Teil 23

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>>Was ist passiert? Wo warst du nur so lange Enzo?<<
Ich hatte mit dieser Frage gewartet, bis Reven eingeschlafen war, denn es ging ihn nichts an, über was und wie ich mit meinem Bruder sprach.
Reven wusste für meinen Geschmack schon viel zu viel, denn ich hatte ihm alles erzählen müssen. Von meiner ersten Begegnung mit Darcen, bis zu meiner letzten.
Er hatte nichts darauf erwidert, es einfach still hingenommen und mich danach ignoriert. Ich musste seine Gefühle nicht lesen um zu wissen, dass er mich nicht sonderlich leiden konnte.
Schließlich hatte ich mit dem Feind das Bett geteilt.
Aber es konnte auch schlichtweg daran liegen, dass diesem Mann alles Gleichgültig und wenn überhaupt lästig war.
Denn im Grunde ging er mit Enzo kaum anders um.
Es war mir zuwider im Dunkeln zu tapsen, aber vor allem hasste ich das Schicksal dafür, dass es mir noch jemanden vor die Füße geworfen hatte, dessen Gefühle mir ebenfalls schleierhaft waren.
Irgendwie musste ich diese Blockaden durchdringen können.
Die Sache mit Darcen...sie schmerzte und zerrte an meinem Ego. Vor allem deswegen, weil ich ihn noch immer vermisste.
Ich sehnte mich nach seinem Duft, diesen bernsteinfarbenen Augen und seinen Berührungen.
Es tat weh ihn zu wollen, obwohl er mich so benutzt hatte. Am schlimmsten war aber das Unwissen darüber, ob seine Liebe zu mir schlussendlich echt gewesen war, oder nicht.

>>Lia<< holte mich Enzo aus dem tiefsten Winkel meines Hirns und sorgte dafür, dass ich für einige Momente verwirrt war, worüber wir sprachen.
Ich war ein wrack.
Dankbar hörte ich auf Enzos Antwort, als er meinen inneren Chaos überging.
>>Es ist verwirrend, denn im Grunde wäre ich tatsächlich gestorben. Ich hatte Glück und irgendwie auch Pech.<<
Er sog schwer die Luft ein, ehe sein Blick auf Reven fiel.
>>Ich war bei den obersten Drei, als Reven mir einen Teil meiner Zukunft voraussah.<<
Verblüfft unterbrach ich ihn.
>>Er kann in die Zukunft sehen?<<
Mein Bruder nickte mit einem schiefen Lächeln und stocherte dabei mit dem Ast im Feuer herum, welches wir auf der kleinen Lichtung gelegt hatten.
>>Er sah meinen Tod und egal in welche Richtung er diese Zukunft gelenkt hatte, es war immer mit dem selben Resultat. Das Merkwürdige daran war, dass er nie die Ursache sah, sondern nur, dass es geschah.
Naja alle seine Visionen verliefen so, außer einer.
Die Ereignisse überschlugen sich, als ich mich unter den drei obersten Vampiren versteckte.
Nicht wissend wovor, war Nervenaufreibend Lia.
Doch gleich darauf weiß ich nur noch, wie Reven und ich flohen, weil er den Angriff auf die Obersten vorhergesehen hatte.
Wir mussten uns aufteilen, doch sie hatten es nicht geschafft.
Von Reven erfuhr ich schließlich, dass Vater daran beteiligt gewesen war. Er hatte mit Darcen gemeinsam gearbeitet.<<
Verwirrt zog ich an seinem Ärmel.
>>Woran?<<
Betrübt blickte mir Enzo in die Augen und irgendwie wusste ich es tief in meinem Herzen.
Darcen hatte mich in die Irre geführt, also weshalb sollte es dieses Mal anders gewesen sein?
>>Menschen verschwanden damals schon spurlos und heute ist es nicht anders Lia.
Er hat dich belogen mit der Tatsache, dass er nie daran beteiligt war.
Schließlich war es Darcen, der damals die Obersten überzeugen wollte, dass die Menschen nicht mehr Wert als Zuchtvieh wären.
Sein Hass war tief und Vater hatte aus irgendeinem unerfindlichen Grund diesen Hass unterstützt.<<
Galle stieg mir hoch begleitet von einer Hitze, die durch meinen Körper fegte, ehe ein Ziehen in meinem Herzen sich bemerkbar machte.
>>Vater hat ihn mit irgendetwas erzürnt, aber ich verstehe nicht was es war und warum er mich mitgenommen hat. Und verdammt ich weiß nicht mal, ob er und sein Cousin wirklich angefeindet sind.<<
>>Das sind sie<< antwortete Reven, statt Enzo.
Meine Fingerknöchel traten hervor, als ich meine Hände zu Fäusten ballte.
Doch Enzos drängender Blick sorgte dafür, dass ich mich zur Ruhe zwang.
>>Es ist ein Machtkampf zwischen ihnen, dabei sind die Absichten beider nicht einmal so unterschiedlich.<< fügte Reven hinzu, während er in den klaren Sternenhimmel blickte.
>>Warum habt ihr ihn nicht besiegt? Wenn nicht die drei Obersten, wer dann?<< fragte ich vorwurfsvoll.
Enzo blieb zu meiner Verwunderung still und stocherte einfach weiter in dem Feuer herum.
Auch dann, als Revens tiefbraune Augen die meine trafen und mich betrachteten, als wäre ich ein Kind.
>>Weil wir nicht wussten, was ihn umbringen kann. Ich dachte darauf hättest du kommen können.<<
Sie wussten es nicht. Niemand schien es zu wissen, doch es musste eine Möglichkeit geben.
Darcen konnte nicht völlig unbesiegbar sein.
>>Irgendetwas muss es doch geben<< flüsterte ich und ignorierte Revens auflachen.
>>Zur Not Ketten wir ihn in irgendeine Höhle und lassen ihn austrocknen, bis er in Vergessenheit gerät.<<
>>Vermutlich keine so schlechte Idee<< kommentierte mein Bruder Revens Plan.
Doch ich war nicht überzeugt.
Ich wusste nämlich, dass ich niemals Ruhe finden könnte, solang Darcens Herz noch schlägt.
Denn er war mein Untergang.
Ich würde mich ihm beugen müssen, oder durch seine Hand sterben.
Diese Wahrheit hatte ich in ihm lesen können in den letzten Augenblicken, bevor ich sein Herz mit einem Dolch durchbohrt hatte.
Vielleicht liebte er mich nicht, aber ich war nach seinem Empfinden sein Besitz und er würde nicht akzeptieren, wenn ich nicht in seiner Nähe wäre.
Mein Bruder schluckte schwer und sah mich nun verstehend an.
>>Wir finden einen Weg<<
Ich nickte, doch egal wie sehr ich mich davon überzeugen wollte, ich hatte Angst vor der Zukunft.

Tanz mit einem VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt