23 - Demeter

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Es ist normal Menschen zu verlieren. Denn weißt du, Menschen kommen und gehen. Das ist nun mal der Lauf der Dinge. Auch wenn uns diejenigen verlassen, die wir von ganzem Herzen geliebt haben, sind wir noch lange nicht verloren. Nein, genau diese Menschen bringen uns erst bei, was es bedeutet zu leben.

Der nächste Morgen überschüttete Athen mit einem Hauch von Rosa und Orange, als ich bereits drauf und dran war ein paar Geschäfte zu erledigen. Geschäfte, von denen ich Persephone lieber nichts sagen würde. Sie hatte den gestrigen Tag komplett durchgeschlafen. Mitten in der Nacht war sie kurz aufgewacht und hatte sich am Kühlschrank bedient. Ich wusste das, weil ich auf dem Lesesessel saß und plötzlich ihr sonnenrotes Haar im Licht des Kühlschranks aufleuchten sah. Sie leuchtete wie ein Feuerengel. Sie hatte sich eine Melone zurechtgeschnitten und war dann wieder in ihr Zimmer verschwunden.

Nachdem ich mich mit einer Mafioso-Gruppe getroffen hatte, um die nächste Drogenlieferung zu sichern, ging ich zurück in das kleine Küstenhaus, das ich für unseren Aufenthalt in Athen gemietet hatte. Naja, wenn man sieben Zimmer für klein hält... Vorsichtig betrat ich den Raum, wo Persephone immer noch tief und fest schlief - die Decke zwischen ihren Beinen geklemmt und ihre Haare wie das Rote Meer auf weißer Seide ausgebreitet.

Langsam ging ich auf das Bett zu und strich eine verirrte Strähne aus ihrem schönen Gesicht. Sie schlief so sanft wie eine Blume unter dem Sternenhimmel. „Mino...", nuschelte sie halbverschlafen und griff nach meiner Hand.
„Ich bin hier", wisperte ich und legte mich neben sie. Noch wollte sie nicht mit mir ein Bett teilen. Auch wenn sie das eigentlich musste, denn sie war meine Frau. Doch zwingen konnte ich sie auch nicht. Ich meinte, ich wollte nicht. Ich wusste nicht wieso es mir plötzlich so wichtig war, dass sie sich bei mir wohl fühlte. Vielleicht aus Angst, sie könnte verschwinden. So wie meist andere aus meinem Leben...

Schmunzelnd beobachtete ich sie, als sie sich an mich schmiegte und ihre Nasenspitze in mein Oberarm kuschelte. „Dea, du musst aufwachen", hauchte ich in ihr Ohr, „heute ist der Tag an dem du deine Familie und Freunde noch einmal besuchen kannst." Langsam öffnete sie ihre verschlafenen Augen und blickte in meine. Als sie realisierte an wen sie sich gerade festhielt, ließ sie abrupt von mir ab und sprang aus dem Bett.
„Mino...was machst du denn hier?", fragte sie mich noch etwas benommen. Sie fuhr mit der Hand durch ihre zerzausten Haare und suchte sich schnell etwas zum anziehen aus ihrem Koffer heraus.
„Brauche ich einen Grund, um nach meiner Frau zu sehen?"
„Nein..." Eilig schlüpfte sie in ein rotes Sommerkleid mit weißen Blüten, scheiterte aber daran den Reißverschluss hinten zuzuziehen. „Du hast mich nur erschreckt."

Ich stand vom Bett auf und schloss den Reißverschluss an ihrem Rücken. Kurz zuckte ihr Körper auf, als ich sie berührte. „Ich wollte dich nicht erschrecken, Liebes", raunte ich in ihr Ohr und gab ihr einen Kuss auf ihre Schulter. „Schon gut", murmelte sie und drehte sich zu mir um. Ihr hypnotisierender Blick ließ mich kurz erstarren. Was sie wohl dachte...dachte sie an gestern Abend? An das Feuer, das zwischen uns entfachte während ich in sie stieß? Was sie wohl fühlte...

„Wo möchtest du zuerst hin?", unterbracht ich ihre geheimnisvollen Gedanken. Verloren sah sie ich im Raum um, so als würde sie nach etwas suchen.
„Ich weiß nicht..." Ich legte beide Hände auf ihre Schultern, als sich ihre grasgrünen Iris erneut in meine verfingen. Ihre Atmung wurde ruhiger. „Ich denke, ich würde zunächst meine Eltern besuchen wollen." Bestätigend nickte ich ihr zu.
„Gut. Adone wird dich zu ihnen fahren. Ich komme später nach."
„Wo gehst du hin?", fragte sie. War sie etwa besorgt um mich? Ihre zittrigen Lippen verrieten mir, dass sie sich tatsächlich um etwas Sorgen machte...
„Ich muss etwas erledigen, aber keine Sorge, mein Bruder bekam den Befehl dich zu beschützen."
Und danach werde ich höchstpersönlich für ihren Schutz sorgen...

MIA DEA - Göttin der MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt