4. Fußball

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„Ich hatte eine Idee. Nächste Woche werde ich Ihnen ein Probekapitel abgeben und ich glaube, Sie werden begeistert sein.", tippte ich in mein Handy.

Meine Finger zitterten vor Aufregung.

Die Seitenzahl am unteren Bildschirmrand meines Laptops war inzwischen zweistellig geworden, die Wortanzahl hatte sich seit gestern mehr als verdoppelt.

Es war früher Nachmittag, das ‚Grün und Weiß' war besser besucht, als ich es jemals erlebt hatte. Bunte menschliche Farbkleckse tummelten sich um die weißen Tische, die Theke und auf dem Gang, die Kellnerinnen und Kellner huschten an ihnen vorbei, oft mit vollbeladenen Tablets in den Händen. Die Menge der Besucher war ein gefundenes Fressen für mein Buch. Lediglich ein Titel fehlte mir neben den lustigen, herzzerreißenden und ausgefallenen Geschichten der Kunden.

Mich ausgiebig streckend sah ich mich in dem überfüllten Raum um. Ich hatte lange überlegt, mein Buch schlichtweg ‚Grün und Weiß' zu nennen, diese Idee aber bei dem Gedanken daran, dass das Café zur Touristenattraktion werden und damit seine familiäre Atmosphäre verlieren könnte, wieder verworfen. Stand jetzt lautete der Titel meines neuesten Werks daher einfach ‚Dokument eins'. Früher oder später würde der passende Name genau wie die Idee zu der Geschichtensammlung selbst von allein kommen, da war ich mir sicher.

Mit einem Zug leerte ich meinen Erdbeermilchshake.

Vor dem Fenster stand die Sonne noch hoch am Himmel.

Ich war früher als üblich ins ‚Grün und Weiß' gekommen, um Stammgäste zu interviewen, auf die ich zu meiner regulären Besuchszeit nicht traf. Mit Erfolg, allein heute hatte ich fünf Kurzgeschichten aufschreiben können, im Gegenzug dafür allerdings auch fünf Menschen einen Milchshake spendieren müssen.

Ich klappte meinen Laptop zu, Van saß zeichnend an seinem Stammplatz, ein Kaffee stand neben ihm auf dem weißen Rundtisch. Stirnrunzelnd musterte ich ihn, er war fast drei Stunden zu früh dran.

„Hallo. Was machst du hier?"

Vans Augenbrauen schossen in die Höhe, als ich ihm gegenüber Platz nahm.

„Wonach sieht es denn aus?"

Er machte eine vage Handbewegung über seinen Zeichenblock und die Kaffeetasse und lachte.

Ich rümpfte die Nase, als der würzige Geruch von Tabak aus seinem Mund zu mir herüberdrang.

„Das meine ich nicht. Ich wollte wissen, weshalb du schon so früh hier bist."

Schlürfend trank Van einen Schluck Kaffee, dann sah er auf seine imaginäre Armbanduhr, die Stirn in Falten gelegt.

„Markus hat heute ein Spiel, zu dem ich gleich fahre. Also wenn du mich entschuldigen würdest, ich muss los."

Er schob bereits seinen Stuhl zurück, aber ich streckte meine Hand nach ihm aus, um ihn aufzuhalten.

„Kann ich mitkommen, ich würde Markus sehr gerne kennenlernen."

Die Worte sprudelten aus mir heraus, bevor ich darüber nachdenken konnte, was ich überhaupt von mir gab. Aber es war die Wahrheit, Vans Geschichte ging mir seit Tagen nicht aus dem Kopf und ich brannte nur so darauf, auch Markus' Version hören zu können. Während meine Augen vor Begeisterung leuchteten, sah Van mich an, als wäre mir eine zweite Nase gewachsen. Sein Mund stand weit offen und ich konnte die Fragezeichen in seinem Kopf förmlich sehen.

„Ich verspreche dir, dass ich nicht auffallen werde."

Flehend verschränkte ich die Hände, doch Van schüttelte den Kopf.

„Du weißt, wo das Stadion ist, richtig?"

Ich nickte.

„Dann sehen wir uns dort."

Grün Weiß - Unreife & LeereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt