14 - Warmes Wasser

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Ich hatte geschlafen wie Dornröschen. Nein, ich übertreibe ganz und gar nicht! Ich fühlte mich wie ein neuer Mensch. Endlich hatte ich wieder genug Kraft gegen diese bescheuerte Situation, in die ich unglücklicherweise hineingeraten war, zu kämpfen. Und ich rede von der Situation, dass ich einen Mann geheiratet hatte, der selbst nicht so richtig weiß, was er mit mir anstellen sollte. Und das war das gefährliche an dieser ganzen Misslage. Wie ich bereits Adonis gestern gebeichtet hatte, hatte ich Angst vor dem was als nächstes passieren würde.
Aber diese Angst durfte mich nicht überschatten.

In meinem Leben war ich schon so weit gekommen und das ganz ohne Hilfe. Mein Vater war ja bekanntlich ein Wrack und meine Mutter verbrachte seit Jahren mehr Zeit im Krankenhaus als bei uns Zuhause. Leider. Doch genau deswegen wusste ich, dass meine Chance hoch war alleine hier wieder rauszukommen. Mino hin oder her. Wenn er wirklich glaubte, dass ich mich ihm fügen würde, könnte er auch genauso gut aus dem Fenster springen. Nicht dass ich das irgendjemanden wünschen würde!

Auch wenn ich bereits wach war, verbrachte ich den gesamten Morgen im Bett. Ich beobachtete die Palme vor meinem Fenster, wie sie im Wind hin und her wedelte und die Vögel, die auf den Blättern landeten und wieder wegflogen. Die kräftige Sonne erhellte den ganzen Raum - gab mir genug Vitamin D für den Tag.
Anna - so hieß übrigens die zierliche Hausangestellte mit dem kurzen schwarzen Kleid und der weißen Schürze, der ich zuerst im Flur begegnet war - war so nett mir das Frühstück ans Bett zu bringen. Sie war auch diejenige, die mir freundlicherweise erklärte, dass ich mich in Neapel befand. Ich meine, HAALLLOO!! NEAPEL!!? Ich wollte schon immer nach Neapel! Natürlich unter anderen Umständen, doch was ich bisher gesehen hatte, bestätigte nur, wieso ich hier hin wollte. Welch Ironie, dass ich ausgerechnet aus dem Ort meiner Träume wieder verschwinden wollte.

Das Zimmer, dass Mino mir zugewiesen hatte, war perfekt. Als hätte er in meine Seele geblickt, war die Einrichtung genau in meinem Stil. Im Gegensatz zu seinem Schlafzimmer war dieses hier sehr hell eingerichtet. Das weiße Bett war ein großes Himmelbett, das mir so weich wie Zuckerwatte vorkam. Die Nachttische und die Kommode besaßen einen hellen Holzton. Überall standen kleine Pflänzchen in den schönsten Grüntönen. Die Decke war zwar kein Kunstwerk, doch dafür hing das Familienfoto von mir und meinen Eltern golden eingerahmt an der Wand. Es war das Foto, dass ich in die Hosentasche stopfte, bevor ich entführt wurde. Ich hatte es ganz vergessen, doch anscheinend hatte jemand in meinen Sachen herumgewühlt und es in meiner Jeans gefunden. Doch es war mir egal, denn diese Geste bedeutete mir viel. Nein! Nein! Nein! Wolltest du nicht diese Familie hassen, Persephone?!

Ich kippte den letzten Schluck Tee in meinen Rachen und machte es mir zur Aufgabe nach Valencia zu schauen, die ich gestern nicht mehr gesehen hatte. Nach der kleinen Schießerei hatte Stella mir versprochen sie in Sicherheit zu bringen, doch das musste ich mit eigenen Augen sehen. Ich sprang aus dem Bett und lief mit nackten Füßen durch den langen Flur, bis ich bei Valencias Zimmer ankam. Vorsichtig klopfte ich an der Tür, doch es regte sich nichts.  Auch als ich einfach hineintrat, war niemand anwesend. Ich verspürte einen leichten Druck in meiner Brust. Was konnte mit Valencia passiert sein? Wo war sie?

Panisch verließ ich ihr Zimmer und schaute mich im Flur um. Da sah ich Anna, die zufällig gerade aus meinem Zimmer herausgekommen war. Sie hatte das Silbertablet, von dem ich gefrühstückt hatte, unter ihrem Arm geklemmt und steuerte geradewegs auf die Treppe zu. „Anna!", rief ich. Sofort drehte sie sich um und kam mit geweiteten Augen eilig auf mich zu. „Signora Rinaldi! Ich hatte bereits nach Ihnen gesucht! Ist alles in Ordnung?" Ihre leise Stimme klang etwas hektisch.
„Naja, nicht ganz. Weißt du, wo Valencia ist?" Kurz überlegte das junge Hausmädchen. „Ah! Sie meinen Signorina Castaño. Natürlich. Sie ist schon seit gestern Abend mit Signorina Rinaldi aus dem Haus."
Valencia war also mit Stella weggegangen. Ich hoffe es geht ihr gut. Ich fasste mir erleichtert ans Herz und atmete tief ein und aus.

MIA DEA - Göttin der MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt