Zusammen mit Dad saß ich am Frühstückstisch. Es war der Morgen des 25. Dezember und Dad war gestern Abend nach Hause gekommen.
"Charlie... hör zu"
Ich blickte von meinem Pancake auf.
"Es tut mir leid, meine Große. Alles. Das ich so viel arbeite. Das ich dich so unter Druck setze. Das ich die Dinge zerstört habe, die dir wichtig sind!"
Ich blinzelte. Wer war das und was hatte er mit Dad gemacht? Als Dad meinen verwirrten Blick bemerkte, lächelte er traurig.
"Béatrice hat vor drei Tagen bei mir angerufen. Und ich glaube ich verstehe nun, weshalb man sagt, dass man sich nicht mit Franzosen anlegen soll. Sie hat mich bestimmt zehn Minuten zugetextet. Und erst da ist mir irgendwie klar geworden, wie ich mich verhalten habe. Auch in den letzten Jahren. Als... als deine Mutter gestorben ist... da hättest du mich gebraucht. Aber ich... ich war so sehr auf mich fixiert und bin so sehr im Selbstmitleid versunken, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie es dir ging. Innerhalb weniger Monate bist du erwachsen geworden und ich habe es nicht einmal gemerkt."
Eine Träne rollte über Dads Gesicht, als er das sagte und ich glaubte, dass es das erste Mal seit langem war das ich ihn so emotional erlebte. Vorsichtig stand ich vom Tisch auf und setzte mich zu Dad auf den Schoß, wie ich es auch als kleines Kind immer getan hatte, und umarmte ihn. Ich umarmte ihn einfach nur, legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab, während Dad zu schluchzen begann.
"Ich kann es einfach nicht fassen, wie ich mich verhalten habe. Oh Charlie, es tut mir so leid!", schluchzte er in meine Schulter.
Sanft strich ich ihm über den Rücken, war selber vollkommen überfordert mit der gesamten Situation. Jedoch dankte ich Béatrice im Stillen für ihr Werk.
Sanft löste ich mich von Dad, wischte ihm sanft ein paar seiner Tränen weg.
"Ist schon in Ordnung, Dad. Es zählt, dass wir uns haben und unsere Zeit zusammen genießen!", flüsterte ich sanft, und Dad nickte zustimmend, während er sich mit den Händen übers Gesicht fuhr.
"Du bist das Beste in meinem Leben, Charlie. Ich will nie mehr so ein hirnrissiger Idiot sein!", schwor er, hob sogar seine Hand. Ich lächelte und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Stirn.
Lächelnd frühstückten wir zu Ende, ehe Dad sich kurz entschuldigte und die Küche verließ. Während er weg war sah ich zu Jaques, welcher unter dem Tisch lag und bettelnd zu mir aufsah.
"Nein, Jaques, du kriegst nichts!", belehrte ich die Bulldogge, die ein trauriges Geräusch von sich gab.
Als Dad wieder kam, hielt er einen Aktenordner in der Hand. Fragend sah ich zu ihm.
"Ich weiß, wir haben uns schon seit ein paar Jahren nicht mehr wirklich was geschenkt... aber ich denke, dass ich dir das schuldig bin."
Mit diesen Worten überreichte er mir den Ordner, welchen ich entgegen nahm und öffnete. In ihm, sauber und kategorisiert abgeheftet, Grundvokabular und Grammatik von den verschiedensten Sprachen. Überrascht blätterte ich hindurch.
Französisch, Chinesisch, Arabisch, Koreanisch, Thai, sowie Dialekte wie Schottisch und Ägyptisch.
"Die Freundin eines Kollegen hat das zusammen gestellt, sie hat Chinesisch, Arabisch und Koreanisch studiert, deswegen ist da auch etwas meh-"
Weiter kam Dad nicht, da ich aufgesprugen war und ihn an mich drückte. Tränen der Freude liefen mir über die Wangen.
"Danke, Dad.", schluchzte ich, drückte mich nur noch mehr an meinen Vater, der vorsichtig die Arme um mich legte.
"Gefällt es dir?", fragte er unsicher nach, weshalb ich kurz lachen musste und nickte.
"Es ist perfekt, danke!"
××××ו×××××
"Und er hat dir wirklich einen Ordner nur mit Sprachgedöns geschenkt?"
Vollkommen baff sah Luise mich an. Dad hatte sie und ihre Eltern kurzfristig zu uns eingeladen und die drei hatten zugestimmt. Während Dad sich nun also mit Luises Eltern, Philipp und Susan, unten in der Küche unterhielt, waren Lu und ich nach oben gegangen, ausgestattet mit einer Thermoskanne Kakao und Plätzchen.
Auf ihre Frage hin nickte ich und deutete auf den Ordner, welcher auf meinem Schreibtisch thronte. Lu lächelte.
"Es freut mich, dass sich soweit alles zwischen euch beiden eingerenkt hat!", lächelte sie und kraulte Jaques, welcher zwischen uns auf dem Bettvorleger lag, am Kopf. Dieser ließ sich das lautstark gefallen, weshalb wir beide lachen mussten.
"Ist sonst alles gut bei dir?", wollte sie nach einiger Zeit wissen, in der wir nur geschwiegen und Kakao getrunken hatten.
Ich biss mir auf die Lippe. Am liebsten würde ich ihr von dem Kuss erzählen. Denn dieser geisterte mir seitdem auch ununterbrochen im Kopf herum, Mr. Malek hatte ich, wie mir gerade auffiel, immer noch blockiert.
"Du musst mir schwören, dass Du niemandem davon erzählst. Nicht einmal Jack oder deinem Tagebuch, verstanden? Es hängt ein Menschenleben davon ab!"
Ich sah, das Luise schluckte und nachdachte. Ich vermutete, dass sie verschiedene Szenarien durch ging und als ihr Gesicht leicht weiß wurde, vermutete ich, dass sie daran dachte, das sie schlecht lügen konnte. Schlussendlich jedoch nickte sie.
"Ich... Oh Gott, das ist so verrückt-"
"Was ist denn jetzt passiert?", quengelte Lu mir dazwischen, weshalb ich ihr einen strafenden Blick zuwarf.
"Mr. Malek und ich haben uns geküsst.", presste ich in einem Luftzug hervor, hielt sogleich die Luft an. Jetzt war es raus. Jetzt konnte ich nur hoffen, dass ich mein Vertrauen in Lu nicht in die falsche Person gesetzt hatte.
Diese machte große Augen, der Mund klappte ihr auf. Dann wieder zu und wieder auf.
"Ihr... habt was? Wie? Wann? Wo? Warum?", schossen sofort die Fragen aus ihr heraus und hektisch deutete ich ihr leise zu sein.
Im Flüsterton widerholte Luise ihre Fragen.
"Naja... Erst hat er mich dazu verdonnert das Zimmer zu fegen, als alle draußen waren. Anschließend ist er auch gegangen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sauer ich in diesem Moment war. Und plötzlich war er wieder da und hat mich gefragt, was ich noch dort gemacht habe. Ich hab ihn dann angefaucht und wollte weiter machen. Hab ich dann auch, aber als ich aufgestanden bin und mich umgedreht habe, stand er plötzlich vor mir und hat sich entschuldigt, dass er mich von sich gestoßen hatte. Und dann... dann hat er nach oben geguckt und war verwirrt und dann hab ich nach oben geguckt, nur um diesen vermaledeiten Mistelzweig zu sehen. Dann hat er mich gefragt, ob ich ihm verzeihe und als ich ja gesagt habe, hat er gelächelt, mir fröhliche Weihnachten gewünscht und hat mich geküsst!", rasselte ich die Zusammenfassung von dem Geschehenen herunter und mit jedem Wort, dass ich sagte, hatte ich das Gefühl, dass Luises Augen immer größer wurden.
"Und was ist dann passiert?", fragte sie neugierig, vergaß vor lauter Aufregung sogar Jaques zu streicheln.
Ich sah zu Boden. Das war der Teil, den ich bis jetzt versucht hatte zu verdrängen.
"Dann bin ich weggelaufen."
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✓|Addicted to my Teacher
Teen Fiction»Die Maske verrät mehr über den Menschen als sein Gesicht« Jeder Mensch trägt eine Maske mit der er versucht, sein wahres inneres Ich vor der Außenwelt zu verstecken. Auch Charlotte -kurz Charlie- ist so jemand. Immer ein Lächeln auf den Lippen läss...