Regen

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Matteos Sicht:

Und dazu werde ich noch Zeit benötigen.
~

Ninas Sicht:

Eine Woche verhält Matteo sich jetzt schon komisch und versucht es zu verbergen. Seit einer Woche schläft er nicht mehr bei mir. Die Zeit, die wir zusammen verbringen, ist angespannt und erzwungen. Ich habe mir heute vorgenommen ihn darauf anzusprechen! So kann es nicht weitergehen. Wir beide waren so glücklich zusammen und jetzt das. Das kann ich nicht akzeptieren. Nach der Schule werde ich mit ihm an einen Fluss fahren und dort werden wir dann picknicken. Das Wetter soll heute auch gut werden. Ich hoffe, dass ich das Gespräch nicht bereuen werde.
Ich gehe in die Küche runter und setze mich dort an den Tisch, um zu frühstücken. Meine Eltern sitzen beide schon angezogen am Tisch und lesen Zeitung.
"Guten Morgen", begrüßen mich meine Eltern.
"Morgen", erwiedere ich nur knapp und fange an mein Müsli zu mixen.
"Was ist eigentlich mit Matteo", will meine Mutter nun wissen. Ich stocke in meiner Bewegung und meine Finger verkrampft sich um die Joghurtpackung.
"Ja, warum übernachtet er nicht mehr hier? Seine Eltern sind doch noch nicht zurück, oder?", fragt mein Vater jetzt auch neugierig. Meine Eltern mögen Matteo und fragen sich natürlich, warum er nicht mehr bei uns wohnt in Moment. Trotzdem treffen mich die Fragen gerade unerwartet.
"Nein, seine Eltern sind noch nicht zurück.", höre ich mich antworten.
"Oh, warum ist er dann nicht hier?"
"Wahrscheinlich will er die Gastfreundschaft nicht ausnutzen und sich nicht aufdrängen."
"Ach was, er gehört doch quasi zur Familie. Er kann solange bleiben wie er will. Das macht uns nichts.", quaselt mein Vater drauf los. Wow... ich hätte nicht gedacht, dass er Matteo jemals so mögen würde.
"Ich werde es ihm ausrichten." Dann fange ich an mein Müsli zu essen. Ich muss mich jetzt beeilen. Ich muss mich noch umziehen und fertig machen für die Schule, bevor Matteo in einer Viertelstunde vor der Tür steht, um mich abzuholen. Es sei denn, er hat mich vergessen. Nein, wird er schon nicht! Nina, hör auf dir solche Gedanken zu machen!

Um 7.35 Uhr klingelt es und ich eile runter, bevor meine Eltern die Tür öffnen können. Ich hebe meine Tasche im vorbei rennen vom Boden neben meinem Schreibtisch auf und renne die Treppe runter.
"Ich mache schon auf!", brülle ich durch das Haus. "Bis später. Ich komme heute später nach Hause oder schlafe bei Matteo."
"Okay, bis dann Schatz. Schreib uns nur, ob du nach Hause kommst, oder ob du bei Matteo schläfst."
"Okay"
Ich reiße die Tür auf und schaue nicht in Matteos wunderschöne strahlend grüne Augen, in denen ich mich so gerne verliere und das Gefühl bekomme, dass alles gut ist, solange mich diese Augen ansehe, sondern in freundliche braune Augen.
"Hallo Nina, Matteo sitzt im Auto.", begrüßt Carlos mich.
Ich glaube, dass sich gerade ein Stück meines Herzens gelöst hat und meine Speiseröhre hochwandert. Mir ist schlecht. Jetzt begrüßt er mich nichtmal mehr? Beziehungsweise holt mich persönlich ab?
Ich muss mich kurz sammeln und begrüße Carlos dann.
Ich ziehe schnell meine Schuhe an und folge Carlos dann zum Auto. Er hält mir die Tür zu der Rückbank offen und ich rutsche neben Matteo auf den Sitz.
"Hallo Nins", lächelt er mich warm und doch mit einer Distanz an.
"Hey"
Er greift nach meiner Hand und ich lasse es zu. Ich habe keine Kraft sie ihm zu entziehen und außerdem nehme ich die Berührung nur als schwachen Druck war. Ich bin wie betäubt. Wir fahren im Schweigen.
"Meine Eltern lassen dir ausrichten, dass du wieder bei uns wohnen kannst, dass du nicht aufdringlich bist, und dass du praktisch schon zur Familie gehörst.", breche ich schließlich das Schweigen.
Er schaut mich mit offenem Mund an und nickt dann. "Danke"
Ich nicke ihm zu und drehe meinen Kopf dann wieder Richtung Fenster. Ich umschließe seine Hand nun fester und zerquetsche ihm damit wahrscheinlich seine Knochen. Doch ich will ihn nicht loslassen.
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Matteos Sicht:

Nina sah verletzt aus, als sie ins Auto gestiegen ist. Ich hätte nicht gedacht, dass es sie so verletzen würde, wenn ich sie nicht abhole. Also habe ich ihre Hand ergriffen, doch sie scheint es nicht so wirklich mitbekommen zu haben.
Als sie mir gesagt hat, dass ihre Eltern meinen, dass ich zur Familie gehöre, ist mir alles entglitten. Es ist so nett von ihnen und ich hätte nie gedacht, dass ihre Eltern es sagen würden. Vor allem jetzt schon. Das ist ein tolles Gefühl, doch ich muss Nina es nun endlich gestehen. Ich darf nicht so abweisend zu ihr sein, nur weil ich gerade mit mir selber im Konflikt stehe und nicht weiß, wie ich mich verhalten soll. Ich muss es ihr sagen! Bald!
Wir kommen an der Schule an und steigen aus. Ich umrunde, so schnell es geht, den Wagen, um Nina die Tür zu öffnen. Sie steigt lächelnd aus.
Ich nehme ihren Rucksack und halte ihn ihr so hin, dass sie sich ihn leicht über die Schulter werfen kann.
"Geh schonmal vor. Ich komme gleich.", meint Nina. Ich schaue sie verwirrt an, doch gehe dann auf die andere Straßenseite und laufe langsam zur Schule. Kurz bevor ich um die Ecke biege, taucht Nina plötzlich neben mir auf.
"Was hast du gemacht?", frage ich sie.
"Ach nichts" Mehr sagt sie dazu nicht. Nur "Ach nichts". Ich gucke sie skeptisch an und laufe dann weiter.
"Ich muss heute Mittag mit dir reden. Nach der Schule." Während sie das sagt, guckt sie mich ihre blauen, ozeanblauen Augen intensiv an und ich vergesse einen Moment zu atmen. Mir läuft ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Ich gucke ihr jedoch ebenfalls in die Augen und nicke stumm. Worüber will sie nur reden? Will sie unsere Beziehung beenden, obwohl wir uns gerade erst gefunden haben? War ich so abweisend zu ihr und habe sie damit ungewollt verletzt? Das Letzte, was ich wollte und jemals ist, ist Nina zu verletzen. Am Eingang der Schule spielen wir das gleiche Spiel, wie jedem morgen. Sie geht zu Marco und Lina und ich gehe zu meinen Freunden.
"Hey, Matteo. Was ist denn mit dir los? Du siehst aus, als ob du die ganze Nacht nicht geschlafen hättest.", begrüßt mich Michael. "Was ist dafür verantwortlich?"
"Oder eher gesagt: Wer ist dafür verantwortlich?", meint Weston. Luca fängt an zu lachen und die beiden klatschen sich ab. Das die beiden auch immer zweideutig denken müssen. Aber ich habe keine Kraft sie zurechtzuweisen.
Cole jedoch macht ein besorgtes und prüfenden Gesicht.
"Er sieht aber nicht verträumt verschlafen aus, sondern eher gestresst verschlafen aus.", stellte er stirnrunzelnd fest. "Was ist passiert?"
"Sie will reden. Nina will mit mir reden."
Die Jungs ziehen alle scharf die Luft ein.
"Ruhe in Friende, Bro.", sagt Luca aufrichtig und legt mir seine Hand auf die Schulter. Ich schüttel ihn ab und werfe ihm einen genervten Blick zu.
"Das wird schon.", versucht Michael mich aufzumuntern, was ihm aber nicht wirklich gelingt. "Oder hast du etwas angestellt."
"Nicht mit Absicht.", gebe ich verlegen zu.
"Matteo, was hast du angestellt?"
"Ich...ich musste über etwas nachdenken und bin wahrscheinlich zu sehr auf Disganz gegangen. Zu viel auf Distanz. Ich habe sie wohl ungewollt verletzt, doch ich habe das nicht mitbekommen."
"Ist es wichtig über das was du nachdenkst?", fragt mich Cole.
Ich nicke.
"Geht es um Nina?"
Erneut nicke ich.
"Dann sag es ihr und erkläre ihr, was mit dir los war."
"Das werde ich auf jeden Fall machen!"
"Gut! Dann lasst uns jetzt reingehen."
Die Jungs gehen schon rein und Luca hält mir die Tür offen, doch ich mache keine Anstalten mich zu bewegen. Ich schaue in Ninas Richtung und sie schaut lachend auf. Ihr Blick trifft auf meinen und ihr Lachen verblasst etwas. Ich lächle sie zaghaft an und sie erwiedert mein Lächeln mit einem etwas bedrückt und traurig aussehendem Lächeln. Dann trete ich hinter Luca in das Schulgebäude ein.
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Why now?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt