kapitel 19 : zeit für spielchen

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Als sie schließlich an der Hütte am Ufer des trüben Flusses anlegten, war die Dunkelheit bereits über den Dschungel hereingebrochen. Der Nebel, der den Boden sanft umhüllte, wirkte wie ein Schleier, der die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen ließ. Das Licht der flackernden Lampen, die rund um die Hütte verteilt waren, schien durch den Dunst zu tanzen und warf gespenstische Schatten auf die umstehenden Bäume. Es war eine Nacht, in der die Welt stillzustehen schien, nur das leise Zirpen der Grillen und das Flüstern des Windes durch das dichte Blattwerk unterbrachen die tiefe, fast erdrückende Stille. Nanami sah zu Jack, der sich in diesem Moment sichtlich unwohl zu fühlen schien, auch wenn er es zu überspielen versuchte. Sein Blick wanderte immer wieder zur Hütte, als wäre er sich nicht sicher, was ihn dort erwartete. Aber sie spürte es auch – das flackernde Unbehagen, das sich in ihrem Inneren breit machte. Ihr Herz schlug schneller. Was würde geschehen, wenn *sie* sie erkannte? Würde Tia Dalma sie hinauswerfen? Oder vielleicht... sie mit offenen Armen empfangen?

„Keine Sorge, Kameraden," sagte Jack plötzlich und riss Nanami aus ihren Gedanken. Sein gewohnt selbstsicheres Lächeln war aufgesetzt, aber sie erkannte das Zucken in seinen Mundwinkeln, das seine Unsicherheit verriet. „Tia Dalma und ich sind alte Freunde. Nahezu unzertrennlich, ein Herz und eine Seele." Er hielt kurz inne und fügte dann hinzu: „Waren wir jedenfalls. Früher." „Das ist eine Information, auf die ich gut hätte verzichten können," murmelte Nanami und stieg vorsichtig aus dem schwankenden Beiboot. Die steinigen Ufer waren nass und rutschig, und der Nebel ließ alles unwirklich erscheinen. Sie warf Jack einen scharfen Blick zu, bevor sie sich dem Pfad zur Hütte zuwandte. „Ich passe hier hinten auf," sagte Gibbs, der am Ruder geblieben war. „Vorne macht mir mehr Sorgen," erwiderte Jack leise, fast mehr zu sich selbst, als er Nanami folgte. Kaum hatte er die knarrende Tür der Hütte aufgestoßen, durchbrach ein Lachen die gespannte Stille.

Eine Frau stand mitten im Raum, leicht gebeugt, als hätte sie auf diesen Moment gewartet. Ihre dunklen Augen funkelten im Schein des schwachen Kerzenlichts, und ein breites, geheimnisvolles Grinsen legte sich auf ihre Lippen, als sie Jack ansah. „Jack Sparrow," entfuhr es ihr, ihre Stimme tief und rauchig, wie der Wind, der durch die Mangroven flüsterte. Ihre Worte waren einladend und gleichzeitig gefährlich, als könnten sie sowohl Süße als auch Tod versprechen. „Tia Dalma," erwiderte Jack, seine Stimme schwächer, als Nanami ihn je zuvor gehört hatte. Es war, als hätte der Nebel alle seine sonst so überhebliche Selbstsicherheit verschluckt. Tia Dalma war eine Erscheinung wie aus einem anderen Zeitalter, ein Wesen, das tief mit der Magie und den Mythen des Meeres und des Dschungels verbunden schien. Ihr Haar war zu dicken, wilden Zöpfen geflochten, in denen Knochen, Federn und kleine Muscheln verflochten waren. Jeder ihrer Schritte war von einem leisen Rascheln und Klirren begleitet, als würden die Geister der Natur ihr heimlich folgen. Ihre Haut war dunkel, von der Sonne und dem Wind gegerbt, und ihre Augen strahlten eine tiefgründige Weisheit aus – die Art von Wissen, die Jahrhunderte der Geheimnisse in sich trug.

Ihr Gewand, aus grobem Leinen und braunen Tüchern, hing lose um ihren schlanken Körper. Es war übersät mit Symbolen und Amuletten, die ihre Rolle als Priesterin und Heilerin verdeutlichten. Ein eigenartiger Duft lag in der Luft – eine Mischung aus Salz, Kräutern und etwas Dunklem, Undefinierbarem, das an die Tiefe des Ozeans erinnerte. Nanami spürte, wie ihre Kehle trocken wurde. Würde Tia Dalma sie erkennen? Ihr Blick glitt vorsichtig zu der geheimnisvollen Frau, aber Tia Dalma hatte die Augen nur auf Jack gerichtet, als wäre er der einzige, den sie in diesem Moment wahrnahm. „Ich wusste ja, der Wind führt dich eines Tages wieder zu mir." Ihre Stimme klang vertraut, aber da lag ein unterschwelliger Spott darin, als wüsste sie längst, warum er gekommen war.

Jack zögerte, seine Lippen bereits zu einem charmanten, wenn auch unsicherem Lächeln geformt, als Tia Dalmas Blick plötzlich von ihm abglitt und auf Will fiel. Ihre Augen verengten sich, als ob sie tief in seine Seele blicken würde. Ein Lächeln, geheimnisvoll und wissend, legte sich auf ihre Lippen. Sie trat einen Schritt näher, ihre Bewegungen geschmeidig und fast unheimlich, als ob sie den Raum mehr schwebend als gehend durchquerte. „Du..." Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch sie hatte eine Macht, die den Raum erfüllte. „Du hast etwas Schicksalhaftes an dir, William Turner." Will, überrascht, blinzelte und runzelte die Stirn. „Du kennst mich?" Seine Stimme zitterte leicht, vielleicht vor Neugier, vielleicht vor etwas Tieferem, etwas Unbehaglichem. Tia Dalma lächelte noch breiter, trat näher an ihn heran, fast so nah, dass er ihren Atem auf seiner Haut spüren konnte. Ihre Augen funkelten im schwachen Licht, als ob sie in ihm mehr sah als nur den Mann, der er zu sein schien. „Du möchtest mich kennenlernen," raunte sie und ließ jedes Wort wie eine Prophezeiung klingen, die auf etwas Unausweichliches hindeutete. Will schluckte hart, die Anziehungskraft ihrer Worte schien ihn zu fesseln, als ob sie ihn in eine Welt zog, die er kaum verstand.

NANAMI || ᵗʰᵉ ᵖⁱʳᵃᵗᵉˢ ᵒᶠ ᵗʰᵉ ᶜᵃʳⁱᵇᵇᵉᵃⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt