Kapitel 4

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Am Morgen wurde ich durch mehrere Stimmen wach. Als ich meine Augen versuchte richtig zu öffnen und zur Haustüre schaute, sah ich Karl dort stehen, wie er mit jemanden zu reden schien.
,,Wissen Sie, wo sich Clay Barnes befindet?'' ertönte eine männliche Stimme und diese kam mir bekannt vor. Es klang nach diesem Polizisten.

Leise stand ich von der Couch auf und zog mir meine Sneaker an. Die Sachen, die herumlagen, stopfte ich in meinen Rucksack und versuchte ihn so leise wie möglich zu schließen.
,,Ja, er ist aber nicht hier'' antwortete Karl ihnen.
,,Dürfen wir für einen Moment hereinkommen?''
,,Uhm...'' machte Karl, während ich versuchte durch die Hintertüre abzuhauen, ich jedoch gesehen wurde und sie somit schon hereingestürmt kamen.

,,Bleiben Sie stehen!'' forderte mich Herr Vendel auf, woraufhin ich seufzend stehenblieb und meine Hände in die Höhe schmiss. Die erste Regel in diesem Kaff lautete niemals von bewaffneten Menschen wegzulaufen, dazu gehörte die Polizei.

Als ich mich umdrehte war zwar keine Waffe, dafür ernste Blicke auf mich gerichtet.
,,Sie wissen, dass Sie keine andere Wahl haben Herr Barnes. Es ist auch nur vorübergehend und nicht für immer'' entgegnete er mir.

So gesehen hatte ich wirklich keine Wahl. Karl wollte mich nicht einmal hier haben und jemand anderes hatte ich nicht.
,,Okay'' entgegnete ich ihm.
,,Wir fahren dich dorthin'' sagte er.
Während wir hinausliefen, widmete ich Karl noch einmal ein dankbares Nicken.

Wir fuhren eine ganze Weile.
Schien so, als würden sie etwas weiter weg wohnen, viel mehr in der Innenstadt.
Dort wo ich wohnte, wo ich aufgewachsen war, lebten nicht viele Menschen. Es lag abseits von allem, weg von der Innenstadt und nun sollte ich zum Stadtpfutzi werden? Das passte überhaupt nicht zu mir.

Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich nicht mitbekam, wie der Wagen hielt und das vor einem riesigen Haus. Ich hatte ihr angesehen, dass sie Geld zu haben schien, aber es war doch mehr als ich erwartet hatte.

Herr Vendel stieg aus und öffnete mir die Türe. Er widmete mir einen zuversichtlichen Blick.
,,Ich weiß, dass dir das nicht einfach fällt, aber sieh es als Freischein, aus diesem Drecksloch zu kommen.'' Zum ersten Mal hatte er mich geduzt.

Als ich zur Haustüre lief, sah ich sie bereits dort stehen. Mit ihren schicken langen blonden Haaren, dem ganzen Make-up und ihr aufgestyltes Outfit. Es widerte mich an.

,,Hey'' entgegnete sie mir. Ich starrte sie einfach nur an. Mir fiel auf, wie sehr ich ihr eigentlich ähnelte. Keine Ahnung wie mein leiblicher Vater aussah, aber wenn ich ihr schon so sehr ähnelte, ähnelte ich ihm wahrscheinlich noch mehr.

,,Ich zeige dir dein Zimmer, es ist in der oberen Etage'' sagte sie und bat mich rein. Weiterhin blieb ich stumm, während sie mir bereits die ganzen Räume erklärte, auf dem Weg zu meinem Zimmer.

Ich sah Fotos an der Wand hängen. Auf diesen Fotos war sie, ein Mann und ein Junge im jeweils verschiedenen Alter zu sehen. Hatte sie etwa noch einen Sohn? Einen Sohn, den sie nicht weggegeben hatte?

Als wir mein neues Zimmer betraten kam es mir größer vor als das ranzige Haus, in dem ich aufgewachsen war. Ich lief zum Fenster und schaute hinaus. Es war ein riesiger Garten zu sehen. Und ich dachte auch noch, dass dieses Stück Wiese vor dem Haus der Garten wäre.

Ich drehte mich um und schaute sie an.
,,Du bis nicht meine Mutter und das wirst du auch niemals sein'' fing ich an.
,,Meine Mutter ist tot und nur deshalb bin ich hier. Du und dieses ganze beschissene Bling Bling hier ist mir scheißegal'' fuhr ich fort.

Ihre Augen weiteten sich. Sie schien verletzt, dennoch nicht überrascht zu sein.
,,Ja...nein...natürlich...'' stotterte sie schon fast.
,,Ich bin mir sicher, dass sich Monica um dich gut gekümmert hat. Womöglich besser als ich es jemals gekonnt hätte'' sagte sie. Monica war der Name meiner Adoptivmutter.

Ich schaute mich im Zimmer um und dann wieder sie an.
,,Wer ist der Junge auf den ganzen Bildern?'' fragte ich, da es mir innerlich keine Ruhe ließ.
,,Oh, das ist George. Er ist der Sohn von Noel, meinem Mann und mein Stiefsohn'' antwortete sie.
Stiefsohn also. Moment, Stiefsohn? Hieß das, dass dieser Noel, wie sie ihn genannt hatte, nicht mein Vater war?

,,Wo ist mein Vater?'' fragte ich daraufhin.
,,Vielleicht solltest du dich erst einmal einrichten und ankommen, bevor wir über weiteres reden...'' schlug sie vor. Ich keuchte nur, nickte jedoch.


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Was denkt ihr, ist mit seinem Vater? 🤔

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