kapitel 31 : verdienen ihre ruhe

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Das dumpfe Geräusch ihres Bechers, der hart auf den hölzernen Tisch krachte, durchbrach die aufgeladene Stille in der Hütte. Alle Augen richteten sich abrupt auf Nanami, die mit funkelnden Augen und zusammengepressten Lippen aufsprang. Ihre Stimme schnitt durch die Luft, scharf und voller Entschlossenheit: „Die Toten sollten tot bleiben!" Für einen Moment herrschte betretenes Schweigen, als ob jeder versuchte, die Worte zu begreifen, die so unvermittelt aus ihrem Mund gekommen waren. Nanami zögerte keinen Augenblick länger. Mit einem wütenden Funkeln in den Augen schob sie den Stuhl zurück und eilte zur Tür hinaus, ohne sich umzusehen. Ihre Schritte hallten auf den knarrenden Dielen, und kurz darauf war nur noch das leise Quietschen der Tür zu hören, die hinter ihr ins Schloss fiel.

Draußen umfing sie die feuchte, kühle Luft des Sumpfes. Der Nebel war dichter geworden, und das fahle Mondlicht drang kaum durch das dichte Gewölk. Nanami hielt am Geländer der Hütte inne, das eher wie ein knorriger Ast aussah, der sich ins Nichts erstreckte. Sie legte ihre Hände fest auf das alte Holz, die Fingerknöchel weiß von der Anspannung, während ihr Blick in die neblige Ferne glitt. Ihr Atem ging schwer, und in ihrem Inneren tobte ein Sturm. Die Vorstellung, Jack zurückzuholen, fühlte sich für sie falsch an. Ein Spiel mit den Kräften, die jenseits der menschlichen Kontrolle lagen – Kräfte, die sie nur zu gut kannte und die immer einen Preis forderten. Einen Preis, den sie nicht bereit war zu zahlen.

Hinter ihr erklang ein leises Rascheln, und ohne sich umzudrehen, wusste sie, wer es war. Tia Dalma. Sie konnte ihre Präsenz spüren, bevor sie auch nur ein Wort sagte. Die Luft um die geheimnisvolle Frau war wie elektrisch geladen. Doch noch bevor Tia Dalma näher kam, zischte Nanami, ihre Stimme voller Bitterkeit und Abwehr: „Jetzt komm mir nicht mit Schicksal, Mutter." Das Wort „Mutter" lag schwer auf ihrer Zunge. Es war ein Wort, das so viel bedeutete, und doch klang es kalt und abweisend in diesem Moment. Ihre Zähne waren zusammengebissen, und sie drehte sich leicht zur Seite, immer noch das Geländer fest umklammernd, als ob sie Halt suchte in einem Meer aus Unsicherheit.

Tia Dalma trat näher, ihr Umhang wehte leicht in der kühlen Brise, doch sie sagte nichts. Ihre dunklen Augen ruhten auf Nanami, voller Verständnis und doch mit jener rätselhaften Tiefe, die sie stets umgab. „Es ist kein Spiel, Nanami", flüsterte Tia Dalma schließlich mit ihrer weichen, aber kraftvollen Stimme. „Das Leben... der Tod... sie sind zwei Seiten derselben Münze. Wir können wählen, auf welcher Seite wir stehen." Nanami schnaubte und wandte sich scharf um, ihre Augen voller Trotz. „Du redest immer so, als ob es so einfach wäre. Als ob alles vorbestimmt wäre! Aber was ist mit denen, die leiden müssen, weil du meinst, das Schicksal lenken zu können? Jack war bereit, sich zu opfern. Er hat seinen Weg gewählt! Und jetzt soll er einfach... zurückkehren, als ob nichts gewesen wäre?"

Tia Dalma schwieg eine Weile, ihre dunklen Augen blickten tief in Nanamis Seele. „Manchmal", sagte sie leise, „müssen wir erkennen, dass Schicksal nicht nur eine Kette ist, sondern eine Entscheidung, die wir selbst in den Händen halten. Jack hat viele Entscheidungen getroffen, und ja, er hat gelitten. Aber seine Geschichte... sie ist noch nicht zu Ende." Nanami drehte sich wieder ab, ihre Schultern zitterten leicht. „Und wenn wir ihn zurückholen, Mutter... was wird das mit uns machen? Mit mir?" Ihre Stimme brach fast, als sie die letzten Worte sprach.

Tia Dalma trat näher, legte ihre Hand sacht auf Nanamis Schulter. „Du fürchtest, was kommen könnte. Das verstehe ich. Aber es gibt Dinge, die jenseits unserer Angst liegen. Die Liebe, die du für diese Welt und für Jack empfindest, sie ist stärker als der Tod selbst." Nanami schüttelte den Kopf. „Du verstehst es nicht..." „Oh, ich verstehe mehr, als du denkst", sagte Tia Dalma sanft. „Und auch du wirst es bald verstehen." Nanami spürte die Tränen, die sich in ihren Augen sammelten, doch sie blinzelte sie fort. Es war eine Entscheidung, die getroffen werden musste, das wusste sie. Aber die Vorstellung, jemanden aus dem Tod zurückzuholen, war wie eine offene Wunde, die sie nicht heilen konnte.

NANAMI || ᵗʰᵉ ᵖⁱʳᵃᵗᵉˢ ᵒᶠ ᵗʰᵉ ᶜᵃʳⁱᵇᵇᵉᵃⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt