Er hatte recht. Nach einer gefühlten Ewigkeit stand ich irgendwann auf und lief zur Tür.
Dass ich hier vermutlich wirklich nicht weg kam, war mir bewusst, aber trotzdem konnte ich es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren es nicht zumindest zu versuchen.
Die Tür war nicht abgeschlossen, sodass ich die Kühle der Nacht direkt spürte, als ich auf die Veranda trat.
Das Gelände schien unglaublich groß zu sein mit einem atemberaubenden Garten und einem kleinen Teich zu meiner linken.
Es wirkte so friedlich, bis mein Blick auf die Meter hohe Mauer fiel.
Das verwirrende an dem ganzen war, dass nirgendwo ein Tor war.
Fröstelnd und mit dem Gedanken, dass Tor wäre woanders, lief ich die Mauer ab.
Irgendwann kam ich wieder an der gleichen Stelle an und musste mit erschrecken feststellen, dass nirgendwo ein Tor war, welches hinausführte.
>>Was zum Teufel<< fluchte ich und erschrak, als hinter mir der Kiesboden knirschte.
>>Ich hätte erwartet du würdest bis zum nächsten Tag warten.<< brach Darcen die Stille der Nacht.
Mit einer Handbewegung sorgte er dafür, dass direkt vor mir ein Tor sichtbar wurde.
Verwirrt sah ich zu ihm.
>>Ich habe dir gesagt, dass du hier nicht weg kommst, solange ich es nicht zulasse. Jetzt geh rein in dein Zimmer. Dann kannst du diese Lumpen loswerden.<<
Er drehte sich wieder um und zeitgleich verschwand das Tor.
Doch mein Stolz war zu groß, als dass ich die Beleidigung auf mich nehmen konnte.
Aus einem Impuls heraus zog ich meinen Schuh aus und warf ihn diesen gegen seinen Kopf.
Stille umhüllte uns, als er sich langsam mit rotem Kopf zu mir drehte.
Bevor ich mit dem Zweiten ausholen konnte, griff er nach meinem Handgelenk und packte mich am Nacken.
>>Sag mal bist du Lebensmüde!<< knurrte er mich an.
>>Ja<< funkelte ich zurück und quitschte, als er meinen Kopf nach hinten zog.
>>Du weißt wirklich nicht mit wem du es zutun hast Lia. Ich könnte dich umbringen, ohne dich überhaupt berühren zu müssen.<<
Er erhöhte den Druck und durchbohrte mich mit seinen Augen.
Sein Gesicht verzog er zu einer wütenden Fratze, ehe er seine Stimme bei den nächsten Worten bedrohlich senkte.
>>Noch ein Ausrutscher und du kannst deine Zeit in einem meiner Kerker verbringen, wenn ich nicht schon vorher meine Geduld verliere und dir den Kopf abreiße.<<
Ohne Vorwarnung ließ er los, sodass ich auf meinen Hintern plumpste.
Doch die Erniedriegung ließ ich nicht auf mir sitzen.
Mit erhobenem Haupt stand ich auf und ging auf ihn zu.
Perplext sah er mich an, als ich ihm meinen Schuh aus der Hand nahm und nach dem zweiten auf dem Boden griff.
>>Schön, dass ich in keinen Kerker komme. Wo muss ich hin, damit ich mein Zimmer finde?<< lächelte ich ihn an.
Entgeistert schüttelte er leicht seinen Kopf, ehe er ohne ein Wort zu sagen an mir vorbei lief.
Schnellen Schrittes folgte ich ihm.
>>Neue Kleidung wäre auch nicht schlecht.<< rief ich ihm nach, als ich hinter ihm herhechten musste.
>>Halt einfach für eine Weile deinen Mund.<< schien er fast zu betteln.
>>Treppe hoch, rechts.<< stieß Darcen aus und verschwand hinter einer reichlich verzierten Tür.
Ich war Lebensmüde. Definitiv.
Aber ich folgte sonst immer meinem Bauchgefühl und meine Fähigkeit Gefühle aufzuschnappen lenkte mich durchs leben. Und was nicht da war, konnte ich nicht herbeiführen.
Ich hatte einfach keine angst.
Nicht als er das erste mal in den Saal getreten war, nicht als wir getanzt haben, nicht als er mich gebissen hatte und auch nicht jetzt nachdem er mir mehrfach gedroht hatte.
Mir war bewusst, dass er mich umbringen konnte und vermutlich auch tun würde, aber...verdammt ich wusste es selbst nicht.
Der Gedanke wie gefährlich das Leben sein konnte, ohne Angst zu empfinden, huschte durch meine Gedanken.Am Morgen war es merkwürdig in einem fremden Zimmer zu erwachen.
Es war alles so dunkel eingerichtet.
Mahagonifarbene Möbel und Decken im satten Dunkelrot.
Auch die Kleider, die im Schrank hingen waren um Welten düsterer, als meine eigenen.
Ich griff nach dem hellsten, das ich in die Finger bekam.
Ein helles rotes Kleid mit einem, für meine Verhältnisse, tiefen Ausschnitt.
Der Rest war schlicht. Die Ärmel gingen mir bis zu meinem Handgelenk.
Gedankenverloren betrachtete ich mein wirres kastanienbraunes Haar im Spiegel und kämmte diese.
Die Knoten trieben mir Tränen in meine Augen. Ich hätte sie gestern nach dem Waschen kämmen sollen.
Mein knurrender Magen lockte mich schließlich hinunter, wo ich nach langem suchen irgendwann die Tür zum Esszimmer fand.Mit einer Tasse in der Hand saß Darcen alleine am Ende des Tisches. Außer ihm schien niemand da zu sein.
Ohne ein Wort zu sagen setzte ich mich an das andere Ende des Tisches und griff nach den Weintrauben.
Er schien mich gekonnt zu ignorieren, während er sein Essen unberührt auf seinem Teller ließ.
>>Keinen Hunger?<< fragte ich, doch er blieb still.
Es wäre viel zu einfach für ihn mich zu töten. Er kannte mich nicht und für ihn war ich wolmöglich nur ein Feind.
Mit diesem Gedanken bahnte sich eine Idee heran, die ich direkt unsetzte.
>>Meine Lieblingsfarbe ist blau. Nicht das dunkle, sondern ein helles Blau. Wie das des Himmels im Sommer.<<
Verwirrt sah er zu mir, während ich etwas Marmelade auf mein Brot schmierte und dabei weitersprach.
>>Ich hasse den Winter und die Oper. Bücher liebe ich über alles.<<
>>Was wird das?<< unterbrach mich Darcen, doch ich überging seine Frage.
>>Meine Mutter ist Tod, genauso wie meine beiden Brüder. Aber diese Geschichte müsste dir bekannt sein..<<
Schnaufend stellte er seine Tasse ab.
>>Gerade frage ich mich wirklich, ob du auf den Kopf gefallen bist.<< kommentierte er genervt.
Grinsend biss ich von dem Marmeladebrot ab und nickte dabei.
>>Tatsächlich bin ich das. Ich war acht und liebte das Klettern.
Da war ein großer Baum in unserem Garten, auf diesen bin ich jeden Tag geklettert. Eines Tages ist ein Ast gebrochen, sodass ich herunterfiel.
Ich lag tagelang im Bett und als ich endlich wieder zu mir kam, war ich auf dem Weg auf diesen Baum zu klettern.
Aber er war nicht mehr da.<< zuckte ich mit den Schultern.
Langsam erhob er sich von seinem Stuhl und setzte sich schließlich direkt neben mich.
>>Was ist nur mit deinem Schädel los verdammt. Warum erzählst du mir das alles?<<
Tief Luft holend schob ich meinen Teller weg und sah ihn geradewegs an.
>>Es fällt einem schwerer jemanden zu töten, wenn man diese Person kennt.<<
>>Dein Tod wäre aber nichts persönliches, sondern eine unvermeidbare Konsequenz für deinen Vater.<<
Er wollte sich gerade erheben und den Raum verlassen, doch bevor er das tun konnte griff ich nach seinem Arm.
Darcen zog diesen weg, als hätte er sich verbrannt, aber ich ließ mich davon nicht beirren.
>>Dennoch appelliere ich daran, dass du siehst, dass ich unabhängig von meinem Vater existiere. Ein Leben habe, einen Namen und eine für dich empfundene, nervige und lebensmüde Persönlichkeit. Ich bin mehr, als eine Konsequenz.<<
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Tanz mit einem Vampir
Vampire>>Brich mir niemals das Herz>Niemals<< Man möchte meinen, dass die Unsterblichkeit als Vampir seine Vorzüge hat. Man möchte meinen, dass dir mächtige Gaben und eine herzzerreißende Liebe alle Türen öffnet. Doch wer flüstert dir die Wahrheit zu? Wer...