Kapitel 15

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Clays PoV

Ich stand am Fenster, gebeugt über die Fensterbank und stieß den Rauch meiner Zigarette aus, während ich hinausschaute. Ich hörte, wie die Zimmertüre hinter mir aufging und jemand den Raum betrat. Als ich mich umdrehte war Jenna zu sehen - meine Mutter würde ich sie nicht mehr nennen. Für mich war sie nicht meine Mutter, sondern irgendeine Frau, in deren Haus ich quasi gefangen war.

Sie verschränkte ihre Arme und schaute mich mit diesem wütenden, dennoch eher enttäuschten Blick an. Als würde mir das etwas ausmachen.
,,Warum tust du das?'' fragte sie.

Ich zog das letzte Mal an meiner Zigarette und drückte sie im Aschenbecher aus. Die Nachbarn der Straße gegenüber hatten mich das letzte Mal dabei gefilmt, wie ich meine Kippen jedes Mal aus dem Fenster warf und mir gedroht es dem Ordnungsamt zu melden und da ich pleite war, würde mir eine Geldstrafe nicht wirklich gelegen kommen.

,,Warum tu ich was?'' fragte ich sie, während ich mich mit meinem Körper nun vollkommen in ihre Richtung drehte und meine Hände in meiner Hosentasche verstaute und mit meinem Hinterteil an der Fensterbank lehnte.

,,Ich verstehe, dass du keine einfache Zeit hast. Das, was dir passiert, erst verarbeitet werden muss und du überhaupt nicht hier sein willst. Aber das sind keine Gründe für dein Verhalten, was du hier aufbringst'' sagte sie.

,,Liegt wahrscheinlich an meiner richtigen Mutter, die mich nicht erziehen konnte, weil sie nicht da war'' entgegnete ich ihr. Sie stieß ein Seufzen aus.
,,Ich habe dir doch schon erklärt, wieso es so kommen musste, Clay.''
,,Und ich habe dir gesagt, wie ich dazu - zu dir stehe'' antwortete ich.

Für wenige Sekunden herrschte Stille, während wir uns einfach nur anschauten.
,,Ich will keine Drogen mehr in diesem Haus finden müssen'' kam es nun von ihr.
,,Und ich will auch nicht, dass du dich spät Abends noch weiß weiß ich wohin verkriechst und stockbesoffen mitten in der Nacht wiederkommst und George belästigt.''

,,Belästigt?'' wiederholte ich es etwas verwundert und bewundernd.
,,Du hast dich zu ihm ins Bett gelegt, Clay.''
,,Ja, ins Bett und nicht auf ihn.''
Ihre Augen weiteten sich bei dem Gedanken.

,,Das alles hört auf!'' rief sie nun mit lauterer Stimme.
,,Wieso sollte ich auch nur auf ein Wort, von dem das du sagst, hören?'' fragte ich sie, während ich weiterhin ruhig blieb und diese zu ruhige, gechillte Art schien sie wohl etwas zu provozieren, aber genau das war auch mein Ziel.

Sie kam auf mich zu und stand nun direkt vor mir.
,,Weil ich immer noch deine Mutter bin und du das tust, was ich dir sage, solange du keine 18 bist.'' Versuchte sie mich einzuschüchtern oder was? Grinsen konnte ich da nur.
,,Du bist nicht mehr als eine Pussy, die ein Kind aus sich gepresst und anschließend verlassen hat'' hauchte ich ihr zu.

Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, sie schien wütend zu sein.
,,Schlag ruhig zu, so bin ich aufgewachsen und das nur deinetwegen'' entgegnete ich ihr und lehnte mich noch entspannter gegen die Fensterbank.
Ihre Hände entspannten sich wieder, während sie ihren Kopf senkte und erneut seufzte.
Plötzlich fing sie an, zu schluchzen. Heulte sie jetzt etwa oder was?

,,In den ersten Wochen, die du geboren wurdest, nachdem dein Vater gestorben war, habe ich ständig mein Leben riskiert, um dich versorgen zu können'' fing sie an zu erzählen, während sie weiterhin auf den Boden starrte.

,,Ich habe mit mehreren Männern geschlafen, damit ich dir Babynahrung und Windeln kaufen konnte. Damit du etwas Warmes zum Anziehen hattest, während ich Tag und Nacht fror. Mein Leben galt in diesen Wochen einzig und alleine dir.''

,,Kurz nach dieser Zeit wurde mir bewusst, dass das nicht ewig so weitergehen konnte, dass ich nicht so weitermachen konnte'' sagte sie und schaute mich wieder an.
,,Ich habe dich weggegeben, um dir ein besseres Leben zu ermöglichen.''
,,Wenn ich gewusst hätte, was für Menschen dich adoptiert hätten, was sie dir angetan hätten, hätte ich das niemals zugelassen.''

,,Du hättest dich erkundigen, nachfragen und Hausbesuche machen können. Es hat dich einen scheiß interessiert'' entgegnete ich ihr.
,,Mir wurde gesagt, dass du von guten Menschen adoptiert wurdest, dass sie gut für dich sorgen würden. Ich war im Vergleich zu diesen Aussagen nur eine junge Obdachlose, die sich prostituierte, um zu überleben, während sie mit dem Tod ihres Partners klarkommen musste.''

Erneut herrschte stille. Tatsächlich bemerkte ich, wie sich ein kleines Stechen in meiner Brust breitmachte. Bekam ich gerade wirklich Schuldgefühle und Mitleid?
,,Ich habe nie aufgehört dich als Mutter zu lieben, Clay'' sagte sie.

Ich wurde unruhig und das gefiel mir nicht.
,,Bist du fertig?'' fragte ich sie. Ohne eine wirkliche Antwort oder Reaktion darauf zu geben, verließ sie mein Zimmer wieder.


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Könnt ihr Jenna und ihre damalige Entscheidung nun besser verstehen und nachvollziehen?

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