21. Matteo

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„Wurde auch Zeit, dass endlich mal jemand vorbeischaut. Es ist so langweilig hier."

Markus lag in einem weißen Nachthemd in seinem Krankenhausbett und warf gespielt beleidigt die Hände in die Luft. Eine Fettschicht bedeckte seine schwarzen Haare, es roch nach Schweiß und Blut.

Statt ihn zu umarmen, wie ich es normalerweise zur Begrüßung tat, blieb ich heute auf Abstand.

„Du hast seit Tagen keine Dusche von innen gesehen, schätze ich."

Als wollte er sich selbst davon überzeugen, roch Markus vorsichtig an den Ärmeln seines Hemdes und rümpfte die Nase.

„So ein Müll, unter solchen Umständen komme ich nie wieder auf die Beine."

Ich nahm auf dem Holzstuhl neben dem Bett Platz und sah aus dem Fenster. Pünktlich zur Besuchszeit war der Parkplatz des Krankenhauses überfüllt, die Autos manövrierten minutenlang über den grauen Asphalt, auf der Suche nach einer Lücke, die nicht zu weit von der Eingangshalle entfernt war. Die Besucher unter ihnen, die diese erste Hürde bereits gemeistert hatten, marschierten – teils mit hängenden Köpfen, teils angeregt diskutierend – auf die Glastür zu.

Während der letzten Tage, die Markus allein in seinem Zimmer verbracht hatte, hatte das Laub der Bäume einen satten Gelbton angenommen, die Sonnenstrahlen waren schwächer und der Wind kühler geworden. Von einem Augenblick auf den nächsten war der Sommer dem Herbst gewichen, der September hatte seinen Höhepunkt erreicht.

„Ein Jahr ohne Fußball, das ist so ein Schwachsinn."

Markus' Worte waren kühl, in seiner Stimme lag Resignation. Beim Anblick seines zerbrechlichen Körpers inmitten von Monitoren und Schläuchen zog sich mein Herz zusammen. Er gehörte nicht hier her, das wussten wir beide.

„Vielleicht solltest du dir ein neues Hobby suchen. Du kannst auch Bestsellerautor werden, wenn du das willst.", sagte ich nur halb im Scherz.

Aber Markus schüttelte den Kopf, seine schokoladenbraunen Augen funkelten amüsiert.

„Und dich als Konkurrentin haben? Nein, danke. Ich bleibe beim Sport, die Ärzte werden schon sehen, dass ich schneller wieder gesund werde als irgendjemand vor mir. Was wäre ich für ein Mensch, wenn ich mich einfach geschlagen geben würde?"

Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

„Warum bist du so besessen vom Fußball?"

Erschrocken hielt ich mir die Hand vor den Mund, doch die Worte waren bereits ausgesprochen.

Markus setzte sich ein wenig auf, er löste seinen Blick von mir und richtete ihn auf die schwere Zimmertür, als erwartete er, dass im nächsten Augenblick eine Krankenschwester zu uns stoßen würde. Doch die Tür blieb geschlossen.

Eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus.

„Tut mir leid, ich habe es nicht so gemeint."

Gleichgültig zuckte Markus die Schultern. Er tat so, als würde er sich nichts aus meiner Frage machen, aber ich wusste, dass meine Worte ihn getroffen hatten.

„Ich kann versuchen, es dir zu erklären."

Erleichtert hob ich den Kopf.

Markus hatte den Blick noch immer starr auf die Zimmertür gerichtet, um seinen Gesichtsausdruck vor mir zu verbergen.

Kurz überlegte ich, das Thema zu beenden, aber ein kleiner Teil von mir war gespannt auf Markus' Geschichte, um sie in mein ‚Milchshake-Talk' zu integrieren. Als ein Fan meiner Arbeit würde er sich sicher darüber freuen, ein eigenes Kapitel gewidmet zu bekommen.

Grün Weiß - Unreife & LeereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt