Kapitulation

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Als man mich in die Eingangshalle führte, saßen dort die anderen bereits. Ich hatte genug Tränen vergossen. Meine Augen waren geschwollen und brannten, jedoch kam keine einzige Träne mehr heraus. „Hinknien!“ Wieder zwang man mich auf die Knie und schloss somit den Kreis. Stumm sah ich zu Palermo rüber. Ich konnte ihm keinen Vorwurf machen. An seiner Stelle hätte ich mir auch nicht geglaubt. Selbst wenn, es schien sichtlich nur die Frau überlebt zu haben, mit der ich mich eben noch geprügelt hatte. Sie zu finden, wäre sicherlich nahezu unmöglich gewesen.

„Hier Kommandant Sagasta. Die Bande ist gefasst worden. Auf beiden Seiten gab es zwar verletzte..“ Sagasta sah zu seiner Kameradin und dann zu Rio und mir. „Aber keine Verluste. Die Geiseln sind in Sicherheit. Over and Out.“ Ich hatte wirklich mit allem gerechnet, aber nicht hiermit. Das es zu einem Kampf kommt. Das man uns erschießt, während wir fliehen. Aber nicht, dass wir in einem Kreis zusammensitzen und akzeptieren müssen, dass das hier das Ende ist. Wir konnten nichts mehr machen. Wir hatten kein Ass im Ärmel. Ich verstand endlich was Oslo damals damit meinte, lieber tot zu sein, als im Knast. Ich würde den Tod gerade auch bevorzugen, anstatt mich mit dem Gedanken anzufreunden mehr als 25 Jahre im Knast zu verbringen.

Anstatt uns abzuführen, ließ man uns jedoch so sitzen. Wir bekamen nämlich noch Besuch und zwar von Tamayo. Als er durch das Loch in der Tür stieg, hob ich den Kopf und sah zu ihm. Er stellte sich in die Mitte und schaute einmal in die Runde, bis er sich Lissabon zuwandte und ihr das Funkgerät abnahm. „Hallo Professor, hier Coronel Tamayo. Es überrascht sie vielleicht, mich über das Funkgerät der Bande zu hören, aber ich muss Ihnen leider sagen, dass es sich hierbei nicht um eines ihrer Kunststücke handelt. Falls Sie das überprüfen wollen, einen Augenblick.“ Er hockte sich hin und hielt Lissabon das Gerät hin. „Sergio, alles gut. Wie leben alle, wenn auch auf knien. Sie haben die Sprengladungen entschärft und koordiniert angegriffen.“, „Wenn Sie das ganze sehen möchten, brauchen Sie nur den Fernseher einzuschalten.“, übernahm Tamayo wieder das Wort. „Denn gleich wird Ihre Bande vor den Richter treten. Einer nach den anderen, die ganze Bande. Wie die Rolling Stones.“ Er lachte. „Ich empfehle Ihnen also sich das tiefste und dunkelste Loch zu suchen, dass Sie finden können, denn wir werden Sie früher oder später kriegen!“, „Nicht nötig, Tamayo. Ich gebe auf.“ Ich weitete die Augen und sah in die Runde. „Ich vermute, nicht mal meine eigenen Leute wussten, warum ich nicht mit in der Bank war. Einige dachten wahrscheinlich aus Feigheit. Falls etwas schiefgeht, wäre ich frei und sie nicht. Aber ich habe mir geschworen, wenn mein Team fällt, dann falle ich auch. Sie haben das Spiel gewonnen, Tamayo. Daher hätte es keinen Sinn es weiter hinauszuzögern, durch eine weitere Verfolgungsjagd. Ich bitte sie, von Mann zu Mann, das Angebot anzunehmen, mir zu gestatten in die Bank zu kommen, um mit meinen Leuten zusammen abgeführt zu werden. Ich brauche 20 Minuten, dann wäre ihre Gruppenfoto komplett.“, „Kommen Sie schon in 15 Minuten, anstatt in 20.“, murrte Tamayo und senkte das Funkgerät. „Hier Coronel Tamayo, behaltet die Geiseln noch in der Bibliothek, holt sie auf gar keinen Fall raus!“, gab er seinen Leuten weiter. „Hier wird keiner rausgehen! Habt ihr verstanden?“

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Tamayo war in den Keller gegangen, während man uns oben sitzen ließ. Die Atmosphäre war angespannt. Niemand wagte es sich auch nur sich zu bewegen. „Was ist da los?“ Ich fühlte mich nicht angesprochen, erst als Sagasta zu mir kam, hob ich den Kopf. „Warum hat niemand von euch die Wunde bemerkt.“ Er schaute zu seinen Kollegen und dann zu meiner verletzten Hand, die ich bewusst mit der anderen versteckte, jedoch färbte mein Blut der Overall bereits ganz dunkel. „Legt ihr einen Verband um. Ein Verlust würde jetzt nicht mehr gut kommen.“, „Ein Tempo wäre auch ganz nett.“ Ich sah zu Sagasta. „Noch nie Nasenbluten gehabt?“, „Ich bin mir ziemlich sicher das deine Kollegin mir die Nase gebrochen hat.“, „Stell dich nicht so an.“, murrte er und wandte sich von mir ab. „Anstellen? Ich kann dir gar nicht sagen aus wie vielen Stellen an meinem Körper gerade Blut fließt. Ich hoffe genug, denn wenn ich abkratze, habt ihr ein Problem und ich meine Ruhe!“, fauchte ich. Einer der Männer kniete sich vor mich und nahm sich meine Hand. Als diese verbunden war, schaute er sich noch meine Nase an. Sein Gesicht war dicht vor meinem. Ich konnte einfach nicht anders. Ruckartig bewegte ich mich nach vorne und schlug ihm meine Stirn gegen seine Nase. „Hey!“ Ich spürte die Spitze der Waffe im Nacken. „Selber schuld.“, nuschelte ich und sah zu, wie der Mann vor mir sich mit dem Handschuh das Blut von der Nase wischte. „Meine Güte, dass du immer noch so eine spitze Zunge und solch ein großes Temperament hast, obwohl du und deine Freunde verloren haben.“, „Kommandant, ich bitte sie. Wer sich so einladend vor mich kniet. Außerdem lasse ich mir doch nicht den Mund verbieten, nur weil ich vor euch knie. Es wird ja nicht das erste Mal sein, dass ich ein Gefängnis von innen sehe. Davor darf ich doch ruhig noch dafür sorgen, dass meine Ehre aufrecht bleibt.“

𝕍𝕚𝕕𝕒 𝕍𝕖𝕣𝕕𝕒𝕕𝕖𝕣𝕒 || ᴴᵃᵘˢ ᵈᵉˢ ᴳᵉˡᵈᵉˢ ᶠᶠWo Geschichten leben. Entdecke jetzt