1. Kapitel

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~Unerreichbar~

Wir waren schon viele Tage unterwegs, in denen das Wetter immer schlechter wurde. Man merkte, dass sich der Sommer dem Ende neigte und der Herbst Einzug nahm. Es wurde kälter und die Tage kürzer. Der Einsame Berg war eine ferne Silhouette, die immer größer wurde.
Erebor, in dessen Herz ein Drache schlummerte, der nur darauf wartete, vertrieben zu werden. Aber unser eigentliches Ziel war ein anderer Ort und an diesem kamen wir nach langem Marsch endlich an.

Vor mir lag im Schatten der Wolken die Seestadt Esgaroth. Eine kleine Stadt mitten auf dem Wasser, aus der Ferne bloß eine kleine Ansammlung von Häusern.
"Das ist also die Seestadt."
"Also ich würde mich da nicht wohlfühlen. Kein fester Boden und alles nur aus Holz erbaut. Das kann doch nicht besonders sicher sein." Kritisch betrachtete ich die Stadt, die mir für Zwerge überhaupt nicht geeignet schien.
Ich entdeckte eine Brücke, die vom Land zur Stadt hinführte.
"Lass und zu der Brücke gehen. Ich bin mir sicher, da kommen wir einfach in die Seestadt hinein." Diana hatte wohl den gleichen Gedanken gehabt.
"Und vielleicht haben sie Neuigkeiten", ergänzte ich. Wir machten uns also gleich auf den Weg. Der See war ziemlich groß, das andere Ufer verschwommen in der Ferne. Aber es war doch nur ein See.
Nach einiger Zeit erreichten wir die Brücke, wo ein paar Menschen saßen, die mehr tranken und feierten, als Wache hielten.
"Das sieht ja sehr einladend aus", grummelte ich.
"Denkst du die Menschen da werden uns überhaupt ernst nehmen?" Diana sah etwas zweifeln zu den trinkenden und lachenden Männern hin. "Das werden wir ja sehen." Ich ging zuversichtlich zu ihnen hin.

„Hallo!", rief ich, als ich Ihnen näher kam. Sie hoben erstaunt die Köpfe, als hätten sie nicht erwartet, dass jemand kam.
„Wer ist da?", fragte einer der Wachen und stand auf. „Mein Name ist Carana und das ist meine Schwester Diana. Wir möchten in die Seestadt." Der Mann lachte. „Denkt ihr, dass man so einfach hier rein kommt?"
„Nun ja. Wir geben auch unsere Waffen ab, wenn es sein muss. Wir sind bloß Wanderer."
Unsicher sah ich die Menschen an. Sie überragten mich und schauten auf mich herunter. Aber das war ich gewöhnt.

„Hier kommt aber nicht jeder rein. Wer seid ihr?" Er musterte mich von Kopf bis Fuß und tat das Gleiche bei meiner Schwester.
„Wir sind Zwerge, werter Herr." Diana drückte sich, wie immer, sehr höflich aus. Gespannt wartete ich auf seine nächsten Worte. „Zwei kleine Zwerginnen, hm? Zwerge kommen hier noch weniger rein."
Nicht? Was sollte das denn heißen? „Wie meint ihr das? Sind denn in der Stadt keine Zwerge?" Der Mann sah mich ungläubig an. „Zwerge? Nein, wie kommt ihr darauf?"
„Was ist mit den Zwergen aus dem Erebor?", fragte ich weiter. Mittlerweile mussten die Zwerge doch mal angekommen sein. Sie hatten sich schon vor Monaten auf den Weg gemacht.

„Ach die!", sagte er, „Die sind schon vor langer Zeit weiter gezogen und werden wohl auch nie mehr her kommen."
Ich konnte meinen Ohren kaum glauben. Er redete von früher, aber es hieß dass Thorin und seine Gefährten noch nicht hier waren.
Ich tauschte einen beunruhigten Blick mit Diana.
"Also ist in letzter Zeit keine Gruppe Zwerge vorbeigekommen?"
Er schüttelte den Kopf, eine Zornesfalte auf der Stirn. "Hier gibt es keine Zwerge."
Der Mann wollte sich schon rumdrehen, aber ich war noch nicht fertig. „Wartet! Können wir trotzdem in die Stadt, bitte?", fragte ich.
„Was wollt ihr denn noch hier?"
„Wir waren auf der Suche nach unseren Landsleuten, aber da es anscheinend keine gibt würden wir gerne eine Nacht ausruhen oder zwei."
„Es gibt keine Gasthäuser hier. Niemand kommt einfach so für ein paar Tage in die Stadt."
„Wir arbeiten auch gerne. Machen uns nützlich, wenn wir einen Unterschlupf bekommen", sagte Diana. Ich warf ihr einen bösen Blick zu, denn ich wollte bestimmt nicht auf diesem wackligen Etwas von Stadt arbeiten und nachher noch ins Wasser fallen. Sie zuckte nur mit den Schultern.
„Ich werde einen Antrag stellen, aber so lange kann ich euch nicht in die Stadt lassen. Vielleicht könnt ihr diesen Abend schon kommen, aber für gewöhnlich kommt hier keiner rein."
Ich nickte. Der Mann drehte sich um und ging in die Stadt, während sein Kumpel mich von seinem Posten aus argwöhnisch beobachtete. Er sah grimmig aus, und ich glaubte ihm fehlte ein Ohr.
„Carana, komm, wir müssen reden." Ich nickte, froh, dem seltsam starrenden Mann zu entkommen.

Ich folgte Diana bis zu dem Fluss, der aus dem Düsterwald führte und schaute in den dunklen Wald. Er hatte etwas geheimnisvolles und anziehendes. Obwohl ich eigentlich nicht so für Wälder zu begeistern war. Ich fühlte mich zwischen dicken Felswänden viel sicherer.
"Also. Was hast du vor? Wieso willst du in die Stadt rein?", frage meine Schwester sofort. Sie sah mich aus ihren blauen Augen scharf an. Sie hatte die selben Augen wie Mutter. Und konnte auch genauso gucken wie Mutter.
"Wir müssen in die Stadt. Aber das mit dem arbeiten hättest du ruhig weglassen können."
"Du wolltest doch unbedingt in die Stadt. Also sag schon, was willst du da noch?"
"Naja, die Zwerge werden doch garantiert hierher kommen. Und wo sollten wir sonst warten?"
Diana überlegte kurz. "Und wenn nicht?"
"Wenn nicht was?"
"Wenn sie nicht hier her kommen. Wenn sie vielleicht schon fort sind oder nie die Seestadt erreicht haben?" Damit sprach sie auch meine Befürchtungen aus.
"Wenn sie hier gewesen wären, hätten wir doch etwas davon mitbekommen. Oder die Seemenschen."
Ich war mir da allerdings selbst nicht ganz sicher. Ihr Vorhaben sollte ja eigentlich nicht durch die Welt posaunt werden.
"Schön. Und wenn sie noch nicht da waren?"
"Dann warten wir hier." Ich sah den Fluss an, weil ich ihren Blick nicht ertragen wollte. "Also willst du hier warten? Weiß Durin wie lange und Däumchen drehen?", fragte sie skeptisch.
"Was sollen wir den sinst machen? Wir können Sie ja schlecht suchen gehen, obwohl ich für Vorschläge diesbezüglich offen bin", räumte ich ein und wartete geduldig auf Dianas Reaktion.
"Was? Du willst einfach mir nichts dir nichts Richtung Westen laufen?!", rief sie aufgebracht. Und es ging los. "Wir können nicht einfach in den Westen ziehen! Wir müssten durch den Düsterwald! Das ist Wahnsinn! Und wir wüssten gar nicht wohin, abgesehen davon, dass wir Mutter..."

Bald sah ich, dass etwas auf dem Fluss näher kam. Es wurde etwas angeschwemmt, etwas sehr seltsames. Ich sprang auf und strengte meine Augen an.
"Cara! Hörst du mir überhaupt zu?"
Es waren Fässer, ja das konnte sein. Aber nicht nur Fässer. In diesen Fässern saßen Menschen drin, nein Zwerge. Ein Haufen Zwerge in Fässern! Das konnte doch nicht wahr sein! Ich rieb mir die Augen und schaute noch einmal genauer hin, aber je näher sie kamen, desto sicherer wurde ich. Es waren unsere Gefolgsleute in Fässern.
Ich konnte nicht anders, aber ein lautes Lachen entfuhr mir. "Diana, sieh mal! Dort in den Fässern!"
Sie wirbelte herum und schaute ebenfalls zum Fluss. Die Zwerge hatten uns noch nicht gehört. Das Rauschen des Flusses musste es übertönt haben.
"Denkst du, das sind sie?"
"Keine Ahnung! Aber Zwerge, die in Fässern den Fluss entlang schwimmen ist mal was Neues!", rief ich und lief von meinem Felsen zu einer flachen Uferstelle hin, beeilte mich um vor den Zwergen dort zu sein.
Diana folgte mir. Es würde sicher eine sehr interessante Geschichte hinter diesem Anblick stecken.

"Sowas seltsames habe ich ja noch nie gesehen!", rief sie und kletterte gerade einen Felsen hinunter.
"Ich möchte wissen, wer sie sind und was sie vorhaben", murmelte ich und trat in den Schatten eines Felsens.
Es war bestimmt Thorin Eichenschilds Gemeinschaft. Wer sollte sonst auf so einem waghalsigen Ritt sein?

Die Sonne wird wieder für uns scheinen (Fili FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt