Nun wusste er, dass er den Leuten zum Opfer gefallen war, vor welchen Yaras Mutter gewarnt hatte.
Vermutlich dachte dieser Idiot, dass er hier vor einem armen, ängstlichen Bauern saß, der damals mit seinen Leuten nach Taluron geflohen war.
Weit weg von diesen Piraten.
Die Person stolzierte in die Zelle und Shadow erkannte, dass es sich hier um einen wirklich schmierigen Typen handelte.
Nicht einmal seine Söldner hätten sich mit diesem Haufen willkürlich zusammengewürfelter organischer Masse abgegeben.

“Bevor du auf Ideen kommst …”, begann der Mann wieder und zeigte ein Hologramm, dessen Projektor er in der flachen Hand hielt.
Es zeigte eine gefesselte Yara, der eine Waffe an den Kopf gehalten wurde.
“Die Kleine is’ tot, wenn mir ‘was passiert”, grinste der Pirat.
Innerlich grummelte Shadow diverse Flüche. Das kommt davon, wenn man sich auf jemanden einlässt, dachte er sich.
Ohne Yara hatte es den Typen vor ihm und vermutlich die gesamte Besatzung nicht mehr gegeben, doch nun musste er erst einmal mitspielen.
Sobald er das Mädchen sah, setzte er eine gespielt ängstliche Maske auf. “Yara, was haben sie dir angetan?”, fragte er entsetzt.
Jeder hätte gewusst, dass er den Piraten vor ihm nur verhöhnte, doch dieser war sogar noch dümmer als erwartet.
Denn er nahm ihm jedes Wort ohne Zweifel ab. Er freute sich sogar noch über die ‘Angst’, welche er augenscheinlich verursachte.

“Sie kann dich nich’ hör’n”, sagte der Mann und genoss seine Überlegenheit.
Er war ganz deutlich einer derjenigen, die ihre Dominanz wie eine Auszeichnung um den Hals trugen.
Doch wog sie so schwer, dass sie nicht sehen konnten, was sich hinter ihrem Rücken abspielte.
Auch wenn sein Tod nur eine Nebensache war, Shadow würde sie früher oder später genießen.
Doch erst einmal musste er weiter den armen, schwachen Bauern spielen.
“Wo … wo bringt ihr uns hin?”, fragte Shadow mit gesenktem Kopf und verstellter, zittriger Stimme.
“Das is’ ‘n Geheimnis”, nuschelte der Pirat und kam näher an Shadows Gesicht. So nah, dass der Klon diesen locker mit einem Kopfstoß hätte ausschalten können …
“Is’ ‘ ne Überraschun’”, fügte der Mann noch hinzu und ließ Shadow spüren, dass er längst nicht mehr nüchtern war.
Spüren … riechen traf es vermutlich besser, lachte Shadow innerlich. Einfache Männer und ihr Alkohol …

“Dreckiges Bauernpack”, sagte der Pirat wieder, nachdem er sich etwas von Shadow entfernt hatte.
Gern geschehen, antwortete Shadow dabei in seinem Kopf. Wenn du nur wüsstest …
Er drehte sich mit erhobenen Händen von seinem ‘Geiselnehmer’ weg und flehte so gut es ihm möglich war.
“Bitte … nicht meine Tochter”, winselte er und war dabei selber überrascht von seiner scheinbar überzeugenden Darbietung.
“Sie werd’n entscheid’n, was mit ihr passiert”, lachte der Mann und torkelte zum Ausgang der Zelle. “Und wir bekomm’n ‘nen Haufen Geld dafür.”

Sie waren also nur die Mittelsmänner. Oder einfache Geiselnehmer, denen es am Ende nur um das liebe Geld ging.
Vermutlich verbrauchten sie ihren Anteil am Ende für noch mehr Alkohol, Spice oder reine Gewürze.
Letzteres schloss er aber schnell wieder aus. Das war sicher nicht das, was sie sich von dem Geld kauften.
Ihnen ging es vermutlich mehr um den schnelleren Kick.

Doch vielmehr interessierte Shadow die Frage, wer die Auftraggeber oder Empfänger der ‘Ware’ waren.
Der Pirat sprach von ‘Sie werden’. Es wird also eine Mehrzahl an Empfängern geben.
Nur wer hatte Interesse an einer einfachen Bauerngemeinschaft, wenn nicht die Piraten, welche diese seit Jahren selber bedrängten?
Es musste jemand sein, der genug Geld hatte, damit sich der Überschuss gegenüber dem jährlichen Raub rechnete.
Grübelnd saß er weiter in seiner Zelle, und er wehrte sich auch nicht, als er schließlich einen modrigen, stinkenden Sack über den Kopf gezogen bekam und ihm Fesseln und Ketten angelegt wurden.
Sie waren inzwischen irgendwo angekommen. Das spürte er an der Schwerkraft, während er durch die Gänge des Schiffes geschoben wurde.

Je näher er dem Ausgang kam, desto wärmer wurde es. Nicht glühend heiß, wie neben den Lavaflüssen von Mustafar oder anderen derartigen Himmelskörpern.
Aber schon heiß genug, um schwache und angeschlagene Wesen in die Knie zu zwingen. Die feinen Körner und Steine unter seinen Füßen knirschten und knackten laut.
Das war kein Kies, sondern feineres Material.
Shadow schaute kurz nach oben und suchte die Sonne. Doch entweder hatte er bereits Probleme mit der Orientierung, oder er sah tatsächlich zwei Sonnen relativ nah beieinander stehen.
Ein Gebäude blockierte schließlich die Sicht zu den beiden Sternen, und als er in die Vorhalle geschoben wurde, war es plötzlich komplett dunkel.

Jetzt hörte er auch Yara, die wimmernd und zitternd einige Meter von ihm entfernt zu stehen schien. Er konnte aber nicht riskieren, ohne ein Sichtfeld anzugreifen. Nicht jetzt.
Erst einmal musste er wissen, wo er war und wie viele in und das Mädchen beobachteten.
Anhand der Vibrationen im Boden spürte er, dass wesentlich schwerere Wächter ihn und Yara übernahmen. Dazu roch er wieder diesen unschönen Gestank von verdorbenem Essen und Fäulnis.
Nicht von dem Ort, sondern von seiner Begleitung, die ihn nun glücklicherweise vor ihnen her schob. So musste er wenigstens nicht den ganzen Weg den Duft dieser Kreaturen einatmen.
Sie gingen eine Treppe hinunter, wodurch selbst das eh schon geringe Licht verschwand.

Shadows Fesseln und die mit diesen verbundene Kette klapperten, als er zum Stehen gezwungen wurde. Er stand demnach auf einem Gitter, Rost oder ähnlichem.
Ein grollendes Lachen tönte durch den Raum, gefolgt von einigen für Shadow unverständlichen Worten.
“Es begrüßt Euch”, begann ein Protokolldroide mit der Übersetzung. “Der ehrenwerte Jabba. Er wünscht, zu erfahren, was Ihr auf Taluron getrieben habt.”
Ehe Shadow antworten konnte, wurde ihm der Sack vom Kopf gerissen, wodurch er erst einmal blinzeln musste, um sein Sichtfeld zu schärfen.
Gerade, als er antworten wollte, preschte Yara vor und blieb direkt vor dem Hutten stehen. “Wo ist meine Mutter?”

Jabba, der Anführer der Hutten, blickte nun nicht mehr Shadow an, sondern das kleine Mädchen.
Hatten die Hutten eine auf die meisten Wesen abstoßende Gestalt, so zeigte Yara diese Angst nicht. Selbst als sich Jabba vor ihr aufbaute.
“Riskante Worte für ein Kind”, übersetzte sein Droide. “Sie sind hier und sorgen für den Haushalt.”
Das traf sich gut, wusste Shadow. Er hatte noch nie das Vergnügen mit Hutten gehabt, aber was er hörte, deckte sich mit seinen Erfahrungen hier.
Für ihren Wohlstand scheuten sie sich nicht, Sklaven zu halten, die sie günstig auf den illegalen Märkten in der ganzen Galaxie, aber vorrangig in ihrem Herrschaftsgebiet gekauft hatten.
Und Jabba war ein berüchtigtes Mitglied des Clans der Hutten.

“Du wirst ihr Schicksal teilen, so wie auch dein Freund da drüben”, sagte Jabba weiter und zeigte mit seinen kurzen Armen zu Shadow.
Noch immer musste Shadow den armen, gebeutelten Bauern spielen.
Doch Stück für Stück kam er der Rettung der Dorfbewohner näher.
Auch wenn er nie vorgehabt hatte, je in diese Situation der Abhängigkeit zu gelangen.

Will of the Force - Tano Chronicles Part 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt