Kapitel 10

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Clays PoV

Am späten Abend schlüpfte ich in meine Schuhe, öffnete meine Zimmertüre und sah George ebenfalls gerade aus seinem Zimmer herauskommen. Wir starrten einander an.
,,Du weißt schon, dass morgen Schule ist?'' entgegnete er mir.
,,Und du weißt schon, dass du nicht mein Vater bist? Die sind beide immerhin tot'' zischte ich und lief als erster die Treppen hinunter.

Bevor ich verschwand, lief ich noch einmal in die Küche, um mir schnell irgendetwas zu Essen hineinzustopfen. Wieder war George neben mir zu sehen. Er stellte seine leere Flasche weg und nahm sich eine neue.

Während er dabei war sie zu öffnen und zu trinken starrte er mich an.
,,Kannst du mal aufhören mich ständig wie ein Psychopath anzustarren?'' entgegnete ich ihm daraufhin genervt.

,,Und wenn nicht?'' sagte er tatsächlich, um mich weiterhin zu provozieren.
Ich riss ihm seine dämliche Flasche aus der Hand, stellte sie mit einem lauten Knall auf den Küchentresen und drängte ihn gegen die Wand.
,,Dann lernst du mich von einer anderen Seite kennen und die willst du nicht kennenlernen.''

Ich war ihm nah, ziemlich nah sogar, doch das war mir gerade völlig egal.
,,Es ist mir scheiße egal, ob das hier dein Haus ist. Solange ich hier wohne ist es auch meins, also pass besser auf, wie du dich mir gegenüber verhältst, verstanden?''

Er schaute mir in die Augen. Sein Blick blieb neutral, als hätte es keinerlei Wirkung auf ihn, was ich gerade gesagt hatte, dass ich ihm gedroht hatte. Es war schon ziemlich beeindruckend, dass er mir so standhalten konnte, doch natürlich ließ ich mir das nicht anmerken.

,,Bist du fertig?'' sagte er, woraufhin sich mein Unterkiefer anspannte.
George war taff, doch was ich gesagt hatte meinte ich ernst und wenn er meine Drohung oder Warnung nicht ernst nahm, war es seine Sache, doch dann sollte er sich nicht wundern.

Als ich die Küche verließ, hörte ich ihn: ,,Ich habe keine Angst vor dir'' sagen, doch das brauchte er auch nicht. Angst machte dich schwach, weil Angst etwas Schwaches war. Er sollte auch keine Angst haben, sondern sich von mir fernhalten und respektieren.

Dass ich kein guter Umgang war, war nichts Neues. Dass ich nicht in Georges Freundeskreis passte, war auch nichts Neues und dass er und ich völlig verschiedene Leben lebten, war ebenfalls nichts Neues. Er und ich waren viel zu verschieden, um so zu tun als könnten wir uns ausstehen.

Als ich bei Mickey ankam und mich gerade auf die Couch fallen gelassen hatte, reichte er mir auch schon einen Joint. Als ich daran zog, fühlte es sich schon alles beinah wieder normal an.
Zu Hause hatte ich ständig gekifft, doch seit meinem angeblichen Geburtstag kam ich nicht mehr dazu.

,,Scheiße hab ich das vermisst'' murmelte ich.
,,Gutes Zeug, nicht?'' entgegnete Mickey.
,,Man kann sich nicht beklagen'' antwortete ich.
Er musterte mich.

,,Was hat es mit dir und dem Braunschopf auf sich?'' fragte er.
,,Wen meinst du?'' fragte ich zunächst, als mir George als Erstes einfiel.
,,George?'' fragte ich also, woraufhin er nickte.

,,Ach...der ist sowas wie mein Stiefbruder anscheinend, aber das interessiert mich echt die geringste Bohne'' entgegnete ich ihm.
,,Sobald ich 18 geworden bin mache ich da eh die Fliege'' fügte ich hinzu.
,,Wohin gehts dann?'' fragte er.

Zum ersten Mal dachte ich darüber nach. Ich wusste die ganze Zeit über, dass ich dort verschwinden würde, doch wohin war mir nicht einmal klar.
,,Keine Ahnung, wohin der Wind mich weht'' scherzte ich.

,,Wenn du keine Bleibe hast kannst du auch hier bleiben. Ghetto Brüder halten zusammen, nicht?'' sagte er. Ich war zugegeben etwas überrascht über das Angebot, doch warum auch nicht? Mickey schien kein schlechter Kerl zu sein.

,,Wie kommt es eigentlich, dass du mit 19 noch dran bist deinen Abschluss zu machen?'' fragte ich ihn. Er fing an zu grinsen.
,,Ach ich saß ein und Halbjahre wegen allem möglichen im Jugendknast. Mir wurde aber bewilligt, dass ich meinen Abschluss noch nachholen kann'' erzählte er.

,,Also ist es wahr, was man über dich da so sagt?'' fragte ich scherzend.
,,Die Leute sagen viel über mich, größtenteils ist es auch wahr'' zwinkerte er mir zu.
Er lehnte sich zurück.
,,Es tut gut jemand neues in dem Drecksloch hier zu haben'' sagte er.

,,Wo wir herkommen ist es genauso ein Drecksloch, aber die Leute hier leben in einem größeren. Denken, dass ihnen die Welt zu Füßen wegen deren Geldes liegt.''
,,Du sagst es, mein Freund, du sagst es'' entgegnete er.
Er öffnete den Whisky und fing an, sich als Erstes volllaufen zu lassen.


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Ob Clay, Joints und Alkohol eine so gute Idee ist? 🧐


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