Inzwischen saßen wir nebeneinander an den Schrank gelehnt. Mithilfe von Mr. Maleks Handylampe hatten wir einen Schlafsack, sowie den Rucksack des Lehrers gefunden. Beides musste von einem der Jungs aus meiner Klasse in einem unbeaufsichtigten Moment hier runter geschmuggelt worden sein.
Nervös zupfte ich an meinem Gürtel herum. Das letzte Mal, dass wir uns so nah gewesen waren, war vor den Ferien gewesen. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinem gesamten Körper aus, als ich daran zurück dachte. Wie nah wir uns gewesen waren. Wie sich seine Lippen auf meinen angefühlt hatten. Wie wohl ich mich in diesem Moment plötzlich gefühlt hatte.
Und dann, dann war ich weg gelaufen. Hatte ihn einfach stehen lassen. Ich fühlte mich schlecht. Was er jetzt nur von mir denken musste! Erst erwiderte ich den Kuss, dann lief ich davon.
Ich schluckte. Was fühlte ich überhaupt? Es war mehr als reine Empathie, da war ich mir sicher. Hatten Luise und Jack Recht gehabt? Hatte ich wirklich einen Crush auf meinen Lehrer?
Im Kopf ging ich die Situationen durch, die wir erlebt hatten. Die zwei Besuche bei ihm, die - nicht immer gut verlaufenden - Gespräche in seinem Büro. Wie ich so wütend geworden war, als Juliet versucht hatte Mr. Malek unter den Mistelzweig zu locken.
War es das? War ich verliebt? Oder war es doch nur ein Crush?
Was war es bei ihm? Hatte er mich geküsst, weil er es gewollt hatte? Oder war es so gewesen, wegen dem Mistelzweig?
Ich war verwirrt.
"Charlotte?"
Ich erschauderte, als ich seine warme Stimme hörte. Und irgendwie machte es mich glücklich, dass er mich mit meinem Vornamen angesprochen hatte. Ich drehte den Kopf zu ihm.
Mr. Malek sah auf seine Hände, welche er in seinem Schoß gefaltet hatte. Die Krone, die zu seinem Kostüm gehörte, hatte er abgelegt, weshalb ihm seine schwarzen Haare nun etwas wirr in der Stirn hingen.
Er wirkte irgendwie unsicher, fast schon so, als würde er sich gar nicht trauen irgendetwas zu tun oder zu sagen.Ich sah zu, wie er tief durchatmete.
"Ich denke, d-dass wir reden sollten.", sagte er leise, fast schon im Flüsterton. Hätte ich nicht neben ihm gesessen, hätte ich ihn vermutlich gar nicht verstanden.
Ich schluckte.
"... über das, was vor den Ferien geschehen ist.", fügte Mr. Malek noch hinzu. Seine Schultern spannten sich leicht an, als hätte er Angst, darüber zu reden. Beziehungsweise Angst davor, was ich vielleicht sagen würde.
Ich jedoch hatte auch Angst. Wie sollte ich mich nur erklären? Wie sollte ich erklären, warum ich weg gelaufen war? Nun gut, eigentlich hätte ich dafür eine Antwort. Aber wie sollte ich erklären, dass ich mehr davon wollte? Mehr von dieser besonderen Art von Kontakt, mehr von ihm.. Wie sollte ich ihm das schonend beibringen, ohne als verrückt abgestempelt zu werden? Ich war mir ja nicht mal über meine Gefühle zu hundert Prozent im Klaren.
Aus dem Augenwinkel merkte ich, dass Mr. Malek zu mir blickte, so als warte er darauf, dass ich mich irgendwie dazu äußern würde. Irgendeine Erklärung abliefern würde. Ich schluckte erneut.
"Es tut mir leid."
"Es war okay."
Fast gleichzeitig sprachen wir diese Sätze aus und am liebsten hätte ich mich geohrfeigt. 'es war okay'? Ernsthaft? Wie konnte ich nur so etwas sagen?! Verdammt!
Verwundert blickte Mr. Malek zu mir, weshalb mir die Röte in die Wangen stieg. Ein Glück, dass die Handytaschenlampe nicht sonderlich hell leuchtete. So würde er es hoffentlich nicht so extrem sehen. Hoffte ich jedenfalls.
"Wie bitte?"
Ich schluckte, meine Finger krallten sich in den Stoff meines Kleides. Hätte er es nicht überhören können?
"Es war okay.", flüsterte ich so leise es mir möglich war, doch durch die Stille in dem kleinen Raum, in welchem wir uns befanden, kam es einem vor, als hätte ich die Worte geschrien.
"Ich dachte, du hättest nicht gewollt...", murmelte der Lehrer neben mir leise, Verwirrung war deutlich in seiner Stimme zu hören. Ich schluckte.
"Mir tut es leid.", sagte ich, lehnte mich etwas an den Schrank hinter mir, hoffte, dadurch irgendwie Halt zu finden.
Ich sah, wie Mr. Malek mich fragend anblickte.
Ich seufzte.
"Versprechen Sie, mich ausreden zu lassen?"
Mr. Malek nickte, wieder einmal blitzte Neugier in seinen Augen auf. Neugier, aber auch Verwunderung, Verwirrung und auch etwas Furcht.
Ein letztes Mal atmete ich tief durch.
"Ich... ich fand es okay. Und Gott ja, es klingt verdammt komisch, ich meine, ich bin einfach weg gelaufen, hab Sie da einfach stehen lassen. Ich... ich glaube, ich war einfach nur verwirrt. Aber die ganze Zeit, jeden einzelnen Tag musste ich daran denken. Ich weiß nicht, was das hier zwischen uns ist, ob da überhaupt etwas ist. Aber ich weiß, dass es okay für mich war. Sogar mehr als das. Ich weiß nicht, was ich fühle, aber ich weiß definitiv, dass ich es probieren möchte. Auch wenn das verrückt klingt. Und wenn Sie anderer Meinung sind, dass akzeptiere ich das. Ich mein, eigentlich-"
Ich konnte nicht weitersprechen.
Eine Hand, die sich unter mein Kinn schob und anhob. Wehrlos machte ich mit, blickte in die Augen meines Lehrers. Etwas undefinierbares lag in dessen Blick, was mich schlucken und meine letzten Worten bereuen ließ. Wieso hatte ich das jetzt gesagt? War ich komplett bescheuert? Selbst wenn, könnte es seinen Job kosten, würde er sich mit seiner Schülerin einlassen!
"Ich dachte, Sie würden mich abstoßend finden, Charlotte.", wisperte Mr. Malek, sah mir dabei direkt in die Augen. Schmerz stand in ihnen geschrieben und es tat mir erneut Leid, ihn so stehen gelassen zu haben.
"Und wenn Sie es wirklich möchten... denke ich, dass wir es probieren sollten... im Geheimen...", raunte er, legte dabei leicht den Kopf schief.
"Aber Ihr Job...?", wagte ich einzuwenden, sprach dabei nicht lauter, als er es die ganze Zeit tat.
"Es gibt viele schöne Schulen hier in der Nähe...", murmelte er und ein warmes Gefühl durchflutete meinen Bauch.
"Sie würden Ihre Arbeit an dieser Schule aufgeben?", fragte ich, merkte dabei gar nicht, wie nah wir uns inzwischen waren. Sein Eigenduft war mir in die Nase gestiegen, vernebelte mir fast wortwörtlich die Sinne.
"Ich bin mir sicher, dass es das Wert ist!", war Mr. Maleks leise Antwort, ehe sich seine Lippen auf meine legten.
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✓|Addicted to my Teacher
Teen Fiction»Die Maske verrät mehr über den Menschen als sein Gesicht« Jeder Mensch trägt eine Maske mit der er versucht, sein wahres inneres Ich vor der Außenwelt zu verstecken. Auch Charlotte -kurz Charlie- ist so jemand. Immer ein Lächeln auf den Lippen läss...