Wenn ich gedacht hatte es könnte nicht schlimmer kommen, dann lag ich damit falsch.
Denn das konnte es.
Obwohl Darcen mir Reitunterricht gegeben hatte, hatte ich dennoch keinen Draht zu Pferden.
Seit 10 Minuten versuchte ich schon, dass es weiter lief, doch es blieb an Ort und Stelle.
Schließlich gab ich es auf und begann zu laufen, während sich der Himmel langsam färbte.
Meine Nerven waren zum zerreißen gespannt, denn zu meiner momentan emotionalen Lage, gesellten sich unglaubliche Kopfschmerzen hinzu.
Niemand hatte mich vorgewarnt, dass der Übergang zur Unsterblichkeit anstrengend sein könnte.
Die Sinneseindrücke schienen mich zu überfluten, da ich mit meinen verschärften Sinnen noch nicht vertraut war.
Es war schrecklich, denn im Grunde wusste ich noch nicht einmal wohin ich lief und was mein Ziel war. Ich fühlte mich einfach nur noch verloren.Das Knacken eines Astes holte mich aus meinem Trübsal, ließ mich aufhorchen und nach dem kleinen Dolch greifen.
Ohne zu zögern war ich bereit anzugreifen, als sich ein Schatten aus den Büschen bewegte und zwei verhüllte Gestalten vor mir aufragten.
Doch bevor ich die erste verhüllte Person angreifen konnte, hielt diese mich fest und zog seine Kapuze runter.
Ein Wimmern entrang sich meiner Kehle, ehe ich meine Arme um meinen Bruder schloss.
Ich verstand die Welt nicht mehr. Er war tot.
Er musste tot sein.
>>Wie kann das sein?<< flüsterte ich und genoss die Wärme seiner Umarmung, als auch er mich fester an sich drückte.
>>Sie dachten ich wäre tot und ich musste sie das denken lassen. Es tut mir Leid.<<
Ich schüttelte den Kopf und sah ihm in seine Augen.
>>Ich habe das Gefühl es wäre ein Traum. Du...ich kann es einfach nicht glauben. Vater...<<
Er unterbrach mich, indem er mit seinem Kopf schüttelte.
>>Vater ist erst Schuld an dieser Situation. Er und Mutter.<<
Verwirrt schaute ich an ihm vorbei, als die zweite Person aus den Schatten trat.
Mein Bruder Enzo folgte meinem Blick, ehe er zu einer Antwort ansetzte.
>>Das ist Reven. Dank ihm habe ich dich finden können und...es tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat, dich zu mir zu holen.
Ich wäre gerne früher gekommen, aber es war mir nicht möglich.<<
Der Fremde trat vor und blieb neben Enzo stehen.
>>Einmal haben wir es versucht, aber dein Geliebter hat es zu verhindern gewusst.<<
Ohne Vorwarnung riss er an meiner Halskette und warf sie zu Boden.
>>Reven verdammt!<< knurrte Enzo, doch Reven zog nur seine Kapuze ab und besah sich gleichgültig die Kette.
Ich sagte nichts, denn es war als wäre eine Last von mir gefallen, mit dem Verschwinden der Kette.
>>Es sollte mich beschützen.<< flüsterte ich, woraufhin mich Reven für einen Moment bedauernd ansah, ehe seine Miene wieder gleichgültig wurde.
Sein Gesicht war vernarbt und obwohl diese Verletzungen grausam aussahen, war er dennoch schön.
Es war wie ein Gegensatz. Während Darcens Erscheinungsbild einem Todesengel glich, wirkte Reven hingegen, wie der Todesgott selbst.
Ich spürte Unbehagen, je länger ich neben ihm stand.
Ein Schmerz zog sich durch mein Herz, als ich mir für einen Moment Darcen an meine Seite wünschte.
Darcen, der hätte niemals mein Herz brechen sollen.
>>Du wirst ihn vergessen Lia.<<
Dass Enzo meine Gedanken las sollte mich stören, doch das tat es nicht.
Es war angenehmer so, es nicht laut auszusprechen und ihm davon erzählen zu müssen.
>>Ich werde mehr tun als zu vergessen. Er wird dafür büßen.<<
>>Stell dich hinten an kleines<<
Funkelnd sah ich zu Reven.
>>Nenn mich nie wieder so. Nie wieder. Verstanden?<<
>>Was denn? Kleines?<< spottete Reven.
Enzo wollte dazwischen gehen und irgendwas sagen, doch ich bekam es nur am Rande mit.
Was ich aber genau mitbekam war, dass Reven zusammenzuckte, denn ich griff in ihn hinein und ließ ihn meinen Schmerz spüren.
Es war unglaublich, denn es schien, als würde ich meinen Frust von mir stoßen.
Ich wollte nicht aufhören.
Enzo schüttelte mich, doch ich machte weiter, bis Revens Körper zitterte und er an seine Brust fasste.
>>Lia verdammt, er ist nicht dein Feind! Du bist nicht so. Lia!<<
Abrupt ließ ich von ihm ab.
Was war nur in mich gefahren?
Es war nur ein Wort, er hatte mich nur reizen wollen und ich hatte ihn...wie weit wäre ich gegangen?
Beschämt sank ich auf meine Knie und streckte leicht meine Hand aus, ehe ich sie wieder zurück zog.
Enzo kniete neben Reven und half ihm hoch, doch Reven schien gefasst zu sein, denn seine Miene blieb unergründlich.
Seine Gleichgültigkeit verwirrte mich zutiefst, als hätte er jedem Gefühl abgeschworen.
Neugierig griff ich in ihn hinein und stellte verblüfft fest, dass da tatsächlich kein Gefühl war. Nichts.
>>Du wirst nichts finden. Ich bin nicht grundlos der dritte oberste Vampir.<<
Mein Bruder half mir hoch, doch ich sah noch immer Reven an.
>>Dein alter Liebhaber hat die anderen zwei umgebracht. Deswegen wirst du mir jetzt haargenau erzählen, was du alles mitbekommen hast, denn das und nicht mehr, war die Bedingung dafür deinem Bruder zu helfen dich zu finden. Begleiche seine Schulden, bevor ich mich vergesse und dich für dein Vergehen bestrafe.<<
Ich schluckte schwer, denn egal wie groß mein Temperament war.
Reven war unberechenbar für mich und zu hundert Prozent in der Lage gegen mich und meinen Bruder anzukommen.
Ich hatte also keine andere Wahl als meinen Stolz hinunterzuschlucken und ihm alles zu erzählen.
Egal wie weh es tat.
Und egal wie gerne ich diesem gleichgültigen Vampir eine reinhauen würde.
Meinem Bruder entwich ein Lachen, doch ich fixierte Reven, als hinge mein Leben davon ab.
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Tanz mit einem Vampir
Vampire>>Brich mir niemals das Herz>Niemals<< Man möchte meinen, dass die Unsterblichkeit als Vampir seine Vorzüge hat. Man möchte meinen, dass dir mächtige Gaben und eine herzzerreißende Liebe alle Türen öffnet. Doch wer flüstert dir die Wahrheit zu? Wer...