Kalt/54

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Natasha POV:

„Bis nachher.", rief ich erneut durch das Haus, wie so oft in der letzten Zeit.
Draußen stieg ich in den Audi A8, den Tony mir zur Verfügung stellte. Das Auto war innen ziemlich geräumig und außen matt schwarz.
Tony meinte ich könnte so viel damit fahren wir ich wollte.

Immer wieder erledigte oder unternahm ich Sachen ohne Sky.
Ich ging ihr des Öfteren aus dem Weg.
Den Grund dafür wusste ich jedoch selbst auch nicht wirklich.
Yelena wusste von meinem derzeitigen Problem noch nicht.
Sie freute sich allerdings dass ich oft mit ihr weg war.
Mich freute das auch, bloß war es auch noch so, dass die schöne Zeit mit ihr mich ein wenig ablenkte.
Ich sah meine Verlobte sehr selten.
Natürlich hatten wir schöne Momente miteinander, aber ich hatte einfach so eine Art Angst, mit ihr über die Hochzeit zu reden, dass ich fast garnicht mehr mit ihr sprach. Demnach ging die Planung auch eher langsam voran.

Yelena wohnte derzeitig in einem Hotel, was Tony bezahlte. Es war ein teures und schickes Hotel, obwohl Yelena sogar meinte, dass sie auch in einem alten Hostel klar kommen würde.
Sie wusste noch nicht ob sie hier bleiben würde, oder woanders hin wollte.
Sie versprach mir allerdings, bis zur Hochzeit zu bleiben.
Vielleicht wollte ich deswegen die Hochzeit herauszögern und später feiern um sie länger bei mir zu haben.
Ich habe sie schon mal verloren und das mehrere Male. Das wollte ich nicht nochmal erleben müssen. Auch, wenn wir trotzdem in Kontakt bleiben würden, hätte ich wahrscheinlich tagtäglich Angst um sie.
Diesen Gedanken verwarf ich schnell wieder, denn das war nicht das was ich wollte.
Ich wollte Sky heiraten.
Mehr als alles andere.
Aber ich hatte Angst mit ihr darüber zu sprechen. Verstehen tat ich das selbst nicht.

Ich fuhr eine Weile mit dem Auto, bis ich bei Yelena ankam. Sie stand bereits unten am Eingang des Hotels und wartete auf mich. Der Eingang war groß und in dunkeln Farben gehalten. Ein weißer Teppich führte heraus und viele Menschen liefen hinein und heraus.
Sie hatte die Haare zu einem unordentlichen Dutt gebunden, trug eine blaue, weite Jeans und irgendein T-Shirt.
Über dem ganzen hatte sie einen braunen fake-Pelzmantel.
Es war schön mit anzusehen, wie sie alles in der Welt für sich entdeckte.
Mit ihr shoppen zu gehen machte Spaß, da sie immer wieder glücklich war, wenn sie sich etwas kaufte.
Ihr Leben lang wurde ihr ihr richtiges Leben genommen und jetzt, nach all den Jahren, konnte sie endlich herausfinden wer sie wirklich ist.
Und ich war unfassbar dankbar, in diesem Teil ihres Leben dabei sein zu dürfen.

Sie entdeckte mich schnell und kam zu mir herüber gelaufen.
Wenig später saß sie neben mir.
„Was machen wir heute?", fragte sie sofort nach.
„Etwas durch die Altstadt fahren und mal irgendwo anhalten.", antwortete ich knapp.
Yelena schien etwas verwirrt zu sein, sagte jedoch nichts dazu.
Ansonsten hatte ich immer einen genauen Plan für irgendwelche Unternehmungen.

An den Seiten der Straßen und Wege war zur Seite geschaufelter Schnee.
Die Menschen trugen Mäntel, Mützen und etliche andere Sachen um nicht zu frieren.
Die Geschäfte waren überfüllt und mit Weihnachtsdeko geschmückt.
Geschenke hatte ich bereits.
Die Nachmittagssonne schien auf die Straßen und ließ den neu gefallenen daliegenden Schnee glänzen.
„Wollen wir was trinken?", schlug ich nach einiger Zeit vor.
Bis zu diesem Augenblick war es gruselig still im Auto.
Von Yelena kam nur ein Nicken.
Eigentlich brauchte man sie sowas garnicht fragen, jedoch wollte ich nochmal sicher gehen.

Immer wieder schoss mir Sky durch den Kopf. Wieso ging ich ihr aus dem Weg?
Und wieso hatte ich Angst mir ihr über die Hochzeit zu sprechen?
Es war unerklärlich für mich.
Yelena schien zu bemerken, dass ich etwas angespannt war.
„Alles gut?", fragte sie etwas unsicher.
„Mhm.", gab ich bloß wieder und hielt meinen Blick auf die Straße vor uns gerichtet.

Bei einer Art Weihnachtsmarkt blieb ich stehen und parkte auf einem kleinen Parkplatz.
Es gab einige Stände und so ziemlich keine Fahrgeschäfte.
Alles roch süß und eben nach Weihnachten.
Yelena liebte es jetzt schon.
Die Bäume, der Schmuck und alles was dazu gehörte.
Auch diese furchtbar hässlichen Pullover.
Da war sie ganz genau wie Sky.
Ich erinnerte mich an unser erstes und bis jetzt einziges gemeinsames Weihnachten.
An diesem Abend sollte ich diesen bescheuerten Katzen-Weihnachts-Pullover anziehen.
Bei den Gedanken daran schlich sich ein kurzes Lächeln auf meine Lippen.
Ich trug ihn die 5 Jahre lang jedes Mal zu Weihnachten. Ich wusste nicht wieso, ich tat es einfach.

Wir liefen ein wenig über den Platz und bewunderten eine Menge.
Altstädte zur Weihnachtszeit waren ehrlicher Weise schon ziemlich beeindruckend und schön.
Es gab viele alte Läden bei denen noch Schilder zur Straße hin hingen. Wie in manchen Filmen.
Eben sehr altmodisch. Aber schön.

Schweigend gingen wir in der Kälte zu einem dieser Stände hin.
Yelena warf mir immer wieder kurze und unsichere Blicke zu.
Mein schwarzer Mantel wärmte mich zwar ein wenig, jedoch war mir immer noch kalt.
Ich fröstelte leicht und brauchte etwas um mich aufzuwärmen.
„Einen Glühwein bitte.", bestellte ich und wartete darauf, dass Yelena auch etwas bestellte.
Doch das tat sie nicht.
Stattdessen sah sie mich fassungslos an.
„Glühwein?", kam es unabsichtlich laut von ihr.
Schulterzuckend sah ich sie an.
Ich wusste nicht was das Problem war.
„Du und Wein? Ich dachte du trinkst nur den harten Alkohol.", fügte sie dazu.
Grinsend drehte sie sich wieder zu dem Standbesitzer.
„Für mich auch, bitte."
Diesmal war ich es, die sie fassungslos ansah.
Kopfschüttelnd bezahlte ich und wir saßen uns an einen der Tische.
Der Glühwein wärmte meine Hände und nach dem ersten Schluck auch den Rest meines Körpers.
Yelena schien es ähnlich zu gehen.
Immer wieder fiel mir auf wie sehr ich sie über die ganzen Jahre vermisste.
Auch schon bevor der Blip kam.
Zu dieser Zeit war Sky immer für mich da, doch als auch sie von dem Blip erwischt wurde, hatte ich niemanden mehr, dem ich mich anvertrauen konnte.
Sogar Wanda war weg und der Rest zog sich zurück.
Ich passte mich ihnen an und wurde zu einem einzigen Trauerkloß, der es trotzdem irgendwie schaffte alles aufrecht zu erhalten.

„Jetzt erzähl schon. Was geht dir durch deinen Kopf.", wollte Yelena wissen.
Ich wollte ihr davon erzählen, auch wenn ich mich etwas schlecht fühlte.
Allerdings wusste ich nicht, wie ich anfangen sollte.
Also legte ich einfach drauf los.
„Ich kann es nicht beschreiben. Ich glaube ich gehe Sky beabsichtigt aus dem Weg um nicht über die Hochzeit nachdenken zu müssen. Geschweige denn sogar darüber zu reden."
Yelena nickte verständnisvoll und sah nachdenkend auf den Tisch.
„Denkst du, du kriegst kalte Füße?", kam es als Frage von der Blondine.
Sofort verneinte ich.
Ich wollte sie vor wie nach immer noch heiraten und mein Leben mit ihr verbringen.
„Hast du Angst vor irgendwas?"
Diese Frage brachte mich zum Grübeln.
Ich glaube, dass ich Angst vor etwas hatte.
„Ja, ich glaube davor, dass ich ihr nicht gerecht werde.", antwortete ich nach kurzer Zeit.
Wieder nickte sie.
„Ich glaube, dass du Angst hast, sie zu enttäuschen und ihr nicht die perfekte Hochzeit zu geben. Aber perfekte Hochzeiten existieren nicht. Der ganze Planungsstress, Familientreffen und so weiter. Geh auf sie zu und rede mit ihr darüber. Ihr hattet ja auch überlegte Melina und Alexei einzuladen. Vermutlich hast du dabei Angst auf das Wieder- und Aufeinandertreffen. Ihr müsst nicht alles sofort hinkriegen. So läuft das nicht. Ihr werdet sicherlich Differenzen haben und auch mal streiten, aber wenn ihr euch wirklich liebt, kriegt ihr das hin. Und das tut ihr, das weiß ich.
Ich habe zwar nichts mit Beziehungen oder Ähnlichem am Hut und das will ich auch garnicht, aber dass ihr euch über alles liebt, sieht wirklich jeder."
Ich wusste nicht warum, aber diese Worte gaben mir meine Gewissheit zurück.
Alles was Yelena da sagte, ergab Sinn und traf zu.
Es war beeindruckend, wie sie mir helfen konnte, wobei sie erst vor so kurzer Zeit in ihr Leben fand.

The story of Skylar Stark (Natasha Romanoff ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt