Drew hält noch immer meine Jacke in der Hand und sieht in diesem Moment so verloren und vor allem jung aus. Als wüsste er nicht, was er jetzt tun soll. Erschrocken stelle ich fest, dass ich bis auf seinen Namen nichts über ihn weiß. Wir sind noch weitere zwölf Monate verheiratet, werden zusammenwohnen. Tisch und Bett teilen. Und ich weiß rein gar nichts über ihn. Weil ich es nicht wollte. In Vegas habe ich mich so schnell es ging aus dem Staub gemacht. Drew wollte von Anfang an das ich bleibe und wir uns kennen lernen.
"Setz dich doch", sage ich und deute auf das Sofa. Etwas unsicher blickt er mich an und ich überbrücke den Abstand zwischen uns und nehme ihm meine Jacke aus den Händen. Noch immer leicht überfordert steht er da und bewegt sich nicht. Seine Mimik ist nicht schwer zu lesen. Zumindest für mich nicht. Überrascht, verunsichert.
"Hier wohnst du?", fragt er schließlich. Ich nicke.
"Hier wohne ich. Setz dich. Lass uns reden", sage ich und schenke uns beiden ein Glas Wasser ein. Mein Hals ist trocken, denn das kommende Gespräch bereitet mir doch Unbehagen. Das kühle Prickeln auf meiner Zunge ist herrlich erfrischend. Drew sitzt an dem anderen Ende des Sofas und dreht das mittlerweile leere Glas zwischen seinen Fingern. Eine Weile sitzen wir schweigend nebeneinander."Es ist nicht so gelaufen, wie du es dir vorgestellt hast, oder?" fragt Drew mit kratziger Stimme.
"Nein. Ganz und gar nicht. Aber wir müssen jetzt das beste aus der Situation machen." Zustimmendes Nicken von Drew signalisiert mir, dass er der gleichen Meinung ist.
"Und ich werde auf keinen Fall mit dir und deinem Bruder zusammenwohnen." Etwas angewidert verziehe ich das Gesicht. "Für eine WG bin ich zu alt."
Drew sieht mich an und seine blauen Augen nehmen mich gefangen. Wild flackernd tanzen die dunklen Pupillen umher, überdecken das strahlende blau. Die Zahnräder in seinem Kopf laufen unaufhörlich und die imaginäre Liste mit Fragen in seinem Kopf wird immer länger. Ich weiß nicht was es ist, aber Drews Mimik verrät ihn. Ich kann ihn lesen wie ein offenes Buch. Ein ungutes Gefühl beschleicht mich. Der Gedanke an die nächsten Monate bereitet mir Unbehagen."Wie alt bist du?", fragt Drew plötzlich und nun bin ich derjenige, der ihn verwirrt anschaut.
"Achtundzwanzig", antworte ich zögerlich. Drew schluckt schwer. Gibt es ein Problem?
"Bitte sag mir das du volljährig bist", platzt es panisch aus mir heraus.
"Ich bin Einundzwanzig", sagt Drew leise und knetet verlegen seine Hände.
"Gut." Eine bessere Antwort fällt mir gerade nicht ein. Wieder ist da dieses Schweigen. Die Stille legt sich wie eine wärmende schützende Decke um uns. Es verwirrt mich. Ich räuspere mich und zwinge mir ein Lächeln ab."Lass uns einfach die Zeit herumkriegen. Okay?", sage ich gespielt fröhlich und hoffe, dass Drew meine Scharade nicht bemerkt. "Komm ich zeig dir das Haus. Fangen wir hier unten an. Wohnbereich, wie du siehst. Einen Fernseher besitze ich nicht. Wenn du also Filme oder Trash-Dokus schauen möchtest, dann müssen wir uns etwas überlegen." Drew antwortet mir nicht. Stattdessen steht er auf und geht ein paar Schritte durch den Raum. Jeden Zentimeter scannt er mit seinen Augen. Ich verfolge seine Blicke und bemerke die veränderte Mimik, als er gedankenverloren zum Garten schaut.
"Die Küche findest du hier drüben. Klein aber fein. Ich koche ganz gerne. Ein kleines Bad mit Dusche ist rechts von dir." Beide Räume werden erkundet, ich beobachte ihn dabei und komme nicht umhin mich zu fragen, ob ich ihn in der Bar ansprach oder er mich. Diese Erinnerung ist nach wie vor für mich nicht greifbar.
"Schön. Gemütlich. Auch ohne Fernseher." Ein verschmitztes Lächeln legt sich auf seine Mundwinkel. "Du hast jede Menge Bücher. Liest du viel?""Das ist mein Job. Also ja. Ich lese viel." Interessiert schaut Drew mich an. Und wieder laufen die Zahnräder in seinem Kopf auf Hochtouren.
"Ich bin Journalist. Eigentlich. Aber ich hatte keine Lust in einem verstaubten lauten Großraumbüro mit anderen Journalisten zu sitzen. Die ersten Jahre war das mein Leben. Aber bald habe ich bemerkt, dass es nichts für mich ist. Die Konkurrenz, der Druck. Wer hat die Story als erstes? Wer bekommt die Titelseite? Und noch so einiges mehr. Im Literaturspektrum ist das anders. Ich habe schon immer viel gelesen. Und dann wurde die Stelle für die Buchreszensionen frei. Ich habe mich beworben und mein Boss war sofort begeistert von meiner Idee einen Blog und eine wöchentliche Kolumne zu schreiben."Mittlerweile stehen wir in meinem Schlafzimmer. Den Weg über hoch ins Obergeschoss war ich so vertieft in meine Erzählungen, dass ich wie selbstverständlich die Stufen emporstieg, das Badezimmer und mein Büro links liegen ließ und geradewegs auf das Schlafzimmer zusteuerte. Abrupt bleibe ich stehen und verpasse mir innerlich einen Tritt gegen das Schienbein. Fuck das Bild. Bei unserer Vorgeschichte hätte ich ihm diesen Anblick gerne erspart.
Mein Herz klopft wild gegen meine Brust und kurz habe ich die Befürchtung, dass Drew mir sämtliche Schimpfworte an den Kopf wirft, die er kennt.
"Du hast einen sinnlichen Körper Lewis", raunt Drew mir ins Ohr. Sein Atem schlägt heiß gegen meine Haut und erschrocken drehe ich mich um, als Drew leicht in meinen Hals beißt.Dabei prallen unsere Körper aufeinander und das Bier in seinen Händen verteilt sich auf unseren Shirts. Wann hat er sich die Flasche genommen? Hatte er sie die ganze Zeit dabei?
"Entschuldige", sage ich leise. Aber Drew lächelt einfach nur.
"Jetzt habe ich dich erschreckt", sagt er mit kehliger Stimme und diese schickt eine Welle Adrenalin durch meinen Körper. Ich meine mich zu erinnern, dass es genau diese Tonlage war, die mich so an ihm faszinierte. Und das einzigartige Blau seiner Augen."Wir sollten duschen", sagt Drew und holt mich zurück in die Gegenwart. Stumm nicke ich, drücke mich an ihm vorbei um frische Kleidung für uns zu holen. Dabei streift meine Hand seinen Penis und ich spüre das er hart ist. Das hier läuft in die vollkommen falsche Richtung.
"Ich weiß nicht, ob dir meine Klamotten passen du bist ein Stü..."
Mein Sprachzentrum verabschiedet sich in den Urlaub und lässt den Sex Modus die Vertretung übernehmen. Drew steht dicht vor mir. Oberkörperfrei. Sein nasses Shirt liegt irgendwo und es ist mir gerade auch egal ob es auf dem Bett oder davor oder in der Küche liegt.Mein Körper macht sich selbständig. Die Klamotten gleiten aus meinen Händen und stattdessen lege ich meine Fingerspitzen auf die weiche Haut an seinem Hals. Langsam fahren sie die kräftige Muskulatur nach, die Halsschlagader pocht heiß als ich sie berühre. Sein Körper trägt noch immer die Spuren unserer Hochzeitsnacht. Ganz blass, zart schimmern die Flecken, aber ich sehe sie deutlich vor mir. Meine Fingerspitzen kribbeln. Ich streichele über seine Brust und spüre das Heben und Senken, lausche seiner beschleunigten Atmung. Mit kreisenden Bewegungen umspiele ich seine Brustwarzen, sie stellen sich auf, sind hart und Drews Stöhnen katapultiert mich zurück in das Hier und Jetzt.
Mit sanften Druck schaffe ich einen Abstand zwischen uns der meinen Kopf wieder klärt. Drew schaut mich frustriert und traurig an. Eilig verlasse ich mein Schlafzimmer und schließe mich im Bad ein. Ich muss unter die Dusche. Ganz dringend. Ich bin schmerzlich geschwollen und das nur weil Drew stöhnt als würde es kein Morgen geben.
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Lost memory - suddenly marrried -
RomantizmZögerlich wende ich meinen Kopf und schaue auf die andere Hälfte des Bettes. Gebannt starre ich auf den Rücken eines Mannes mit schwarzen Haaren. Das Bild von Elvis flitzt durch meine Gedanken und ich schlucke trocken. Was ist bloß passiert? Ich bet...