Kapitel 21: Erinnerungen (1.150)

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Minho:

Nach dem Anruf mit meinem Freund bin ich einfach an Ort und Stelle sitzen geblieben. Die Kälte spüre ich schon fast gar nicht mehr, was jedoch nichts an der Tatsache ändert, dass es so kalt ist. Ich werde mich, sobald ich mich endlich von dieser Bank bewegen kann, bestimmt erkälten.

Wieso nur war ich so dumm?

Durch diese eine Sache habe ich einfach alles zwischen Jisung und mir zerstört.

"Was machst du denn hier, Hyung? Es herrschen Temperaturen im Minusbereich!" reißt mich eine Stimme aus meinen Gedanken, ehe ich auch schon spüre, wie sich etwas um meine Schultern legt, was mich langsam aber sicher etwas aufwärmt.

"Ich habe einfach alles zerstört, Seungmin." informiere ich den Jüngeren, als ich ihn mit Tränen in den Augen ansehe. "Wovon sprichst du?" fragt er irritiert, als er mich etwas an sich drückt, um mich zu trösten. "Von Jisung und mir. Er hat mir gerade gebeichtet, dass er mir noch immer nicht vertrauen kann und sogar darüber nachgedacht hat, sich von mir zu trennen." schüttle ich ihm mein Herz aus, woraufhin er mich noch etwas mehr an sich drückt, was ich schwach erwidere und den Tränen ihren Lauf lasse.

Wie sehr ich es hasse besonders vor meinen Dongsaengs schwach zu wirken, aber ich kann nicht mehr auf stark tun. Ich habe aus meinem letzten Fehler gelernt, der mir die jetzige Situation überhaupt erst eingebrockt hat.

"Hyung, lass uns bitte erstmal rein gehen. Du erfrierst mir hier sonst noch. Dein Körper ist unglaublich kalt." spricht der Jüngere nach einer kurzen Weile, in der wir so in dieser Umarmung verweilten, als er aufsteht und mich dabei mit sich zieht. Schwach nicke ich und lasse mich vom Größeren wieder in das Gebäude führen, wo er mich auf eine Bank drückt und dann zu einem der Automaten hier geht, um uns beiden aufwärmende Getränke zu kaufen.

Mit zwei Plastikbechern kommt er zu mir zurück und stellt einen dieser vor mich, ehe er sich neben mich setzt.

"Trink, Hyung. Du musst dich aufwärmen, ja?" Wieder nicke ich nur schweigend auf die Worte Seungmin's, ehe ich den Becher mit meinen eiskalten Händen umschließe, aber noch nicht zu trinken beginne.

Erst als ich spüre, wie meine Hände wieder an Wärme gewonnen haben, beginne ich langsam daran zu nippen, während der Jüngere vermutlich schon so gut wie fertig mit seinem Becher ist.

Geduldig wartet er, bis ich ebenso fertig bin, ehe er nun genau wissen will, was passiert ist, was ich ihm natürlich auch erkläre und mich dabei echt bemühen muss nicht erneut zu weinen.

"Das tut mir leid, Hyung. Aber ich bin echt stolz auf dich." "Hm? Weswegen?" frage ich irritiert nach. "Weil du dich mir geöffnet und vor mir geweint hast. Das zeigt, wie sehr du dich bemühst, nicht mehr alles alleine durchzustehen und dass du dein bestes gibst uns mehr in deine Gefühlswelt mit einzubeziehen. Das macht mich wirklich glücklich, Hyung." beantwortet der Jüngere lächelnd meine Frage, was ich schwach erwidere. "Bin ich wirklich nicht mehr das Arschloch wie noch vor ein paar Monaten?" "Doch. Du bist nach wie vor noch ein Arschloch." entgegnet er lachend, weshalb auch ich mit lachen muss und ein sarkastisches "Vielen Dank auch." murmle. "Aber du gibst dein Bestes, dich zu etwas positivem zu entwickeln und hast bisher auch echt Erfolg darin. Und das macht mich glücklich. Auch ich will mich deshalb etwas bessern. Du ermutigst mich in meinem Vorhaben." "Okay, das wird jetzt etwas gruselig." lache ich, wobei der Jüngere mit einsteigt und dabei sagt: "Es ist nur die Wahrheit. Und jetzt komm. Lass uns wieder zurück zu Hyunjin's Eltern gehen." Lächelnd nicke ich die Worte Seungmins ab, woraufhin wir aufstehen und das Krankenzimmer der Eltern unseres Freundes ansteuern und auf dem Weg dorthin noch unsere Plastikbecher entsorgen.

An unserem Ziel angekommen, setzen wir uns auf die hier im Zimmer stehenden Stühle an den Tisch, wobei meine Gedanken noch immer um Jisung kreisen und scheinbar keinen Halt finden.

Die ganze Zeit kommen mir alle möglichen Erinnerungen mit Jisung in den Sinn.

Wie unzertrennlich wir waren, als wir noch in der Grundschule waren und damals gefühlt jeden Tag miteinander verbracht haben.
Wie wir nach und nach unsere aktuelle, große, gemeinsame Freundesgruppe zustande bekommen haben, aber selbst da einander am meisten vertrauten.
Wie ich anfing Gefühle für ihn zu entwickeln, ohne es selbst bemerkt zu haben.
Wie ich Angst vor diesen Gefühlen bekam und ihn verletzte sowie sein Vertrauen in mich zerstörte, nur weil ich meinem Vater die Wahrheit verheimlichen und mich selbst sowie Jisung verleugnen wollte.
Wie ich meine Dummheit einsah und nach Sydney geflogen bin, um ihn wieder in mein Leben zu holen, was mir tatsächlich auch gelang und wir uns küssten und miteinander kuschelten, was mich unglaublich glücklich machte.
Wie ich zurück in Korea dann endlich meinen Mut zusammennahm und ihn fragte, ob er mit mir zusammen sein will, was er erfreut lächelnd bejahte.
Wie wir in dieser kurzen Zeit dann tatsächlich ein Leben als Paar führten und mir nochmals klar wurde, dass er mich zum glücklichsten Menschen der Welt macht.

"Was mache ich nur?" spreche ich meinen Gedanken, der mir danach in den Sinn kommt, laut aus. "Du kannst nicht viel machen, Hyung. Er ist in Australien und du in Korea. Du kannst ihm wirklich nur sagen, wie viel er dir bedeutet. Und du musst dir was gutes für den Valentinstag einfallen lassen. Was echt gutes. Da musst du deine Tsundere-Fähigkeiten sprechen lassen. Also denk schon mal gut nach." beantwortet Seungmin meine eigentlich rhetorische Frage.

Stimmt. Den Valentinstag gab es ja auch noch.

"Seungmin, was machst du jetzt eigentlich? Weißt du mittlerweile mehr über deine Gefühle?" wechsle ich das Thema, womit ich dem Jüngeren ein Seufzen entlocke. "Nein. Ich gehe das Alles schon unglaublich lange durch und bin immer noch nicht viel schlauer als vorher. Nach dem was du sagtest...Du weißt schon...Dass die Person, an die ich die meiste Zeit denke jene ist, der mein Herz gehört..." Nachdem er das stotternd zusammen bekommen hat, holt er tief Luft, ehe er leise weiter spricht: "Seitdem habe ich nochmal nachgedacht und tatsächlich landeten meine Gedanken die meiste Zeit über bei Chan und nicht bei Ryu." "Dann weißt du es doch jetzt. Scheinbar hast du mehr Gefühle für Chan als für Ryujin." "So einfach ist das nicht, Hyung." widerspricht er. "Chan ist einer meiner besten Freunde. Vielleicht denke ich einfach mehr an ihn, weil ich Angst habe, dass unsere Freundschaft nun ruiniert ist."

"Das glaube ich zwar nicht, aber du musst es ja wissen. Lass mich dir nur einen Rat geben. Egal, ob du dich nun für Chan oder Ryujin entschieden hast. Mach nicht den selben Fehler wie ich. Verleugne deine Gefühle nicht, egal für wen. Denn dann wirst du diese Person auf jeden Fall verlieren beziehungsweise wird es zwischen euch wohl kaum wieder so sein wie früher und im Endeffekt hältst du dir diesen Fehler selbst die ganze Zeit vor."




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01.04.2023

Scars {Stray Kids}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt