2 - Der Magie auf der Spur

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𝕋𝕙𝕖 𝕕𝕚𝕤𝕥𝕒𝕟𝕔𝕖 𝕓𝕖𝕥𝕨𝕖𝕖𝕟 𝕪𝕠𝕦𝕣 𝕕𝕣𝕖𝕒𝕞𝕤 𝕒𝕟𝕕 𝕣𝕖𝕒𝕝𝕚𝕥𝕪 𝕚𝕤 𝕔𝕒𝕝𝕝𝕖𝕕 𝕒𝕔𝕥𝕚𝕠𝕟

Lou Morris seufzte erleichtert. Sommerferien! Endlich! So schnell sie konnte, packte sie ihre Schulsachen zusammen und verließ den Klassenraum. Immer darauf bedacht, möglichst keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, schlängelte sie sich durch die Schülermasse. Nicht, dass sie Angst davor gehabt hätte, es mit anderen aufzunehmen, nein, Angst war nicht das richtige Wort. Es war mehr... Respekt. Innerlich fühlte sie sich durchaus in der Lage, dem zu trotzen. Nur fiel es ihr schwer, das auch nach außen hin zu zeigen.

Und überhaupt, wozu Streit anfangen, wenn es doch auch anders ging? Einer musste eben klüger sein. Und die Klügeren waren nur selten diese ach so tollen riesigen Idioten, die sich so aufspielten, als wären sie die Allerbesten. In Wahrheit waren sie nämlich einfach nur die, die ihr Gehirn offensichtlich irgendwo vergessen hatten ohne es zu bemerken.

Als sie die Straße entlangging, träumte sie sich weit fort, wie so oft. Irgendwohin, wo sie eben doch wirklich mutig sein konnte, einfach weil es dort anders war. Weil sie sich dort selbstsicherer fühlte. Weil sie dort hingehörte und sie selbst sein konnte. Irgendwo, wo Magie wirklich war. Oder, viel mehr, wo sie selbst auch in die magische Welt involviert war.

Lou selbst war davon überzeugt, dass es irgendwo Magie gab - aber was brachte ihr das, wenn sie selbst kein Teil davon sein konnte? Naja, dafür hatte sie schließlich ihre Bücher.

Ein Zweig in einem Baum bewegte sich. Bowtruckle, dachte das Mädchen, ohne zu zögern. Wenn es doch nur wirklich so wäre... Doch der Zweig wurde vom Wind zu Boden geweht und blieb reglos dort liegen, wie... naja, wie ein Zweig eben. Seufzend ging Lou weiter. Was hatte sie denn erwartet?

Ein schwarzer Hund lief vorbei. Ein Grimm, das war ihr erster Gedanke - bis sie bei genauerem Hinsehen feststellte, dass es sich um den Hund ihrer Nachbarin handelte. Vielleicht war es doch begründet, dass die anderen sie für seltsam hielten? Lous Blick folgte dem Hund und dann stutzte sie.

Da saß eine silbern getigerte Katze, die keinen Zentimeter zurückwich. War diese Katze lebensmüde?! Im Gegenteil, sie starrte den Hund direkt an. Dieser, davon verunsichert, trollte sich auch sogleich und verschwand durch die Hundeklappe im Haus von Lous Nachbarin. 

Eigentlich müsste das braunhaarige Mädchen nur noch wenige Meter weit gehen, dann wäre sie zu Hause. Sofern man das Waisenhaus eben als Zuhause bezeichnen konnte. Aber sie stand immer noch da wie angewurzelt und starrte die Katze an, die jetzt tatsächlich so wirkte, als würde sie das Straßenschild lesen. Aber das konnte nicht sein. Katzen lasen keine Schilder. Auch keine silbern getigerten Katzen. Auch keine silbern getigerten Katzen, auf die die Beschreibung von Minerva McGonagalls Animagusgestalt exakt passte.

Lou schüttelte den Kopf, um diese Gedanken loszuwerden. Sie machte sich nur selbst verrückt. Das war bloß ein Zufall. Die Leiterin ihres Waisenhauses sagte es ihr doch tagtäglich. Sie musste mit diesen Fantasien aufhören. Die Katze stand auf und schaute sie jetzt direkt an. Diese Augen... Sie waren viel zu intelligent, als dass sie zu einem gewöhnlichen Tier gehören könnten.

Dann wandte die Katze sich um und verschwand im nahen Wald - aber nicht, ohne sich zuvor noch einmal zu Lou umzuwenden und ihr einen eindringlichen Blick zuzuwerfen. Noch bevor das Mädchen überhaupt dazu kam, darüber nachzudenken, hatten sich ihre Füße bereits in Bewegung gesetzt. Aber nicht etwa zum Waisenhaus, wie sie das sollten, nein. Da wollte sie ohnehin nicht hin, denn im Waisenhaus durfte sie nicht mehr lesen, weil sie angeblich zu viel fantasierte. Alle Vernunft über Bord werfend folgte sie der Katze in den Wald.

Und wenn es nur Einbildung war, wenn ihre Fantasie wieder mit ihr durchging, was ja sehr wahrscheinlich war - sie wollte nur einen Moment lang so tun, als ob. So tun, als gäbe es Magie und sie könnte Teil dieser wundervollen Welt sein. So tun, als könnte sie ihrem absolut nicht zauberhaften Leben entfliehen. Nur für einen Augenblick...

Hidden ChangersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt