8.Kapitel

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~Am Fuße des Berges ~

Am nächsten Morgen war frühe Abreise angesagt.
Das hieß, ich war noch hundemüde, als Diana mich grob aus dem Bett schmiss. Und mit schmeißen meine Ich schmeißen.
Sie hatte mir die Decke geklaut und ich wollte nicht aufstehen, also war sie kurzerhand auf das Bett gestiegen und hatte mich runter gerollt.
Naja, danach war ich wach.
Man hatte uns an diesem Morgen unsere Waffen wieder gegeben, wenn auch unter einem strengen Blick, und neue Reisekleidung.
Ich trug jetzt mein dunkelgrünes Oberteil, das fast die gleiche Farbe wie meine Augen hatte. Es war nur etwas dunkler und ließ meine Augen heller und intensiver aussehen. Ansonsten war die ganze Kleidung recht dunkel in Braun und Schwarztönen gehalten, eben praktische Kleidung und das war genau, was wir brauchten. Ich hatte es mir ja nicht nehmen lassen, meine eigene Kleidung wieder anzuziehen und sie hier nur waschen zu lassen.
Natürlich musste ich erstmal meine restlichen Sachen zusammen suchen, während Diana hinter mir stand und mich hetzte.
Trotzdem kamen wir pünktlich in die Halle.
Nur Bofur und Bilbo fehlten noch. Thorin sprach derweil mit dem Bürgermeister und bekam nicht mit, dass zwei zu spät kamen.
"Und seid ihr bereit für ein neues Abenteuer?", fragte Balin.
"Auf jeden Fall."
Er lächelte uns gutmütig an.
„Ich kann es kaum erwarten den Erebor zu sehen. Ich, also, wir haben ihn bisher nur von weitem gesehen." Ich tauschte einen Blick mit Diana, die mir kurz zulächelte.
"Er ist unglaublich." Er hatte mir vor drei Tagen von der Zeit erzählt, die er im Erebor verbracht hatte. Es hatte nur noch mehr Sehnsucht in mir geweckt.
Bilbo kam die Treppe herunter gehopst und trug einen neuen Mantel von der Seestadt. Ich musste mich noch an den Anblick gewöhnen, dass Bilbo keine Schuhe an seinen haarigen Füßen trug.
„Jetzt fehlt nur noch Bofur."
"Er wird gleich kommen", tief Bilbo und stellte sich zu unserer Gruppe.
Im selben Moment beendete Thorin sein Gespräch. "Wir gehen."
Seine Stimme hallte durch den Raum und schon gingen alle los.
"Sollte ihm nicht jemand wegen Bofur Bescheid sagen?", fragte Diana sofort.
"Ich mach das schon." Balin bahnte sich einen Weg nach vorne zu Thorin.
Ich folgte mit Diana hinter den anderen und warf einen Blick zurück. Hatte Thorin denn nicht gemerkt, dass jemand aus unserer Gruppe fehlte?
Bilbo gesellte sich zu uns und Diana verwickelte ihn sofort in ein Gespräch. Ich hielt mich lieber daraus und folgte den anderen schweigend.
Draußen standen viele Leute aus der Seestadr und jubelten uns zu, wie wir zu den Boden stampften. Einige der Zwerge genossen dir Aufmerksamkeit sichtlich, doch Thorin beachtete sie kaum und ging auf direktem Weg zu den Booten.
Es gab drei Stück mit denen wir alle fahren würden und am Ufer würden wir Ponys vorfinden.

Alle begannen sich auf die Boote zu verteilen und ich versuchte einen Blick auf sie zu erhaschen, um ein Boot zu finden, auf dem noch Platz war.
Da streckte Fili auch schon seine Hand aus und ich nahm sie und ließ mir von ihm auf das Boot helfen.
"Danke." Ich lächelte kurz und wollte mich hinsetzten, aber das Boot war so verdammt wackelig, dass ich sofort mein Gleichgewicht verlor.
Zwei starke Hände hielten mich fest, sodass ich nicht umfiel.
"Sei vorsichtig", warnte Fili und zog mich hoch.
Er war auf einmal so dicht. Sein Gesicht so nah an meinem.
"Ich...Ich passe auf." Ich war ihm so nah, es fühlte sich an als ob ich ihn spüren könnte. Als wäre dieses Licht das ihn umgab nicht bloß Licht sondern spürbar, greifbar und berührte mich. Und Seine Augen...seine schönen blauen Augen, wie ein stürmischer Ozean und doch voller Wärme und Liebe.
Und dann ließ er mich plötzlich los und riss mich aus meiner Trance.
Oh Durin, war das peinlich.
Hatte ich ihn gerade wirklich wie ein verknalltes Mädchen angestarrt?
Ich lächelte kurz und setzte mich dann ganz schnell hin, damit ich nicht nochmal das Gleichgewicht verlor.
Ich wusste ja, dass diese Boote zu nichts gutem führten. Deswegen hatte ich auch nie eins betreten. Gut, ich hatte auch nie die Wahl gehabt ider einen Grund dafür, aber trotzdem. Man sah ja wohin das führte!
"Was war das denn eben?", fragte Diana leise mit einem Grinsen.
"Ach, sei bloß still, ich weiß selbst wie peinlich das war", gab ich etwas zu harsch zurück.
Aber sie musste mich nicht auch noch darauf hinweisen, ich war ja nicht blöd. Sie lachte leise, sagte aber nichts mehr. War auch besser so.
Ich konzentrierte mich stattdessen auf diese Szene vor mir.
Kili stand bei den Vorräten und sprach mit Thorin und gestikulierte dabei wild mit den Händen.
Ich würde also ein Boot mit Thorin teilen. Na, hoffentlich würde ich nicht mitten auf der Fahrt aufstehen müssen.
Wenn ich mir nur vorstellte, mein Gleichgewicht zu verlieren und Thorin über den Haufen zu fallen, wurde mir schon schlecht. Ich würde am besten sitzen bleiben und mich kein einziges Mal bewegen, das war sicherer für alle Beteiligten.
Stattdessen machte ich einfach weiter und beobachtete Thorin, Fili und Kili.
Sie hatten Waffen von den Menschen bekommen, Schwerter und Äxte, und Reisekleidung.
Thorin legte eine Hand auf Filis Schulter und gab ihm leise irgendeine Anweisung, dann verließ er kurz das Boot.
"Cara, rede mit mir", sagte Diana.
"Und was soll ich mit dir reden?"
"Weiß ich nicht, aber wir müssen uns ja nicht anschweigen."
"Was soll ich denn groß sagen?", grummelte ich. Ich war einfach nicht in der Stimmung mit irgendwem zu reden.
"Dann eben nicht."
Sie stand auf - ich beneidete, wie sicher und standfest sie war - und gesellte sich zu Fili und Kili.
Fili kontrollierte, was alles auf dem Boot war und schenkte Diana nur sekundär Beachtung. Kili hingehen ließ praktisch alles stehen und liegen, um Diana seine volle Aufmerksamkeit zu widmen. Wahrscheinlich machte er sich keine Sorgen, wozu auch?
Bald beteiligte Fili sich an Dianas und Kilis Gespräch. Ich schaute mich derweilen um und versuchte mich mental auf eine wacklige Reise vorzubereiten.
"Carana!", rief Fili auf einmal. Ich drehte den Kopf und sah zu ihm herüber. Alle drei sahen mich an.
"Was?"
"Willst du nicht herkommen anstatt alleine zu sitzen?"
"Ach lass mal, ich komme schon klar."
Diana sagte leise etwas, was ich nicht verstehen konnte. Bevor noch jemand von uns etwas sahen konnte, betrat Thorin das Boot, gefolgt von ein paar Ruderern der Seestadt.

"Wir fahren jetzt los", kündigte Thorin an und stellte sich ganz selbstverständlich an den Bug.
Die Ruderer setzten sich auf ihre reservierten Plätze und Fili setzte sich neben mich.
"Ist alle in Ordnung?", fragte er.
"Ja, alles bestens. Was soll sein?"
"Ich weiß nicht, deswegen frage ich dich ja."
Wieso müssten immer alle nachfragen? Konnte man nicht auch einmal akzeptieren, dass ich nicht reden wollte?
"Es ist alles gut", gab ich genervt zurück. Fili schwieg und das Boot setzte sich in Bewegung. Es schaukelte noch viel mehr als erwartet, das konnte eine unangenehme Fahrt werden.
Und ich war viel zu sehr damit beschäftigt, mir Sorgen zu machen, als das ich sagen konnte, wie lange Fili und ich uns anschwiegen.
"Geht es dir gut? Du siehst ganz blass aus?", fragte Fili und musterte mich besorgt.
Ob es mir gut ging?
Auf keinen Fall.
Aber ich sagte nichts, weil ich Angst hatte ich würde mich übergeben wenn ich den Mund auf machte. "Carana?"
Ich konzentrierte mich und befahl meinen Magen jeglichen Inhalt zu behalten, und öffnete den Mund. "Mir ist schlecht."
"Warum?"
"Das Boot."
Fili runzelte die Stirn in Unverständnis.
"Es schaukelt."
Für längere Sätze hatte ich nicht den Mut und ich wollte auch nur meine Ruhe haben und diesen Höllenritt hinter mich bringen.
Einer der Seemenschen, der neben uns saß lachte. "Du bist Seekrank. Verträgst das Schaukeln nicht. Das gibt's immer mal wieder."
Sollte mich das jetzt beruhigen? Ich wusste nicht wie.
Ich verzog eine Grimasse in Richtung des Menschen, weil ich für mehr keine Lust und Kraft hatte.
"Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte Fili.
"Nein. Lass mich einfach in Ruhe."
Und tatsächlich ließ er mich in Ruhe, wofür ich sehr dankbar war.
Wir fuhren eine Weile über den See und ich sprach kein Wort. Ich saß einfach da und hoffte dass es nicht mehr weit war.
Aber die Minuten oder wohl eher Stunden zogen sich hin und als wir endlich am anderen Ufer ankamen, fühlte ich mich als wäre ich Tage unterwegs gewesen.
Sobald das Boot angelegt hatte stand ich auf und wollte es nur noch verlassen. Es wackelte als ich Aufstand, znd ich griff nach dem nächstbesten, was mir in die Finger kam. Was Fii war, wie ich feststellte, als ich aussah. Hastig lockerte ich den Griff um seinen Arm und war nur froh, dass ich mich nicht Thorin gekrallt hatte.
"Lass mich dir helfen", sagte er und als ich nicht antwortete sah er das als ein ja.
Aber ich wollte mich nicht vor Thorin blamieren, der zwar noch auf den Bug stand, sich aber bereits zu uns umgedreht hatte und über das Boot sah.
Ich griff unauffällig nach Filis Hand -und zerquetscht sie dabei möglicherweise - und er gab mir etwas Hilfe von diesem Boot herunter zu kommen.
Als ich endlich festen Boden unter den Füßen hatte atmete ich erst einmal tief durch. "Danke, Fili."
"Kein Problem." Er lächelte, bevor er sich dem Boot zuwandte und anfing es zu entladen.
Ich wollte es nicht nochmal betreten, aber ich nahm die Sachen an und brachte sie zu den Ponys, die man uns bereit gestellt hatte und belud sie. Ich musste mich schließlich auch nützlich machen.
Die anderen Zwerge packten auch mit an und schon nach kurzer Zeit waren die Boote bis auf die Ruderer leer und die Ponys voll beladen. Einige trugen alleine unsere Vorräte, während für jeden von uns ein Pony da war.
Erst jetzt fiel mir ein, dass wir ja eben auf Bofur gewartet hatten, aber offenbar hatte er es noch geschafft, denn er war hier.
Thorin sprach noch mit den Menschen, also warteten wir und schauten uns auf dem kargen Land um. Es war ziemlich trocken und trostlos, ein paar verkrüppelte Sträucher am Wegesrand war alles. Was es zu sehen gab. Vor uns ragte der Berg einsam und kahl in den Himmel und schien uns zu drohen.

"Wir sind fast da", sagte Balin hinter mir, der genau wie ich zum Berg sah. "Das ist unglaublich. Wir kommen immer weiter zum Berg und je näher wir kommen, desto unwirtlichen erscheint es mir."
Balin lächelte. "Ich weiß, was du meinst. Ich habe die ganze Zeit daran gezweifelt, dass wir es schaffen könnten den Berg zu erreichen. Aber jetzt sind wir da."
"Du hast an Thorin gezweifelt?", fragte ich und zog eine Augenbraue hoch.
"Nicht an Thorin. Aber daran, ob es überhaupt möglich ist, diese Queste Lebens zu durchstehen."
"Noch ist es nicht überstanden", sagte Dwalin hinter uns und recht hatte er damit.
Aber auch sein sehnsüchtig Blick entging mir nicht, was Kein Wunder war, wo er und Balin damals dort gelebt hatten.
"Lasst uns weiter ziehen. Wir haben nur noch wenige Tage bis zum Durinstag und die Tür ist noch nicht gefunden.", sagte Thorin mit seiner üblichen strengen Stimme, aber seine Augen glänzten und ich konnte sehen, dass er sich freute.
Wir stiegen alle auf die Ponys und ritten los, immer in Richtung Berg. Nur langsam kamen wir voran, aber wir kamen voran und ich wusste nicht, ob ich mich auf den Berg freuen oder mich davor fürchten sollte.

Die Sonne wird wieder für uns scheinen (Fili FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt