|·Vierundzwanzig·|

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Stumm starrte ich Mr. Malek an. Das konnte nicht sein, wieso tauchte er jetzt hier im Pharao-Kostüm auf?

Mr. Wong begann den Abend zu eröffnen, doch wirklich zuhören tat ich nicht. Wie hypnotisiert starrte ich zu meinem Mathe- Französischlehrer. 

Und als ob er gemerkt hätte, dass ich ihn ansah, nahm er den Blick von den Fünftklässlern und sah in meine Richtung. Als er mich sah, weiteten sich seine Augen ein kleines bisschen und für einen kurzen Moment trat Überraschung auf sein Gesicht, jedoch hatte er seine monotone Maske schnell wieder zurück unter Kontrolle. 

Eilig sah ich weg, mein Herz klopfte wie verrückt gegen meinen Brustkorb und meine Hände hatten sich schon wieder zur Faust geballt. Fuck. 

Mr. Wong hatte inzwischen seine kleine Einstiegsrede beendet und der Tag war somit offiziell eröffnet. Wir großen sollten uns nun aufteilen und an die verschiedenen Stationen gehen, die unsere Jungs heute in Mathe mit Mr. Malek aufgebaut hatten. Die Mädchen hatten sich dann irgendwie anders die Zeit vertrieben. 

Insgesamt hatten hatten wir uns Stationen ausgedacht: Tischtennis, Werwolf, Schiffe versenken -allerdings waren da die Fünftklässler selbst die Schiffe- und noch einige Aktivitäten mehr. Später, wenn es draußen dunkel werden würde, hatten wir uns vorgenommen verstecken im Dunkel zu spielen und heute Nacht vielleicht unsere Lehrer etwas zu ärgern (die Idee war von unseren Jungs gekommen und hatte von vielen Mädchen Zustimmung erhalten, weshalb sie sich auch dafür etwas ausgedacht hatten).

Der erste Teil des Mottotages war ein voller Erfolg. Die Kinder hatten eine Menge Spaß mit den Spielen. Und als wir sie zusammentrommelten und ihnen erklärten, was für heute noch auf dem Plan stand, war die Stimmung perfekt. Die Aufregung auf ihren Gesichtern zu sehen war irgendwie niedlich und lustig zugleich. 

Zum Abendessen hatten sich Mr. Wong und Mr. Malek dazu erbarmen lassen, Pizza zu bestellen. Und gerade saßen wir alle, die ganze Meute, in der Mensa und aßen Pizza. 

"Ich komm mir vor wie im Kindergarten!", hörte ich plötzlich Juliet ein paar Plätze weiter zu ihren Freundinnen Vanessa und Marlene flüstern. Ich verdrehte die Augen, genau wie einige andere auch. 

"Hey, Juliet!", rief ich ihr zu und die als Belle verkleidete Juliet drehte sich genervt zu mir. 

"Was, Aphrodite?", knurrte sie. 

Genervt verdrehte ich die Augen und wollte gerade zu einer gepfefferten Antwort ansetzen, als plötzlich Mr. Malek hinter Juliet auftauchte. 

"Miss White. Aphrodite ist die griechische Göttin der Schönheit. Sie meinten wahrscheinlich Hathor, denn diese ist die ägyptische Göttin der Schönheit. Und ich, sowie der Rest der Klasse, wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre schlechte Laune auf einen anderen Tag verschieben. Wir sind heute hier, um die neuen Fünftklässler spielerisch - entsprechend ihrer Altersgruppe -, hier Willkommen zu heißen."

Mit diesen Worten sah er sie noch einmal ermahnend an, ehe er sich umdrehte und zurück zu Mr. Wong lief, wobei sein goldenes Gewand schwungvoll hinter ihm her wehte. 

Viele von uns mussten uns nun ein Grinsen wegen Juliet verkneifen. Die war nämlich puterrot angelaufen und starrte jetzt mit bebender Unterlippe auf den Punkt, an welchem Mr. Malek bis eben noch verweilt war. 

Unauffällig zeigte Lu mir den erhobenen Daumen, ehe sie den letzten Bissen ihrer Salami-Pizza hinterkaute und dann die Stimme senkte. 

"Er hat dich auch als Göttin der Schönheit betitelt!"

Genervt sah ich sie an, konnte jedoch nicht verhindern, dass sich ein leichter Rotschimmer auf meine Wangen legte. 

So richtig ging es aber erst los, als wir später Verstecken spielten. Immer in Zweierteams, mussten wir uns verstecken. Die Sucher durften nur eine schwachleuchtende Taschenlampe zum Suchen benutzen, ansonsten war es stockdunkel im Schulhaus. 

Da es allerdings weniger Fünft- als Zwölftklässler gab, mussten einige von uns sich allein verstecken. Auch ich gehörte dazu. Gerade war ich auf dem Weg nach ganz unten. Ich wusste, dass es dort ein nicht mehr genutztes Arztzimmer gab, in welchem ich mich verstecken wollte. Natürlich nicht aus dem Grund, dass ich mich da in einen Schrank setzen und nicht die ganze Zeit stehen musste. Hust. 

So hockte ich also im alten Schrank, auf einem Stapel alter Decken, die Knie dicht an den Körper gezogen und wartete darauf, gefunden zu werden. 

Erst war es ein ganzes Stück lang still, dann hörte ich, wie die Tür zum Zimmer geöffnet wurde und anschließend wieder geschlossen wurde. Kurz darauf war ein leises Klopfen zu hören, was mir einen halben Herzinfarkt verpasste. Wer auch immer da draußen am Suchen war, ich würde ihn nachher höchstpersönlich dafür umbringen, mir solch ein Horrorgefühl gegeben zu haben. 

Ich hörte, wie jemand leise seufzte und schließlich erklangen Schritte, die in meine Richtung kamen. Ich in meinem Schrank hielt also die Luft an, um mich durch mein Atmen nicht zu verraten. 

Mit einem Ruck wurde die Tür geöffnet und jemand stieß einen hohen Schrei aus. Ich, rein aus Reflex, schrie mit. 

"Wer ist da?", fragte schließlich eine männliche Stimme, nachdem wir aufgehört hatten zu Schreien. 

Ich blinzelte. Fuck. Der Lehrerstreich hatte angefangen!

"Mr. Malek?"

"Charlotte?"

Kurz war es still, dann hörte ich, wie es kurz raschelte, ehe ich von einem beißend hellem Lichtstrahl geblendet wurde. Mit einem leisen Zischen schloss ich die Augen und hielt mir die Hände vors Gesicht. 

Mr. Malek senkte fast sofort seine Handykamera, ehe er sich vor den geöffneten Schrank hockte. 

"Warum sitzen Sie in einem alten Schrank? Warum wurde ich hier eingesperrt?", fragte der junge Lehrer verwirrt, hielt mir helfend die Hand hin, als ich Anstalten machte, den Schrank zu verlassen. Dankend nahm ich diese entgegen und stand kurz darauf vor ihm. Dort streckte ich mich einmal kurz und hörte, wie meine Wirbel wieder an ihre eigentliche Stelle zurück sprangen. Der Schrank war vielleicht doch nicht die beste Idee gewesen. 

"Äh... ja. Ich saß da drin, weil wir alle verstecken gespielt haben... und Sie sind hier... weil...", ich suchte nach den richtigen Worten, um ihm möglichst schonend beizubringen, dass er Opfer unseres Lehrerstreiches geworden war.

"Lehrerstreich?", half Mr. Malek mir mit seiner Vermutung und ich nickte leicht zerknirscht. Er schmunzelte. 

"Und ich nehme an, man hatte nicht erwartet, das Sie sich hier verstecken und deshalb bin ich hier?"

Ich nickte leicht, eine leichte Röte stieg mir ins Gesicht. 

"Wann war es denn geplant, uns Lehrer wieder raus zu lassen?"

Ich schluckte, als ich mich an Marcels Worte erinnerte. 

"Morgen früh."

✓|Addicted to my TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt