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"Die Hochzeit ist heute." Eine Feststellung, keine Frage. Natürlich ist sie heute. Drew hat im Central Park mit Cole darüber gesprochen. Schlagartig verwandeln sich die Fragezeichen über meinem Kopf in Ausrufezeichen. Und ein dicker grell pinker Leuchtpfeil kommt blitzschnell um die nächste Ecke geschossen und schiebt sich ohne Rücksicht auf Verluste zwischen die weißen Ausrufezeichen. Hell pulsierendes Licht lenkt meine gesamte Aufmerksamkeit auf den Pfeil der Erkenntnis. Isabel hat mich eingeladen. Sie möchte, dass ich Drew begleite. Aber Drew hat nicht ein Sterbenswörtchen darüber verloren. Unzählige Gespräche in den letzten Wochen und nicht ein Wort über die Hochzeit. Ich habe nicht nachgefragt, denn es hat mich schlichtweg nicht interessiert. Dennoch schmerzt die Tatsache, dass Drew mich nicht dabeihaben möchte. Dass er nicht ein Wort sagte.

Der Schmerz wird zu Enttäuschung und aus Enttäuschung wächst Zorn. Aber gegen wen richtet sich dieser Zorn? Isabel, weil sie mich einfach eingeladen hat? Obwohl die Situation zwischen Drew und mir alles andere als einfach ist. Nein. Sie hat es bestimmt nur gut gemeint. Mich? Weil ich nicht gleich nach belauschen des Gespräches das Thema vertiefte? Vielleicht. Dennoch. Es war nicht der richtige Moment. Gibt es denn überhaupt einen richtigen Moment? Selten. Etwa Drew, weil er mich nicht dabeihaben möchte? Aus mir unerfindlichen Gründen schämt er sich für mich. Offensichtlich. Denn anders kann ich mir sein Verhalten nicht erklären. Wenn seine Schwester mich einlädt, hätte ich ihn auch als einen Freund begleiten können. Dem Stände nichts im Wege...

"Lewis." Mir rutscht das Herz in die Hose, Jordan schreit lautstark in den Hörer. Ich zucke leicht zusammen und kann gerade so verhindern, dass ich aufschreie wie ein Mädchen. Wie tief war ich wieder in meinen Gedanken gefangen?
"Lewis Sutton? Erde an Lewis Sutton." Der Tonfall seiner Stimme, wie Jordan meinen Namen ausspricht, gefällt mir ganz und gar nicht. Der Sarkasmus fließt meilenweit den Berg hinunter ins Tal der Blöden. Was denkt er sich eigentlich?
"Hurst. Ich heiße jetzt Hurst", sage ich seufzend und wische mir müde über das Gesicht.
"Genau. Ich nenne dich erst so, wenn du nüchtern und bei klarem Verstand mit Drew am Altar standest und ihm dein Ja-Wort gegeben hast. Ohne Elvis", sagt er abwertend und wieder verdrehe ich seufzend die Augen.

"Okay. Lassen wir das. Bist du fertig? Denn ich würde jetzt gerne ein Bad nehmen", beende ich das Thema. Doch Jordan lässt nicht locker. So ist er nicht und zu meinem Leid die Aufrichtigkeit in Person.
"In Selbstmitleid? Versuch nicht es zu leugnen. Ich kenne dich seit dem Tag unserer Geburt. Du kannst mir nichts vormachen." Nein, das konnte ich noch nie.
"Du bist ein schrecklicher Freund."
"Ich bin der Beste. Und du bewegst jetzt deinen süßen Hintern nach oben ins Bad und machst dich fertig. Danach ziehst du deinen besten Anzug an und fährst zu der Hochzeit. Bennett hat die Adresse."

"Das kann ich nicht machen", antworte ich panisch.
"Warum nicht?", fragt Jordan ernst und sofort schießen mir Bilder von Drews wutverzerrtem Gesicht in den Kopf. Drew der mich mit seinen blauen Augen zornig anfunkelt und mir alle möglichen Gemeinheiten an den Kopf wirft, weil ich die Hochzeit seiner Schwester ruiniert habe. Er will mich nicht dabeihaben. Klarer hätte er es nicht ausdrücken können.
"Ich kann ja wohl schlecht die Kirche stürmen. Wie sieht das denn aus? Lewis der Hochzeitscrasher, der enttäuscht von seinem Ehemann-den-er-nicht-haben-will ist? Nein. Auf keinen Fall. Außerdem habe ich keinen Smoking. Drew trägt einen Smoking." Stille am anderen Ende. Stille bei Jordan ist immer ein Zeichen von Enttäuschung.
"Pack zusammen was du brauchst und komme her. Ich leg dir Bennetts Smoking raus. Ihr habt die gleiche Größe. Sei nicht so ein Feigling Lewis. Du solltest darüber nachdenken, warum Drew dich nicht dabeihaben will."

"Wir haben uns geküsst", sprudelt es plötzlich aus mir heraus. Erleichterung legt sich über mich. Seit zwei Wochen trage ich dieses Geheimnis mit mir herum. Ich war zu feige es meinen zwei besten Freunden zu erzählen. Nach unserem Kontrollverlust am Abend des Barbecue hat Jordan ein ernstes Wort mit mir geredet. Er ist dagegen, dass wir uns nicht beherrschen können. 'Wie Teenager die keine Kontrolle über ihre Hormone und Triebe haben.' Das waren seine Worte. Irgendwo hat er auch recht. Allerdings war es mir plötzlich unangenehm von dem Kuss zu erzählen.

"Ein Kuss im Regen. Wir vergaßen alles um uns herum. Mein ganzer Körper gab eindeutige Signale von sich und mir war es egal das jeder im Park uns hätte sehen können. Ich wollte ihn. Mein Schwanz wollte ihn." Stille. Schon wieder.
"Jordan?"
Stille. Ich höre Jordan leise atmen, gebe ihm Zeit um die Information zu verarbeiten.
"Bennett hat mir erzählt, dass Drew seit zwei Wochen regelmäßig zu ihm kommt. Dreimal die Woche. Hast du das gewusst?", fragt er. Der plötzliche Themenwechsel überrascht mich. Was hat Bennetts Job als Physiotherapeut mit unserem Kuss zu tun?
"Nein. Das wusste ich nicht. Drew ist mir keine Rechenschaft schuldig", kontere ich und ernte ein sarkastisches Schnauben. Jordan beherrscht diese Art der Kommunikation perfekt.

"Daher weiß ich von der Hochzeit seiner Schwester. Drew hat es Bennett erzählt. Das du eingeladen bist, ist ihm herausgerutscht. Eigentlich wollte er nicht darüber sprechen."
"Was willst du mir sagen?"
"Nichts. Ich werde gar nichts sagen. Nur so viel. Du kannst Drew nicht ewig auf dem Sofa schlafen lassen. Das funktioniert so nicht Lewis", sagt er sanft. Eine leichte Spur Anklage, eine Prise Bitten, ein Hauch Verständnis für unsere Situation.
"Er hat letzte Nacht in meinem Bett geschlafen. Mit mir. Aber nicht so wie du denkst", werfe ich schnell ein. "Drew kam erschöpft nach Hause und lag kaum auf dem Sofa, da war er auch schon eingeschlafen. Als er später aufwachte, war ich mit meinem Buch fertig, ich nahm in an die Hand, ging ins Schlafzimmer und dann schliefen wir. Jeder auf seiner Seite."

"Das klingt doch schon ganz gut. Also was ist jetzt? Gehst du auf die Hochzeit und lernst die Verwandtschaft deines Mannes kennen? Oder badest du in Selbstmitleid?", fragt Jordan herausfordernd. Ich schließe meine Augen und atme einmal tief durch. Jordans Worte haben mich zum Nachdenken gebracht und so treffe ich kurzerhand eine Entscheidung, von der ich nicht weiß, ob sie gut oder schlecht ist.


Lost memory - suddenly marrried -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt