Mit einem leisen Quietschen schlossen sich die Türen hinter mir und der Linienbus brummte von dannen.
Ich hingegen sah zum bestimmt zehntausendsten Mal auf mein Handy, sah noch einmal auf Google Maps, damit ich wusste, wo ich hin musste.
Mr. Malek hatte mir gestern Abend noch seine Adresse geschickt, sowie den Fahrplan des Busses, mit welchem ich hergekommen war.
Mr. Malek wohnte, wie ich, eher am Rande der Stadt, jedoch auf genau der anderen Seite, weshalb ich mit dem Bus hatte fahren müssen. Soweit ich wusste wohnte niemand, den ich kannte, in dieser Gegend. Tante Béatrice wusste ja schon Bescheid, sie hatte mir vorhin noch ein warmes Lächeln geschenkt, als ich gegangen war.
"In einhundert Metern befindet sich das Ziel auf der linken Seite!", piepste die Computerstimme und mit klopfendem Herzen lief ich weiter. Irgendwie war ich absolut nervös. Es hatte schon damit angefangen, dass ich seit vier Uhr morgens wach in meinem Bett gelegen hatte. Und schon da hatte mein Kopf nichts besseres zu tun gehabt, als sich mal wieder die unterschiedlichsten, guten sowie schlechten Szenarien auszumalen.
"Sie haben Ihr Ziel erreicht!"
Ich blickte auf. Ich befand mich vor einer hochgebauten Altstadtvilla mit einer Backsteinfassade. Hier und da gab es einen Erker, was dem ganzen irgendwie etwas gemütliches bereits von außen verlieh.
Vorsichtig öffnete ich das dunkle, hohe Tor und betrat das Grundstück. Rechts und links des Wegen war jeweils eine grüne Rasenfläche mit dem ein oder anderen Pflanzenkübel. Schließlich nahm ich die drei Stufen, welche zur Tür und der in der Wand eingelassen Klingel führten.
R. Malek
Beherzt klingelte ich und trat einen Schritt zurück, wartete, was nun passieren würden.
Es geschah gar nichts, dann hörte ich, wie von innen Schritte erklangen und schließlich die schwere Tür geöffnet wurde.
"Guten Morgen, Miss Evans.", erklang die warme Stimme des Lehrers, welcher vor mir stand und zu mir hinab sah.
Anders als sonst trug er kein Hemd, sondern lediglich einen dunklen langen Pulli mit Jeans.
"Guten Morgen, Mr. Malek!", begrüßte ich ihn ebenfalls.
Mein Gegenüber nickte kurz, für ihn war diese Situation merklich genauso seltsam wie für mich. Schließlich trat er beiseite und ließ mich rein.
Ich streifte mir die Schuhe ab und betrat hinter ihm das Haus. Innen nahm mir Mr. Malek vorsichtig die Jacke ab und hängte sie auf einen Bügel, ehe er mich leise dazu aufforderte, ihm zu folgen.
Wir liefen eine Wendeltreppe nach oben und anschließend durch einen Flur, ehe wir einmal rechts abbogen und uns schließlich in einem Wohnzimmer befanden.
Es war ein heller Raum. Die Möbel größtenteils in einem warmen braun gehalten. An den Wänden hingen Bilder und ein paar Fotografien, alle zeigten sie ähnliche Motive: Pyramiden, die Sphinx, Ägypten.
"Setzen Sie sich doch.", forderte er mich auf und deutete dabei auf das Sofa. Während ich mich also auf diesem niederließ, nahm er selbst gegenüber von mir auf einem Sessel Platz. Dann war es für kurze Zeit still. Wir beide schienen nicht wirklich zu wissen, wie war beginnen sollten.
"Sie... Ihr Wohnzimmer ist wirklich sehr schön.", murmelte ich schließlich und machte eine kurze ausschweifende Handbewegung, ehe ich meine Hand wieder auf mein Bein legte.
"Danke.". Ein kurzes Lächeln hatte sich auf Mr. Maleks Gesicht gelegt, jedoch war es so schnell verschwunden, wie es gekommen war.
"Waren Sie schon einmal im Ausland?", wollte er nach einiger Zeit leise wissen, sah dabei kurz zu mir, bevor sich sein Blick auf die Bilder hinter mir an der Wand richteten. Ich drehte mich mich vorsichtig und sah zu einem Bild auf, welches die Pyramiden von Gizeh zeigte.
"Ja, in Frankreich... Sie? Waren Sie schon da?", wollte ich mit einer leichten Kopfbewegung in Richtung des Gemäldes wissen.
"Zweimal... Meine Familie stammt eigentlich von dort.", erklärte er leise, bevor sein Blick wieder zu mir glitt, meinen überraschten Blick auffing, weshalb er unterdrückt schmunzelte.
"Überrascht?"
Ich merkte, wie sich eine leichte Röte auf meine warmen Wangen legte, als ich nickte.
"Ich hätte nie gedacht, dass Sie von da kommen...", murmelte ich, eher zu mir selbst, als zu ihm, dennoch verstand er meine Worte.
"Ich bin genauso sehr Amerikaner, wie Sie es sind, Miss Evans.", sagte er leise, lächelte dabei zögerlich. Fast automatisch musste ich auch lächeln, als ich ihn so vor mir sah. Irgendwie war es schön, ihn so sehen. Nicht so monoton, wie er es in der Schule war, sondern viel entspannter. Das merkte ich etwas an seiner Körperhaltung. Er saß zwar aufrecht, aber dennoch wirkte er entspannt in seinem Sessel.
"Ihre Tante... Sie ist Französin, liege ich da richtig?", fragte er fast schon zaghaft nach, weshalb ich nickte.
"Sind Sie..."
"So halb... meine Mum ist... war aus Frankreich", korrigierte ich mich selbst. Das war ein Grund, weshalb ich nicht gern über sie sprach. Nicht, weil ich sie nicht gern gehabt hatte - ich hatte sie fast schon vergöttert -. Viel mehr, weil es mich oft traurig stimmte zu wissen, das mein Gegenüber noch beide Eltern hatte, dass er sich mit beiden gleichermaßen verstand.
"Ich bitte vielmals um Entschuldigung, ich-", setzte Mr. Malek, dem mein kurzes Zögern bei der Erwähnung meiner Mum nicht entgangen war, zu einer Entschuldigung an, jedoch unterbrach ich ihn.
"Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen... trotzdem danke."
Kurz darauf war es wieder still. Wir beide saßen einfach nur da, hingen mehr oder weniger unseren eigenen Gedanken nach. Und irgendwie war diese Stille weder peinlich, noch sonderlich seltsam. Sie war angenehm.
"Wie geht es Ihnen?", erklang nach einigen stillen Minuten erneut die Stimme des jungen Lehrers.
"Besser... Ihnen?"
Ich stellte diese Frage bewusst. Eigentlich machte man dies ja nur, wenn man höflich sein wollte, ich jedoch interessierte mich wirklich dafür. Ich war fast schon gespannt darauf, was er antworten würde.
"Winston Churchill."
Ich beugte mich leicht nach vorn. Inzwischen wusste ich, dass die Sprüche und Anekdoten, die er immer wieder zitierte, so gut wie immer die Antwort auf das waren, wonach man suchte.
Mr. Malek sah zu mir, mir direkt in die Augen. Es wirkte fast schon so, als suche er nach einem Zeichen, dass ich es ernst meinte. Vorsichtig nickte ich einmal als Zeichen, dass es mir ernst war.
"Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird."
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✓|Addicted to my Teacher
Teen Fiction»Die Maske verrät mehr über den Menschen als sein Gesicht« Jeder Mensch trägt eine Maske mit der er versucht, sein wahres inneres Ich vor der Außenwelt zu verstecken. Auch Charlotte -kurz Charlie- ist so jemand. Immer ein Lächeln auf den Lippen läss...