Kapitel 33

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~Meine Sonne~

„Fili, ich liebe dich!"

Es hörte sich an, als würde jemand anderes diese Worte sagen. Nicht Ich. Nein, ich hätte ihn angeschrien. Ich hätte ihm gesagt, dass er verschwinden solle und wäre selbst weggerannt. Aber diese Stimme war gebrochen, flehend. Als würde sie um ihr Leben ringen.

Langsam drehte Fili sich um sah mich an. "Cara..." Ich ballte meine Hände zu Fäusten und versuchte nicht mehr zu weinen. Meine Unterlippe zitterte, als ich den Mund öffnete. "bitte Fili. Es tut mir so leid. Ich will nur dich. Ich...ich liebe dich." Er trat auf mich zu und sah mich fast ungläubig an. Dann wurde sein Blick weicher, liebevoll. "Ich liebe dich auch. Aber wieso verleugnet du uns?" "Tu ich doch gar nicht. Ich dachte nur, es ist egal, was die anderen denken. Wir beide sind zusammen und wir wissen es."

Er nahm mein Gesicht zwischen seine Hände und wischte meine Tränen mit seinen Daumen fort. Ich schniefte. "Ist schon gut. Ich glaube dir ja", sagte Fili leise und zog mich an sich. Ich vergrub meinen Kopf an seiner Schulter und schlang meine Arme um ihn. "Ich will dich doch nicht verlieren. Ich brauche dich", sagte ich leise. Ich sog seinen vertrauten Duft ein und schloss meine brennenden Augen. "Das wirst du nicht. Ich bleibe bei dir. Versprochen." Er küsste mich auf den Kopf und hielt mich einfach ihm Arm. Es gab keinen Ort, an dem ich mich so geborgen und sicher fühlte wie in seinen Armen.

„Willst du zurück auf die Feier?", fragte Fili irgendwann. Ich schüttelte den Kopf, den ich hatte wirklich keine Lust, mich jetzt nochmal mit Regin zu befassen. Ich hatte auch keine Lust auf den ganzen Trubel, der dort herrschte. „Sollen wir lieber auf unser Zimmer gehen?", fragte er weiter. Dieses Mal nickte ich, aber ich wollte ihn trotzdem nicht loslassen. Er lachte leise und ich spürte das Beben seines Brustkorbs. „Du musst mich auch schon loslassen." Verlegen trat ich einen Schritt zurück und hoch in sein grinsendes Gesicht.

„Gehen wir einfach", schnappte ich und lief los. Schnell bemerkte ich, dass er mir gar nicht folgte und drehte mich wieder zu ihm um. „Was ist los?", fragte ich. Er stand noch an derselben Stelle und sah mich nachdenklich an. „Ach, nichts. Ich hab nur gerade daran gedacht, wie sehr ich dich liebe", sagte er mit einem verschmitzten Lächeln und kam zu mir. Ich spürte, wie ich errötete. „Und ich habe darüber nachgedacht, was ich alles an dir liebe." Er nahm meine Hand und wir gingen langsam los. „Besonders viel liebenswürdiges gibt es da ja nicht", sagte ich ausweichend. „Ach was. Ich finde da ziemlich viel." „Ach ja?" „Ja." „Ich liebe so vieles an dir. Auch die kleinen Macken, die du selbst an dir hasst und was andere nervig finden, finde ich liebenswert." Ein warmes, prickelndes Gefühl durchströmte meinen Körper. Es tat gut, seine Worte zu hören. Aber ich wusste dennoch nicht, was ich sagen sollte. Wie konnte es sein, das er die nervigen, bescheuerten Seiten an mir mochte? Was brachte ihn dazu, mich so zu lieben? Er war einfach unglaublich.

„Danke", brachte ich leise heraus, auch wenn das ziemlich dünn war, aber ich wusste einfach nicht, was ich sonst sagen sollte. Ich war noch nie besonders wortgewandt gewesen. Ich sah ihn an. Er schaute mich belustigt an. „ich hab erwartet, dass du sagst, ich soll nicht so einen Mist reden", gab er zu. Ich lachte triumphierend. „Ich bin eben voller Überraschungen." „Solange es gute Überraschungen sind, kann ich damit leben." „Na, das glaube ich dir aufs Wort." Er lachte und ich war einfach nur erleichtert, wie schnell er mir verziehen hatte.

Er stieß die Tür zu unserer Kammer auf und ich folgte ihm. „Wer hat hier eigentlich früher gewohnt?", fragte ich beiläufig. Man sah, dass es eine prachtvolle Kammer – eigentlich konnte man es nicht mehr Kammer nennen – war und sicher einem aus dem königlichen Geschlecht gehört hatte, aber ich hatte mich schon das ein oder andere Mal gefragt, wem genau sie gehört hatte. Fili zögerte. „Thorin. Er hat hier gewohnt." „Thorin?", fragte ich überrascht. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sie Thror gehört hatte, da er ja damals der König gewesen war. „Ja, Thorin. Ich habe Thror oder Thrain nie gekannt. Für mich war Thorin immer der einzige König." Ich nickte verständnisvoll. Thorin war das einzige Vorbild, dass Fili hatte.

Ich folgte Fili ins Schlafzimmer und blieb im Türrahmen stehen. Er hatte wieder diesen traurigen, verlorenen Blick, also ging ich zu ihm und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. Er lächelte traurig und drehte sich zu mir um. „Es wird besser", sagte ich leise. Ich wusste, dass Filis echter Vater so früh gestorben war, dass er sich kaum noch an ihn erinnern konnte und ihn daher auch nicht wirklich vermisste. Mein Vater hingegen war erst vor wenigen Jahren gestorben, ich konnte seinen Schmerz verstehen. „Mit der Zeit wird es weniger schlimm. Du wirst sehen", ermutigte ich ihn. „Denk einfach nur an die glücklichen Erinnerungen." Er nickte. „Hat es bei dir geklappt?", fragte er. Ich zuckte mit den Schultern. „Es war schwer. Ich war damals sehr einsam", sagte ich leise. Fili sah mich mit gerunzelter Stirn an. „Wie meinst du das?" Ich hatte ihm zwar schon viel von früher erzählt, aber nicht, wie ich mich damals gefühlt hatte.

„Naja, ich hab mich dort nie wohl gefühlt. Viele haben mich nicht ernst genommen, weil eine Frau nicht mit Waffen umgehen konnte." „Ja, ich weiß. Dein Vater hat es dir trotzdem beigebracht." „Ja", seufzte ich, „weil er wusste, dass ich genauso war, wie er. Und dann hat er mir so viel vom Erebor erzählt, sodass ich eigentlich immer am Träumen war und nicht wirklich dort. Ich habe immer gedacht, ich brauche keine Freunde. Ich habe gedacht ich brauche niemanden." Ich zuckte mit den Achseln. „Und dann ist er gestorben. Ich hatte noch meine Mutter und Diana, aber das machte es nicht viel leichter. Ich meine, sie sind mir wichtig, aber es hat sich angefühlt, als wären mit ihm meine Träume gestorben. Obwohl ich das ohne sie wahrscheinlich überhaupt nicht geschafft hätte."

Ich verstummte. Die Erinnerungen waren nicht sehr angenehm. „Deswegen bin ich mit Diana losgezogen. Ich musste fort sonst wäre ich irgendwann verrückt geworden", sagte ich scherzhaft. Er lächelte. „Ist es komisch wenn ich sage, dass ich mich darüber freue?" „Ach was." Ich ließ mich auf das Bett fallen und seufzte. „Ist auch egal. Hauptsache wir sind jetzt hier."

„Stimmt. Hauptsache wir sind hier", sagte Fili lächelnd und setzt sich neben mich. Ich blinzelte zu ihm hoch. Sein Blick war in die Ferne gerückt und ich konnte nur sein Profil erkennen, das von dem warmen Licht der Fackeln beleuchtet wurde. „Bei dir ist das ein bisschen anders oder?", fragte ich leise. „Thorin hat dir das alles hier hinterlassen." Fili nickte. „Er hat immer nur vom Erebor geredet. Auch wenn er uns ein gutes Leben in den blauen Bergen errichtet hat. Es war ein wirklich gutes Leben und ich glaube er hatte nicht immer vor, den Berg zurück zu gewinnen. Davon geträumt hat er aber sicherlich. Ich bin einfach nur froh, dass er es geschafft hat, bevor...du weißt schon. Ich versuche es so gut zu machen wie ich kann. Und ich hab ja dich. Dann geht alles ein bisschen leichter."

Ich berührte ihn am Arm und lächelte. „Ich mache doch gar nichts." Er drehte sich zu mir und küsste mich sanft. „Aber du bist hier. Das reicht mir schon." „Dann bist du ja ziemlich anspruchslos", gab ich zurück. „Ich habe einen ganzen Berg voll Gold und der Berg gehört praktisch auch mir. Was sollte mir sonst noch fehlen?", fragte er grinsend. „Na das stimmt auch wieder." „Obwohl ich mit dir überall glücklich wäre. Ganz egal wo. Ich würde alles hier für dich hinter mir lassen und mit dir hingehen, wo du willst." Ein warmes angenehmes Prickeln lief durch meinen Körper und ich lächelte.

„Naja. Jetzt bin ich ja hier, bei dir. Du musst nichts für mich zurück lassen, ich werde hier nicht weggehen", sagte ich leise. „Ich lasse dich auch nicht so einfach ziehen", murmelte er und küsste mich noch einmal. Ganz sanft und behutsam, als könnte ich zerbrechen, drückte er mich zurück auf die Decke, während seine Lippen sich nicht von meinen lösten. Meine Finger vergruben sich in seinem Haar und plötzlich musste ich in den Kuss hinein lächeln. Ich war so glücklich wie noch nie.

Ich hatte mein Zuhause gefunden. Den Ort an den ichgehörte. Nun war ich endgültig dem Nebel der Trauer und den Wolken der Sorgeentflohen, die lange mein Leben überschattet hatten. Endlich hatte ichdenjenigen gefunden, ohne den ich nicht mehr Leben konnte, aber der mich soglücklich machte wie niemand sonst es vermochte. Ich hatte meine eigene Sonnegefunden, die nur für mich schien. Die mich wärmte und mir ein Lächeln auf dieLippen zauberte. Die jeden Tag zu einem wunderschönen warmen Sommertag machte.     


Die Sonne wird wieder für uns scheinen (Fili FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt