25. Waldo

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Als das Glöckchen das nächste Mal einen neuen Besucher ankündigte, wurde es vom herzhaften Lachen eines dickbäuchigen Mannes begleitet. Er trug eine dunkelblaue Polizeiuniform, die sich in regelmäßigen Abständen hob und wieder senkte.

Auch die übrigen Besucher unterbrachen ihre Gespräche, um dem fröhlichen Mann für einen Moment ihre Aufmerksamkeit zu widmen. Er tänzelte förmlich an die Theke, bestellte sich noch immer lachend einen Donut und einen Espresso, bevor er wieder auf den Ausgang zu marschierte.

Ich sprang auf, unfähig, ihn einfach gehen zu lassen. Die Neugier hatte mich gepackt, ich musste wissen, was seinen Tag so lustig machte. Als ich ihn erreicht hatte, lachte er noch immer.

„Hallo, mein Name ist Lizzy Thelen..."

Er unterbrach mich mit einem Glucksen und ich beschloss, es bei dieser Vorstellung zu belassen.

„Ich bin Willi und Polizist."

Schmunzelnd nickte ich, es gab keinen Namen, der besser zu ihm gepasst hätte. Sein Kopf war fast vollständig kahl, ein weißer Bart zierte sein freundliches Gesicht. Er sah aus wie der Weihnachtsmann ohne seinen roten Anzug.

„Darf ich fragen, weshalb du so glücklich bist? Dein Lachen ist richtig ansteckend."

Willi hielt sich den Bauch, noch immer glucksend. Nur mit Mühe und völlig außer Atem antwortete er:

„Ich hatte heute einen wirklich lustigen Tag, wenn du möchtest, kann ich dir gerne davon erzählen."

Seine hellblauen Augen funkelten vor Stolz, sein Lächeln verrutschte keinen Millimeter.

Ich nickte freundlich und lud Willi zu mir an den Tisch ein, um seine Geschichte zu hören. Er lachte noch mehrmals laut auf, bevor er wusste, wo er mit seiner Erzählung beginnen sollte.

Waldo hatte seinen Traumberuf gefunden, als er zum ersten Mal das große Einkaufszentrum seiner Stadt betreten hatte. Der letzte Polizist, der für Ordnung gesorgt und die riesigen Hallen überwacht hatte, war in den Ruhestand gegangen, Waldo sollte zu seinem Nachfolger werden.

Es dauerte nur wenige Stunden, da hatte er mit den meisten der Mitarbeiter Bekanntschaft gemacht, wenige Tage später waren sie zu seinen Freunden geworden und bereits in den darauf folgenden Wochen kannte Waldo jeden Winkel ihrer kleinen und großen Läden in- und auswendig. Wenn er nicht in seinem Büro saß und, einen schwarzen Kaffee schlürfend, die Aufzeichnungen der Überwachsungskameras verfolgte, patrouillierte er von Etage zu Etage, sprach für einige Zeit mit den übrigen Mitarbeitern und hielt Ausschau nach verdächtig aussehenden Personen, hinter denen sich Taschendiebe und Betrüger verstecken konnten.

Meistens war es in dem Einkaufszentrum angenehm ruhig, nur selten musste Waldo einen Ladendieb festnehmen oder nach Handtaschen und Portemonnaies suchen, die fast ausnahmslos an der nächstgelegenen Sitzecke oder Toilette wieder auftauchten.

Es sollte zwei Jahre dauern, bevor er einen spannenderen Fall lösen musste, als alten Damen unter die Arme zu greifen.

Gegen zwölf Uhr Mittag ertönte das schrille Klingeln seines Diensthandys, Waldo wäre fast von seinem Stuhl gefallen, der rosaglasierte Donut landete auf den Fliesen.

„Waldo Müller am Apparat, was kann ich für Sie tun?", meldete er sich mit seiner monotonen Arbeiterstimme zu Wort.

Am anderen Ende der Leitung war der Wachtmeister der örtlichen Polizei, mit dem Waldo regelmäßig in Verbindung stand. Anders als sonst klang er heute allerdings wirklich beunruhigt.

„Hallo Waldo, ich glaube, wir haben ein Problem. Der Sternekoch Marc Dumand ist in deinem Gebiet einkaufen gegangen, um die Zutaten für seine spezielle Safransuppe zu besorgen. Er hat gerade gemeldet, dass das Rezept verschwunden ist. Kannst du dich darum kümmern?"

Grün Weiß - Unreife & LeereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt