kapitel 40 : nur bei sonnenuntergang

22 5 0
                                    

Nanami lehnte an der Reling der Black Pearl, die kalte Brise der Nacht umspielte ihr Gesicht und sorgte dafür, dass die frische Seeluft ihre aufgewühlten Gedanken ein wenig beruhigte. Der Mond schien hell am Himmel und warf silberne Streifen auf die Wellen, die sanft gegen das Schiff schlugen. Das Geräusch war beruhigend, fast hypnotisierend, und doch schien die Dunkelheit um sie herum eine andere Geschichte zu erzählen. Sie starrte ins Wasser, verloren in den Gedanken, die sich um die Ereignisse der letzten Tage drehten. Jacks Stimme hallte in ihrem Kopf wider, seine versichernden Worte, die sie so oft getröstet hatten, während die Schatten ihrer Ängste über ihr schwebten. Aber in dieser stillen Nacht war der Schmerz wieder zurückgekehrt, ein ständiger Begleiter, der ihr die Luft zum Atmen raubte.

Plötzlich bemerkte sie etwas im Wasser. Am Anfang war es nur ein verschwommenes Bild, doch als ihr Blick schärfer wurde, konnte sie die Umrisse erkennen. Es waren mehrere leblos im Wasser treibende Körper, ihre Gesichter bleich und stumm, von den Wellen sanft geschaukelt. Die Kälte der Erkenntnis schnürte ihr die Kehle zu. Nanami hielt den Atem an, das Herz schlug ihr bis zum Hals, während sie versuchte, die Grauenhaftigkeit des Anblicks zu begreifen. Tote. Sie hatte das Gefühl, als würde die Zeit um sie herum stillstehen. Ihr Magen drehte sich, und sie wollte wegsehen, aber die schreckliche Wahrheit hatte sie gefangen.

Sie hatte das Meer oft als Ort der Freiheit und des Abenteuers gesehen, doch jetzt offenbarte es seine dunkle Seite – die Gesichter der Verstorbenen, die von der See verschlungen worden waren, schienen aus einer anderen Welt zu stammen. Sie waren die Geister derer, die das gleiche Schicksal erlitten hatten wie sie, die, die von Davy Jones geholt worden waren oder die in der endlosen Dunkelheit des Meeres umgekommen waren. Die Tränen, die sie für einen kurzen Moment zurückhalten konnte, schossen ihr erneut in die Augen, doch sie wischte sie hastig weg. „Verdammtes Meer!" rief sie, die Wut in ihrer Stimme hallte wie ein Echo in der Nacht. „Was für ein Fluch hast du über uns gelegt?"

In diesem Moment spürte sie, wie sich die Welle der Trauer und Verzweiflung wieder in ihr aufstaute, eine Flut, die nicht mehr zu stoppen war. Sie konnte die Gesichter der Verstorbenen nicht vergessen, die stummen Schreie, die sie ansahen, als wollte das Meer sie anklagen. „Ich kann das nicht!" schrie sie in die Nacht, als ob das Meer ihr einen Teil der Schuld aufbürden wollte. Ihre Worte verhallten im Wind, nur um in der Dunkelheit verloren zu gehen. Sie fühlte sich so hilflos, so unbedeutend angesichts der Unendlichkeit des Ozeans und all der Seelen, die er verschluckt hatte.

In einem Anfall von Zorn und Verzweiflung griff sie nach der Reling, die Kälte des Holzes unter ihren Händen fühlte sich fast wie ein Leben rettender Halt an, während ihre Gedanken umherwirbelten. „Warum müssen wir immer kämpfen? Warum ist das Meer so gnadenlos?" Der Wind blies durch ihr Haar, und für einen Moment schloss sie die Augen, als würde sie versuchen, die Bilder aus ihrem Kopf zu verbannen. Aber die Traurigkeit war hartnäckig, und die Toten, die im Wasser trieben, hatten keinen Frieden gefunden. Sie spürte, wie die Dunkelheit um sie herum dichter wurde, und die Schatten der Vergangenheit schienen sich zusammenzuziehen.

Ein leises Geräusch hinter ihr ließ sie zusammenzucken, und sie drehte sich hastig um. Es war Will, der hinter ihr stand, mit besorgtem Gesichtsausdruck. „Nanami? Was ist los?" Ihr Herz schlug schneller, als sie ihm die Wahrheit nicht sagen konnte. Sie konnte ihm nicht von den Toten erzählen, von dem Schmerz, der ihr das Herz zerbrach. Stattdessen versuchte sie, ein Lächeln aufzusetzen, aber es war schwach und unaufrichtig. „Es ist nichts, Will. Ich habe nur... nachgedacht," erwiderte sie, ihre Stimme war leise, fast wie ein Flüstern. Will trat näher, sein Blick bohrte sich in sie, und sie wusste, dass er ihre Traurigkeit spüren konnte. „Du weißt, dass du mit mir reden kannst, oder?"

Sie nickte, doch die Worte blieben ihr im Hals stecken. In diesem Moment wollte sie nicht über die Toten sprechen oder über die Dunkelheit, die sie umgab. Sie wollte einfach nur in der Stille stehen, mit dem Meer im Hintergrund und dem Mondlicht, das auf die Wellen tanzte. „Ich... ich brauche nur einen Moment," sagte sie schließlich und wandte sich wieder dem Wasser zu, das wie ein tiefes, schwarzes Geheimnis vor ihr lag. Die Leichname waren verschwunden, und nur die Wellen erinnerten an die Grauen, die unter der Oberfläche lauerten.

NANAMI || ᵗʰᵉ ᵖⁱʳᵃᵗᵉˢ ᵒᶠ ᵗʰᵉ ᶜᵃʳⁱᵇᵇᵉᵃⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt