Kapitel 27

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Es war wohl doch sehr lohnenswert gewesen, mit Rose hierherzukommen und ihr eine neue Stadt zu zeigen, von der sie mal erwähnt hatte, diese einmal in ihrem Leben zu besuchen. Sie war ganz hingerissen, als sie die Stadt erkannte und den Eiffelturm erblickte. Alles, an was sie vorbeiging, bestaunte sie mit einem leisen "Wow!", was C zum schmunzeln brachte, da ihr Verhalten der eines kleinen Kindes glich, das sofort ihre liebste Süßigkeit erblickte. Rose schien aufzublühen, je mehr sie sah und es war, als würden die meisten Menschen nur sie beachten, nicht ihn. Ihr Begleiter mit dem vernarbten Gesicht, der schrecklicher aussah als in einem Horrorfilm.

Einige wiederum sahen nicht sie, sondern ihn und sahen ihn entweder verstört an oder mitleidig. Durch die schwarze Kapuzensweatjacke konnte er halbwegs das Gesicht bedecken, die er mit einer verwaschenen Jeans und schwarze Schuhe zusammen trug. Obwohl er die Kapuze auf hatte, konnte man trotzdem das meiste seiner Narben sehen. 

Eigentlich hatte er nicht mit ihr durch die Stadt gehen wollen, wegen die vielen Menschen, die ihn möglicherweise anstarren könnten oder weil sie vielleicht, wenn sie ihn mit Rose zusammen oder in ihrer Nähe sehen würden, dachten, er wäre ein Stalker oder hinter ihrem Geld her. 

Er schämte sich sehr für das, was aus ihn geworden war. 

Aber Rose meinte, er solle sich nicht immer vor der Außenwelt verstecken, er sollte Mut zeigen und zu dem stehen, was er nun war.

Also hatte er, nach langem Zögern und Nachdenken, nachgegeben und war mit ihr durch Paris geschlendert. Als sie dort waren, erkannten sie beide, dass es hier anders zulief als in London. Nicht nur wegen der Kultur oder den Duft, die die Stadt verströmte, sondern auch wegen der Stimmung dort. Die Menschen waren viel ausgelassener und weil es nicht regelmäßig regnete, waren sie alle deswegen nicht mürrisch. Aber insgesamt waren sie sehr fröhlich und gingen in Grüppchen. 

Kaum einer achtete auf ihn und wenn doch, dann sahen sie ihn entweder neugierig an oder starrten schockiert. Einer der neugierigen Kinder in Begleitung seiner Mutter sprach ihn sogar mutig an und fragte, ob C ein Held war. C reagierte ziemlich überrascht von der Frage. Rose, die neben ihn stehengeblieben war, fand die Frage süß und meinte mit einem sanften Lächeln, er wäre ihr Held. Dieser Satz brachte sein Herz zum rasen. Dass sie so antworten würde, damit hatte er gar nicht gerechnet. Es berührte ihn sehr, dass Rose in ihm einen Helden sah, obwohl er keineswegs einer war oder wie einer aussah. 

Nachdem die Frage beantwortet war gingen sie weiter. Sie hatten die Innenstadt aufgesucht, waren dort alles einkaufen, was sie brauchten für ein kleines Picknick und gingen nun über Pont Marie. Die herrliche Brücke von Paris war einfach ein Traum. Der weite Weg bis hin zum Parc des Buttes-Chaumont, wo sie beide picknicken wollten, war beleuchtet und strahlte golden und rot. Es gab zwar viele Brücken hier in der Stadt, aber die, die schien magisch zu sein und irgendwie hatte sie auch eine magische Wirkung auf ihn und nicht nur auf Rose, die mit einem strahlenden Lächeln sich im Kreis drehte, während sie auf die Brücke spazieren gingen.

C, der den gefüllten Korb mit Speise und Trank trug, sah Rose zu, wie sie sich langsam im Kreis drehte, ihre Arme dabei ausstreckte und so glücklich aussah, wie er es noch nie erlebt hatte. Sie sah so ausgelassen aus, so fröhlich, so ... befreit. Ihr Lächeln strahlend und sie leuchtete wie ein Stern - also für ihn. Einige andere der Menschen, die pärchenweise herkamen, um auf dem Pont Marie zu spazieren, sahen das Spektakel und mussten lächeln. Das wunderte ihn nicht, denn Rose war wirklich ein Anblick von Schönheit, Gelassenheit und Freiheit, die sie hier auskosten konnte.

Einige Autos fuhren vorbei, eine Handvoll aber fuhr auffallend langsam, und das nur, weil sie ein Blick auf Rose werfen wollten. Selbstverständlich starrte C jeden nieder, der seine liebe Freundin nur schief anguckte und all die männlichen Fahrer, die seinen todbringenden Blick zu spüren bekamen, suchten schnell das Weite.

Mit einem heiteren Lachen auf dem vernarbten Gesicht sah er ihr weiterhin dabei zu, wie sie sich drehte und lachte. Irgendwann hörte sie auf und keuchte erschöpft, sah aber so glücklich aus. C kam zu ihr und hob den Arm, um sie um ihre Taille zu legen.  

"Es sieht so aus, als wärst du richtig geladen mit positiver Energie", meinte C und schlenderte mit ihr weiter über die Brücke.

Kichernd meinte sie: "Naja, man hat nicht immer die Möglichkeit, dorthin zu reisen, wo man will."

"Das trifft sicher auf die meisten zu, aber nicht bei mir", sagte C und sah sie an. "Und jetzt bei dir nicht."

"Obwohl ich es hätte auch zahlen können", fand sie. "Bei dem, was er mir gezahlt hat, nur damit niemals herauskommt, wer ich wirklich bin, könnte ich damit eigentlich durch die ganze Welt reisen."

"Sicher willst du im Moment nicht an ihn denken oder über ihn reden, oder?", fragte er sie und bemerkte die Stimmung, die sie bekam, wenn sie an ihren Erzeuger dachte, der keinerlei Interesse an seiner Tochter zeigte.

Sie schüttelte den Kopf. "Nein, will ich nicht. Ich will meine Zeit hier mit dir genießen und mir weiter alles ansehen."

C nickte und sah nach links. Er trat näher heran, um sich die Seine anzusehen. "Findest du den Fluss nicht auch umwerfend?", fragte er sie das und beobachtete das glitzernde Wasser, für das der Mond verantwortlich war. Rose trat neben ihn und sah ebenfalls den Fluss an. Ein "Oi" brachte sie hervor. Mit geweiteten Augen und offenen Mund sah sie die Seine. Ihre Augen funkelten dabei so wunderschön, wie C bemerkte, als er mal kurz zu ihr rüber schaute. Aber wem wunderte es, der Fluss war wirklich ein Traum bei Nacht. Schimmernd und glitzernd in Schwarz und Gold bewegte sich das Wasser vor ihren Augen, verzauberte viele Menschen, die zwischenzeitlich auch stehenblieben, um sich das Spektakel anzusehen, und die sanften Wellen, die durch den Wind entstanden, brachten ein atemberaubendes Bild zur Stande. 

"Wow!", hauchte Rose und ihre Augen wurden größer und glitzerten regelrecht.

"Ja", sagte C und nickte. "Wunderschön." Er drehte sich zu ihr um und sah, wie durch die Lichter ihre Augen fast wie Gold wirkten und ihr Haar leicht rötlich schienen, die ihr junges, schönes Gesicht umwehten, dass so glücklich aussah, als Rose weiterhin den Fluss betrachtete. "Sowie du."

"Hah?", sah sie ihn fragend an. "Was?"

"Nichts", sagte er und strich ihr eine lose Haarsträhne von der Stirn. "Hab nur laut gedacht."

Sie schaute ihn an, um herauszufinden, ob er nicht doch noch was zu sagen hätte, aber als nichts mehr kam, zuckte sie die Schultern und meinte, sie sollten weiter, weil sie nun wirklich Hunger bekam. "Glaubst du, es ist dort erlaubt, Wein zu trinken?"

"Es ist Paris", kommentierte er, "sicher wird dort ein Gläschen getrunken."

"Ich habe gehört, es ist was Normales, dass man während der Mittagspause sich ein Gläschen Rotwein gönnt, obwohl man später wieder an die Arbeit muss."

"Und ich habe gehört, das ist meist sogar das Frühstück", erwähnte C und musste breit grinsen. "Kein Wunder, dass hier alle so heiter sind."

"Ja!", lachte Rose, C lachte mit ihr. Sie spazierten weiter und hatten bald die Brücke komplett überquert. Nun war ihr Ziel der Parc des Buttes-Chaumont , wo schon sehr bald das Picknick stattfinden würde.

The Beautiful BeastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt