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Die Erinnerung an unser Gespräch im Central Park schiebt sich wie die dunklen Gewitterwolken dieses Tages über mich. Ich sehe Drew und mich auf der rot-weiß karierten Picknickdecke hinter dem großen moosbewachsenen Felsbrocken sitzen. Drew der mit einer Traurigkeit in der Stimme, die ich bis dahin nicht von ihm kannte zu mir sprach und eine Geschichte über einen Kerl erzählte, der liebte und verletzt wurde. Einem Kerl mit Haaren so schwarz wie die finsterste Nacht und Augen so blau wie der strahlende Ozean. Einem Kerl mit einem Herzen aus Gold und einer Seele wie Silber. Ich habe Drews Schmerz so deutlich gespürt, dass mein Zorn auf seinen Ex nie verschwand. Bis heute trage ich dieses Gefühl mit mir herum. Und jetzt aus seinem Mund diese Worte zu hören, macht mich unendlich traurig und wütend. Drew vergleicht mich mit seinem eifersüchtigen prügelnden Exfreund. Bin ich das? Sieht er mich so?

Der Gedanke gefällt mir nicht und ich will gerade etwas sagen, da ertönt Drews Stimme. Er scheint wieder etwas gefasster und Herr seiner Sinne zu sein, aber kann auch täuschen. Das Zittern in seinen Händen hat nachgelassen und auch die Atmung geht ruhiger. Er ist noch nicht komplett aus seinem Schockzustand zurückgekehrt. Umso fester sind seine Stimme und die Bedeutung der Worte.
"Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sage. Aber du erinnerst mich gerade wirklich an Dexter. Und ich bin nicht bereit, den gleichen Fehler noch einmal zu begehen. Ich liebe dich Lewis. Aber gerade weiß ich nicht, ob das mit uns weiterhin Sinn macht. Du hast mich vom ersten Tag an verletzt und immer wieder von dir gestoßen. Immer war dir meine Nähe zu viel. Und immer habe ich versucht dir zu zeigen, wie wichtig du mir bist. Du bist wertvoll und so ganz anders als du dich gibst. Du lässt es nicht zu, dass dein Leben sich verändert. Aber wenn du das nicht tust, dann haben wir keine Zukunft. Immer stehst du im Mittelpunkt. Immer dreht es sich um dich. Um deine verletzten Gefühle. Um deine zerrissene Seele. Um dein gebrochenes Herz. Aber was ist mit mir?"

Ungläubig starre ich Drew an. Meine Augen treten fast aus ihren Höhlen. Ich kann kaum glauben was er mir gerade an den Kopf wirft. Gibt er mir die Schuld an dieser Situation? Er hat meinen Vater kontaktiert. Er hat über Vegas gelogen. Ich bin nicht wie Dexter.
"Versuchst du mir gerade zu sagen, dass ich an allem schuld bin? Mein Vater und dass er uns verließ? Dass es kein Mann mit mir aushält? Ich habe dir nie einen Grund gegeben mich anzulügen und doch hast du es getan. Dagegen war ich immer ehrlich zu dir. Du hast hinter meinem Rücken das Arschloch von Vater angerufen. Obwohl du wusstest, dass ich ihn hasse. Und jetzt erwartest du von mir, dass ich das gut finde und dich dafür feiere? Das kann ich nicht. Du hast mein Vertrauen missbraucht. Und dass du mir verschwiegen hast, dass du dich an die Nacht in Vegas erinnerst, hat das Fass einfach zum Überlaufen gebracht", antworte ich aufgebracht. Drew atmet tief ein und schließt für ein paar Sekunden die Augen.

"Und da fragst du mich ehrlich, was mit dir ist?" Geräuschvoll verlässt warme Luft seine Lunge und die gehobene Brust senkt sich wieder. Seine blitzenden blauen Iriden jagen einen eiskalten Schauer über meinen Rücken und mir wird schlagartig flau im Magen. Mein Herz schlägt wie wild und auch die Übelkeit kommt schleichend zum Vorschein. "Ich bereue es nicht. Das könnte ich nicht. Als ich die Bar betrat und dich allein mit einer Flasche Rum am Tresen sitzen sah wusste ich, dass ich dich will. Und ich bekam dich. Anders als erwartet, aber das ist mir egal. Ich bereue nicht dich geheiratet zu haben. Aber das was uns verbindet, ist nicht gesund Lewis. Wir drehen uns im Kreis. Immer wieder. Du sieht nur das, was du sehen willst. Und du hörst nur das, was du hören willst. Du gibst mir die Schuld? Es ist okay. Wenn es dir damit besser geht, dann soll es so sein. Aber ich ertrage das nicht länger. Du brichst mir das Herz Lewis Hurst. Und ich habe nur dieses eine."

"Drew..." Die dumpfe Wut ist gewichen, zurück bleibt Enttäuschung und Schmerz.
"Nein Lewis. Du hörst mir jetzt zu", sagt Drew beherrscht.
"Ich liebe dich. Aber ich kann das so nicht länger. Wenn du wieder klar und dir sicher bist, was du willst, ruf mich an. Dann treffen wir uns und reden. Es schmerzt einfach zu sehr und ist kaum zu ertragen."
Zögerlich macht er einen Schritt auf mich zu und stockt in seiner Bewegung. Er ist zerrissen, weiß nicht, ob er mich berühren soll oder nicht. Ich fühle mich genauso. Die eine Seite in mir schreit, dass nur er mein Herz heilen kann. Dass Drew meine Gegenwart und die Zukunft ist. Der dunkle Teil in mir schreit lauter. Er hat mich belogen und mein Vertrauen missbraucht. Alles wiederholt sich. Immer ist es ein Mann, den ich liebe, der mich hintergeht.

Lost memory - suddenly marrried -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt