Kapitel 4

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Das Herz schlug schnell, hallte unerträglich laut in ihren Ohren wieder und sie schluckte den Kloß runter, der sich aber so anfühlte, als würde er ihr im Halse steckenbleiben. Angst kroch ihr über die Haut, hinterließen eine Gänsehaut und Rose spürte, wie sie zitterte. Doch das Zittern kam nicht von der Kälte. Rose wusste zwar, das war nicht möglich, weil sie alle Räume immer durchgeschaut und immer die Haustür abgeschlossen hatte, wenn sie die verließ, aber sie hatte keinerlei Zweifel daran, dass irgendjemand, egal wie derjenige das gemacht hatte, einfach so in ihr Zuhause eingedrungen war und hier hauste, während sie ahnungslos da saß und gelesen hatte. Und wer weiß sonst noch alles.

Sie musste herauskriegen, was oder wer da Oben war, so legte sie das Buch weg, ging zum Abstellkammer, holte sich dort ein Besen und ging langsamen Schrittes die Treppe hoch, dann die nächste, bis sie oben angekommen war und über den teuren Perser schritt sie auf die Tür, der zum Dachboden führte, zu und streckte langsam die freie Hand aus. Langsam umfasste sie die Türklinke, drückte sie runter und öffnete sie. Vor Rose erstreckte sich eine kleine aber steile Treppe, der sie hoch führte, aber es war zu dunkel, um etwas sehen zu können, aber sie tastete sich vorsichtig voran, ging langsam, sehr langsam, vor und bestieg die Treppe, bis sie eine weitere Tür vor sich hatte.

Roses Herz raste unruhig in ihrer Brust, drohte, rauszuspringen. Sie atmete tief durch, um sich wieder zu beruhigen. Erst dann streckte sie die Hand aus und wollte die Tür öffnen, aber sie leistete Widerstand. Abgeschlossen. Sicher war irgendwo ein Schlüssel. Rose suchte blind danach, ihre Finger fanden einen Haken, an der ein Schlüssel hing. Der musste das sein. Sie probierte ihn aus und voila, die Tür ging auf. 

Der Dachboden sah ein wenig unordentlich aus, überall lagen volle Kisten rum, ein Kleiderständer, ein zerbrochener Spiegel und an dem Balkonfenster hing ein alter Vorhang. Aber es sah ansonsten sauber aus von Weiten. Es fiel Licht durch die Balkonfenster rein und brachte ein bisschen mehr Sicht für Rose, den sie unbedingt brauchte. Mit langsamen stillen Schritten sah Rose sich um, schaute in jede Ritze rein, wo sie jemanden vermuten konnte, aber niemand war da. Hinterm Spiegel stand niemand, keiner versteckte sich hinter oder in einer der Kisten und unter dem zugedeckten Kleiderständer, wo ein großes Tuch drauf gelegt wurde, befand sich auch niemand, als sie die sachte entfernte.

Ihre Augen wanderten umher und suchten weiter, bis sie auf ein Poster fielen, wo dort jemand abgebildet war. Sie trat näher, riss es vorsichtig von der Wand und ging damit ans Licht, um das Poster besser sehen zu können. Sie sah auf einem weißen Hintergrund einen Mann da abgebildet, der wohl sehr jung wirkte der Statur nach. Er war groß, schlank aber besaß Muskeln, die er selbstsicher präsentierte. Dieser Mann war oberkörperfrei, hatte keine Tattoos und seine braunen Locken waren so zerzaust, dass es sowohl stylisch als aus müde wirkte, was jeden Mädchen sofort anzog. Aber das Gesicht, es wurde verbrannt. Man hatte das Poster direkt mit einer glühende Zigarette auf sein Gesicht gebrettert und somit das Gesamtbild ruiniert.

"Wer magst du bloß gewesen sein?", murmelte sie leise fragend und schaute betrübt. Egal, wer dieser Mann gewesen war, der musste gelitten haben. Sie blickte runter am Rande des Posters und sah seinen Namen.

Clifford Pride.

Der Name sagte ihr was, Rose hatte schon mal von ihm gehört. War er nicht das Männermodel, das von vielen Mädels beliebt war, aber gehasst wurde, weil er das unausstehlichste aller Verhalten hatte? Ja, genau der war es.

Nur weshalb hat man sein Gesicht auf dem Bild verbrannt?

Von den Nachrichten her wusste Rose noch, dass dieser kaltherzige Mann an einen Unfall verunglückt war und das sollte ungefähr drei Jahre her sein.

Sie runzelte die Stirn, versuchte einen Zusammenreim zu finden, was es auf sich haben konnte mit den komischen Geräuschen, die von hier kamen und warum ein verunstaltetes Poster hier hing.

Dann fiel ihr wieder ein, was die Immobilienmaklerin gesagt hatte. Dass der vorherige Besitzer kaltherzig war.

Wohnte hier einst Clifford Pride?

Rose runzelte die Stirn. Komisch, dachte sie, dann müssten eigentlich viele Mädchen Schlange gestanden haben für das Haus, aber scheinbar waren die Makler clever genug, um diese Groupies hier nicht einziehen zu lassen. Doch warum hatten sie dann ihr es verkauft?

Besen und Bild in der Hand schob sie mit der anderen die alten Vorhänge beiseite und sah raus. Es erstreckte sich ein schöner Garten, vom dem Mrs. Lloyd ihr erzählt hatte. Aber warum hatte sie nicht hinzugefügt, dass er direkt auf dem Dachboden aufzufinden sei? Scheinbar war sie doch nicht so gut in ihren Beruf wie am Anfang angenommen, denn sonst hätte sie davon gewusst und es ihr gezeigt. Was aber auch sein konnte war, dass sie Angst hätte, nach oben auf den Dachboden zu gehen und Rose dort ein bisschen rumzuführen. Vielleicht weil dort Unheilvolles hauste.

Oder dort häufig eingebrochen war!

Warum nur hatte Rose das gekauft? Das hätte sie nie getan, wenn sie gewusst hätte, das häufig Einbrüche passieren.

Aber warum war dann keines ihrer Wertgegenstände entwendet worden? Und wie kam derjenige denn rein geschweige denn hier rauf?

Weiter schaute sie raus auf dem Garten und dachte, ein wenig aufhübschen sollte sie es unbedingt. Dann erschrak sie ein Blitz und ein lautes Donnergrollen, woraufhin sie zurückschreckte und ein Meter zurücksprang. Ihre Augen taten weh vom grellen Blitz und sie schirmte sie ab. Dann erklang Regen, der so schnell kam wie ein galoppierendes Pferd. Regen prasselte auf der Stadt und auf dem Garten, der nur Sekunden später komplett durchnässt aussah und glitzerte, weil perlende Regentropfen von den Blätter fielen und auf dem Steinweg fielen, der dort mit weißen Kacheln gepflastert wurde.

Langsamen Fußes näherte Rose sich der Balkontür und sah raus. Durch die ständigen Blitze bekam sie ein wenig Licht, um besser sehen zu können und sich einige Einzelheiten merken zu können, die vielleicht notwendig für eine Umdekorierung waren.

Auf der Scheibe schien ein dreckiger Fleck zu sein, sie leckte kurz über ihr Handgelenk, um das zu entfernen. Doch kaum war der Fleck weg und die Schiebe sauber, sah sie dort was spiegeln.

Ein Mensch.

Erschrocken drehte Rose sich, aber es war niemand im Haus. Hinter ihr erschall wieder ein Donnergrollen und der Blitz erhellte den Dachboden erneut. Der laute Regen machte es nicht besser. Ihr Herz schlug lauter und hallte in ihren Ohren wieder, dass es sie fast taub machte. Es war jemand hier, da war Rose sich sicher. 

Angst kroch ihr hoch, sie rückte zu den Kisten, ließ das Poster fallen, hielt mit beiden Händen den Besen fest und holte aus. Aber niemand war dahinter. Keuchend und verängstigt sah sie sich um, doch niemand war hier geschweige denn warf ein Schatten, der seinen Standort verraten könnte. Sie glaubte, sie halluziniere so langsam, da sie sich schon was einbildete mittlerweile, lachte leise über sich selbst und wollte wieder auf den Garten rausschauen, als sie nur wenige Zentimeter vor sich jemand stehen sah. Und der Blitz, der kam, offenbarte Rose sein Gesicht.

Und sie schrie.


Was hat ihr so eine Angst eingejagt? Weswegen schrie sie?

Und was hat sie gesehen?

The Beautiful BeastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt