Teil 32

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Reven

Hass war nicht das richtige Wort und auch nicht Zorn. Nicht für das, was ich gerade empfand, wenn ich diesem Dreckskerl ins Gesicht sah und immer wieder auf ihn einschlug.
Ich ließ keine Luft zwischen meiner Faust, dem Blut, welches in alle Richtungen spritzte und seiner verdammten Visage, die ausdruckslos blieb.
>>WEHR DICH<< brüllte ich, als er keine Anstalten machte mich von sich zu stoßen, sondern stattdessen meine Schläge förmlich willkommen hieß.
Er wird sich nicht wehren. Nicht einmal dann, wenn du ihn bis zum Morgengrauen verprügelst.
Schoss es mir durch den Kopf, als sich die Bilder einer Vision auftaten.
Doch ich wusste, was ihn ins Verderben reißen würde und mit neugewonnener Verachtung ließ ich von Darcen ab und besah mein Werk.
Er sah furchtbar aus und umringt von Blut und Dreck, sodass sich meine Mundwinkel vor Genugtuung nach oben zogen, bei meinen nächsten Worten.
>>Deine Entscheidung sie mitzunehmen, hat mir endlich ihre Zukunft offenbart. Eine Zukunft, die sie nicht gewollt hätte, doch eine Zukunft, die du dir wünschst.
Ich will, dass du weißt, dass du heute nicht nur Lia umgebracht hast.<<
Gefasst bückte ich mich zu ihm herunter und ignorierte den faden Beigeschmack meiner nächsten Worte.
Ich glitt in die Kälte in mir und hieß sie in meinem Herzen willkommen, um für einen Moment nichts fühlen zu müssen.
Denn die nächsten Worte und die Wahrheit hinter diesen zerstörte auch mich.
>>Sie trug dein Kind Darcen. Es wäre ein Sohn gewesen und nun ist er tot.<<
Er sah mit geweiteten Augen auf und blickte schließlich hinter mich. Dort wo Lias Körper lag und auf mich wartete und das schien auch für mich das Ende zu bedeuten, denn ich wollte nur noch zu ihr.
>>Verschwinde<< stieß ich aus und lief zu Lias Körper, sank auf die Knie und ignorierte die Tatsache, dass Darcen einen animalischen Laut von sich gab und die Tiere des Waldes zum Leben erwachten.
Vorsichtig nahm ich sie auf meine Arme und trug sie von der Lichtung.
Ignorierte dabei die Leichen der Männer und den noch immer umherwütenden Darcen, der voller Verzweiflung in sich zusammenzufallen schien.
Er war gebrochen und das endgültig.
Ich sah ihn Jahrhunderte trauern und einfallen.
Ich sah ihn innerlich stück für stück sterben, während sein Körper der Unsterblichkeit verdammt war und dann stockte ich, als ich bei der Hütte ankam und nun selbst auf dem Boden kniete.
Den Tränen und der Trauer freien lauf lassend, weil ich das Kostbarste in meinem Leben verloren hatte.
Reue, Schmerz und Wut über mein Verhalten plagten mich und unbändiger Hass über meine Gabe, die mir hierbei nie geholfen hatte.
Und ich hasste mich, so sehr wie ich Darcen hasste.
Wäre ich bei ihnen geblieben, dann wäre das alles nicht passiert.
Ich hätte die Vision über diese drei Mistkerle sehen können und ich hätte frühzeitig reagieren können.
Wäre ich nicht gegangen, dann hätte ich Enzo und Lia beschützen können und ich könnte ihr endlich die Wahrheit sagen.
Ihr sagen, dass ich sie schon wollte, als sie nicht mein war.
Dass ich sie dafür gehasst habe, dass sie ihn wollte und mich, weil ich nichts dagegen tun konnte, als es zu verdrängen.
Wäre sie noch hier, dann könnte ich ihr sagen, dass ihr Name zu meiner Wahrheit wurde und ihr Duft zu meinem Sinn.
Wäre sie hier, dann müsste ich sie nicht verzweifelt hin und herwiegen und einer Zukunft nachtrauern, die wir nie haben konnten.
Gott ich war so ein Narr, so ein Idiot.
Reven, warum bin ich nicht tot?
Bilder und Gesprächsfetzen drangen in meinen Kopf und die Vision schien sich mit jeder Sekunde zu festigen.
>>Was...<< setzte ich ungläubig an und horchte auf Lias Herzschlag.
Stille umhüllte es und gerade, als ich meine Vision als Trauer abtun wollte, hörte ich es.
Es war so leise und so leicht, dass man es hätte fast überhören können.
Doch als ich schließlich den ersten Herzschlag von Lia hörte, zog ich sie so fest an meine Brust, dass es selbst mir weh tat.
Die Tatsache, dass es nur ihr Herzschlag war und das Kind nicht am Leben war, schob ich in die hintersten Winkel meines Bewusstseins.
Gequält vermischten sich die Laute, die aus meinem Mund drangen und das stöhnen von Lia, als sie sich aus meinen Armen löste und mit leeren Augen in meine sah.
>>Reven, warum bin ich nicht tot?<<

Ich weiß.
Fiese Babybombe.

Tanz mit einem VampirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt