39. Ehrlichkeit

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Mit einem dicken Papierstapel unter dem Arm betrat ich, begleitet vom fröhlichen Klingeln des Glöckchens, das sich meiner Stimmung angepasst hatte, das ‚Grün und Weiß'. Mein Herz hüpfte vorfreudig in meiner Brust.

Ich war am Ende meiner Arbeit angekommen und konnte es kaum erwarten, eine wohlverdiente Pause einzulegen. Obwohl dunkle Schatten einer schlaflosen Nacht unter meinen Augen lagen, trug ich ein Lächeln auf den Lippen. Bis in die Morgenstunden hinein hatte ich das Manuskript meines ‚Milchshake-Talk' gelesen, am Rand ein paar Bemerkungen notiert und mit Bernd Herold einen Termin vereinbart, um es ihm noch heute vorbeizubringen.

Trotzdem sollte Van der erste sein, der mein zweites Buch las, schließlich hatte ich es ihm zu verdanken, dass ich etwas in den Händen hielt, das ich meinem Agenten überreichen konnte, um meine Karriere zu retten. Van war der Grund dafür, dass das fertige Manuskript überhaupt existierte.

Er saß an seinem Stammplatz in der hinteren Ecke des Cafés und zeichnete in sein Notizbuch. Erst, als ich mich ihm gegenüber niederließ, hob er den Blick.

„Ich bin fertig."

Van sah von dem Papierstapel zu mir, seine grauen Augen funkelten amüsiert.

„Du hast ein Buch geschrieben trotz deiner..." Er senkte die Stimme zu einem geheimnisvollen Flüstern. „...Schreibblockade? Das geht doch gar nicht."

Ich verdrehte die Augen, was ihn nur noch mehr zum Grinsen brachte. Schließlich gab ich meinem schlechten Gewissen nach und erwiderte sein Lachen. Obwohl es mein Herz wie einen kurzen, schmerzhaften Blitz durchzog, war ich zu gut gelaunt, um mich von seinen Sticheleien aus der Fassung bringen zu lassen. Stattdessen schüttelte ich einfach den Kopf.

„Im Ernst, ich glaube wirklich, dass ‚Milchshake-Talk' gut genug bei den Lesern ankommen könnte, um mich ein zweites Mal zur Bestsellerautorin zu machen."

Vans Lächeln verflog. Er verschränkte die Hände auf dem weißen Rundtisch und sah mich an. Zweifelnd runzelte er die Stirn.

„Du bist keine Bestsellerautorin, nur weil du eine bestimmte Anzahl deiner Bücher verkaufst."

„Und was macht mich dann dazu?"

Van zögerte keine Sekunde.

„Dass du Erdbeermilchshakes in Geschichten verwandeln kannst."

Beiläufig zuckte er die Schultern, aber ich konnte ihn nur mit offenem Mund anstarren, unschlüssig, ob er seine Worte ernst meinte. Ich musterte ihn unverhohlen, auf der Suche nach einem Anzeichen dafür, dass er log. Aber in seinem Blick lag nichts als pure Anerkennung. In seinen Augen funkelte Zuversicht, als er ein Lächeln aufsetzte.

„Ich habe dein erstes Buch gelesen. Du kannst mit Worten umgehen, Liz, du hast Talent, trotz deiner..."

Ich wusste, was er sagen würde, als seine Mundwinkel spitzbübisch zuckten.

„...Schreibblockade. Ich habe es verstanden.", murmelte ich deshalb und Van gluckste.

Meine Wangen nahmen einen zarten Rotton an, ich konnte meine Freude über das Kompliment, das unter seinen Sticheleien beinahe unterging, nicht verbergen. Wie von selbst hoben sich meine Lippen zu einem zufriedenen Grinsen, Schmetterlinge flatterten aufgeregt in meinem Bauch umher und wirbelten mit ihren Flügelschlägen meine Gefühle nur noch mehr durcheinander.

„Wie auch immer, kann ich es jetzt lesen oder nicht?"

Seine grauen Augen funkelten voller Neugier und mein Grinsen wurde automatisch noch breiter. Er pustete sich eine seiner honigbraunen Strähnen aus den Augen, als ich den Papierstapel zu ihm herüberschob.

Grün Weiß - Unreife & LeereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt