|·Einundreißig·|

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"Ich glaub es nicht! Ich kann es einfach nicht glauben! Meine beste Freundin ist mit unserem Lehrer zusammen! Heilige Scheiße!"

Mit einem langgezogenen Seufzer ließ Luise sich auf einen Stuhl fallen, sah dabei zwischen Rami, der am Lehrerpult lehnte, und mir, die auf einer Bank saß, hin und her.

"Lu, ich-", wollte ich beginnen, jedoch unterbrach die Blondine mich mit dem Heben ihrer Hand. Ich schluckte, traute mich nicht aufzusehen.

Wir hätten vorsichtiger sein müssen, wie ich es gesagt hatte. Warum überhaupt war sie hier?

"Warum hast du nichts gesagt, Charlie?"

Ich sah nun doch auf. Luise blickte mich aus ihren großen Augen an, Neugier und Verwirrung stand in ihrem Blick geschrieben. Ich seufzte, warf Rami einen kurzen hilflosen Blick zu.

"Ich... Ich weiß nicht... Ich meine...", begann ich zu stottern, brach dann jedoch ab. Meine Hände hatten begonnen zu zittern und ich merkte, wie zum ersten Mal seit vielen Wochen wieder dieses Gefühl der Hilflosigkeit und Beklommenheit in mir aufstieg.

"Was hätte ich denn sagen sollen?", fragte ich, schockierte damit jeden durch die Tränen, welche unkontrolliert hervor brachen. Rami wollte auf mich zu gehen, jedoch schüttelte ich nur den Kopf, versuchte, die Tränen weg zu wischen, welche unaufhörlich über meine Wangen rannen.

"Hey, ich bin mit meinem Lehrer zusammen?"

Ich schnaubte, spürte, wie es mir etwas die Luft zu schnürte. Seit wann hatte ich mich so wenig unter Kontrolle?!

"Es ist verboten, verstehst du nicht? Es könnte sonst was passieren, hätte irgendjemand davon Wind bekommen!", schluchzte ich, verlor nun gänzlich die Kontrolle über meine Gefühle.

Mein Körper begann zu beben, die ersten unregelmäßigen Schluchzer verließen meinen Mund. Ich senkte den Blick, schämte mich vor meiner besten Freundin und meinem Freund zu weinen - wieder einmal.

Der Geruch von Orangen stieg mir in die Nase. Mit Tränen in meinen roten Augen sah ich auf zu Rami, welcher zu mir getreten war. Zärtlich wischte er mir die Tränen weg und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. Er wusste, dass mich dies beruhigte und ich war dankbar, dass er es, trotz dieser Situation, getan hatte.

Vorsichtig setzte er sich neben mich, legte dabei seinen Arm um mich. Sanft streichelte er meine linke Schulter, während er zu Luise sah, welche das Ganze stumm beobachtet hatte.

"Miss Anderson... Ich weiß-... Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Situation... befremdlich auf Sie wirken muss. Aber... Es ist nun einmal so, das Charlotte und ich uns lieben. Es ist uns egal, das wir einen Altersunterschied haben, es ist uns egal, dass wir uns in aller Heimlichkeit treffen müssen, aber es macht uns glücklich. Ich habe Charlie nach wie vor wie jeden anderen meiner Schüler benotet, habe nicht einmal daran gedacht sie anders zu behandeln. Ich verlange nicht, dass Sie das verstehen... Ich kann Sie nur bitten, vor allem für Charlie, es zu akzeptieren und nicht zu verbreiten... An niemanden."

Wie ein Schaf sah Luise zu Rami, den Mund leicht geöffnet. Dann ging ihr Blick zu mir, ehe sie seufzte.

"Ich will nur das Beste für Charlie. Wir beide kennen uns seit dem Kindergarten. Und wenn es eben bedeutet, dass sie mit Ihnen zusammen ist und sie das glücklich macht, dann ist es eben so. Ich schwöre Ihnen, das ich niemanden etwas erzählen werde!", sagte sie, hob beim Schwören sogar die Hand.

Ein Stein fiel mir vom Herzen und erleichtert lehnte ich mich etwas mehr gegen Rami, dem sichtbar auch eine große Last von den Schultern gefallen war.

Lächelnd sah er zu mir runter, gab mir erneut einen Kuss auf die Stirn.

"Aber Mr. Malek?"

Rami und ich sahen zu Luise, welche vor uns getreten war. Ernst lag in ihrem Blick, sie hatte sogar drohend den Zeigefinger gehoben. Rami neben mir schrumpfte etwas in sich zusammen, als er sie so vor sich stehen sah.

"Wenn Sie ihr auch nur ein Haar krümmen oder etwas anderes passiert, was sie nicht will...", begann Lu, ihre Stimme war drohend tief und wäre sie nicht meine beste Freundin würde ich nun auch kräftig schlucken.

"... dann, und das können Sie mir glauben, werden Sie Ihr blaues Wunder erleben. Und danach Ihr rotes und so weiter, verstanden?"

Ich musste mir wirklich ein Schmunzeln verkneifen, als ich zu Rami blickte, welcher wie erstarrt da saß und meine beste Freundin ansah. Auch Lu schien meinen inneren Kampf mitzubekommen, jedoch hatte sie ihre Mimik etwas besser im Griff als ich.

"Ich schwöre es Ihnen, wie Sie es uns geschworen haben.", sagte Rami, hielt Lu, wie für einen Handel, die Hand hin. Diese nickte zufrieden und nahm sie.

Ich schmunzelte, während ich den beiden zusah, wischte mir dabei ein letztes Mal über die Augen.

××××ו×××××

Nach ungefähr zwanzig Minuten verließen Lu und ich das Schulgebäude. Rami und ich hatten Lu alles erzählen müssen, was bis jetzt passiert war, was Rami merklich verwirrt hatte. Auch vorhin, als ich mich von ihm verabschiedet hatte, stand ihm die Verwirrung, sowie die Überraschung und auch die Erleichterung, deutlich ins Gesicht geschrieben.

"Ich schreibe dir, okay?", hatte ich ihm noch zugeflüstert, bevor Lu mich aus dem Zimmer gezogen hatte.

Sie hatte nach der Prüfung draußen auf mich gewartet, was ich nicht gewusst hatte, und war, nachdem ich nicht gekommen war, nochmal ins Gebäude gegangen, um mich zu suchen.

Gefunden hatte mich dann ja.

Wir waren auf dem Weg zu ihr nach Hause und den ganzen Weg zu ihr schwärmte Luise von Mr. Malek und mir.

"Lu?", fragte ich nach einiger Zeit. Lu, die eben ihre Zimmertür geschlossen hatte, sah über die Schulter zu mir, ehe sie eilig zu mir aufs Bett hüpfte und sich neben mich fallen ließ. Anschließend drehte sie den Kopf zu mir.

"Bist du mir sehr böse?", fragte ich leise, spielte an den Ärmeln meiner weißen Bluse. Ich machte mir Vorwürfe, es ihr nicht eher gesagt zu haben. Sie war schließlich meine beste Freundin.

Luise legte sanft ihre Hand auf meinen Oberschenkel - im Gegensatz zu ihr saß ich auf dem Bett.

"Es ist in Ordnung, Charlie. Ich mein, ich hätte es dir vermutlich auch nicht sofort gesagt. Also mach dir keine Vorwürfe, okay?"

"Du bist die Beste!"

"Ich weiß!", grinste sie und ich streckte ihr die Zunge raus, weshalb wir beide lachen mussten.

Jedoch wurde ich schnell wieder ernst, seufzte leicht. Fragend sah Lu zu mir.

"Ich muss es Dad sagen."

✓|Addicted to my TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt