10||Feli

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Überarbeitet: 25. Juni 2023

»Wir werden uns verabschieden.«, sagt Liam und irgendwie macht es mir Angst gleich mit ihm alleine zu sein und dennoch wird es das beste sein, wenn wir darüber reden. Ich brauche endlich antworten auf meine Fragen, die sich mir schon seit dem ersten Tag, an den wir uns trafen, aufgestellt haben. Ich möchte nicht mehr unwissend sein.

Ich habe ein Recht darauf, zu erfahren was hier wirklich abgeht. »So früh?«, fast schon enttäuscht lässt Lilith ihre Schultern hängen. »So früh ist das nun auch wieder nicht, Mamá.«, Liam verabschiedet sich von seiner Schwester, die sich danach mit einem Wangenkuss bei mir verabschiedet. »Bis zum nächsten mal, Feli.«, sie lächelt mich warm an, weswegen ich auch lächeln muss.

»Kommt uns bald wieder besuchen.«, Lilith nimmt mich in ihren Armen, ehe sie mich ansieht. Ich nicke und lächle zuversichtlich. Nachdem wir uns von dem Rest der Familie verabschiedet haben, gehen wir aus dem Anwesen. Der frische Wind weht durch mein Haar. Der Himmel ist in einem dunklen Blau getränkt, geschmückt mit leuchtenden Sternen. »Feli.«, seine Stimme holt mich zurück und ich sie ihn an.

Er hat die Beifahrertür geöffnet und wartete, bis ich eingestiegen bin. Gerade als ich einsteigen möchte, hält er mich noch kurz auf. Seine Hand umfasst mein Handgelenk und ich sehe zu unseren Händen. »Mi Amore.«, seine raue, leise Stimme ist meinem Ohr nahe. Ich spüre seinen warmen Atem an meiner Schläfe und die angenehme Gänsehaut, die sich auf meinem Körper bildet. »Schon gut.«, er lehnt kurz seinen Kopf an meiner Schläfe, ehe er sich zurücklehnt und mich los lässt.

Ich schaue in seinen grauen Augen, die mich aufmerksam und warmherzig anschauen. Ich blinzle die aufkommenden Tränen weg, weil ich es satt habe. Ohne Worte setze ich mich in das Auto und Liam schließt die Tür. Die Fahrt verläuft still und auch, als wir das Anwesen betreten, reden wir kein Wort miteinander. Bis wir letztendlich im Wohnzimmer stehen. »Was willst du hören?«, fragt er und geht zu einer Kommode über.

Mein Herz schlägt schnell gegen meine Brust und ich spüre, wie meine Handinnenflächen schwitzen und durch die Verletzungen pochen. »Alles.«, ich streiche meine Hände trocken und verziehe kurz mein Gesicht. »Von unserem angeblich ersten treffen, bis hierhin.«, ich bin erschrocken über meinen festen Unterton. Liam holt ein Glas aus dem Schrank und bietet mir auch ein Glas an, aber ich winke ab. »Wir waren Zehn ...«, er gibt Whiskey in sein Glas.

»Ich war ... ein kleiner Angsthase.«, ich hebe meine Brauen und starre ihn ungläubig an. »Und du, du warst eine eigensinnige Person.«, er schwingt sein Glas, dass die Flüssigkeit in Wallung gerät. »Ich war dabei, mit meinem neuen Fußball zu spielen, wie jedes Kind. Dummerweise habe ich mich von zu Hause weg geschlichen, also hatte ich keine Begleitung dabei.«, er leert sein Glas und füllt es wieder auf, mit dem Unterschied, dass er sich auf die Couch setzt.

»Es waren Gleichgesinnte, die mich an jenem Tag ärgerten, mir meinen Ball abnehmen wollten und mich beinahe auf die Straße schubsten.«, er legt seinen Kopf in den Nacken und sieht mich an. »Dann kamst Du, hast sie angeschnauzt, wie ein wildes Kätzchen mit ihren Krallen droht. Dann ging alles viel zu schnell, einer dieser Mistkerle schubste mich aus Provokation, auf die Straße, auf der geradewegs ein Auto auf mich zu fuhr. Aber du hast schnell reagiert. Du hast mich direkt von der Straße geholt, bevor mich das Auto erfassen konnte, jedoch bist du kurz darauf gestürzt, dass du mit dem Kopf gegen einen Stein kollabiert bist.«

»Die Jungs waren erschrocken, als sie dein Blut erblickten und rannten schnell davon. Außerdem wollten sie nicht wegen versuchten Mordes bestraft werden. Ich eilte sofort zu dir und wollte dir helfen, wir konnten von Glück reden, dass meine Familie mich gefunden hatte.«, erneut trinkt er seinen Whiskey in einem Zug aus. »Während ich mit kleinen Schürfwunden davon kam, hast du eine Gehirnerschütterung davon getragen und die Narbe an deiner Stirn.«

Er stellt das leere Glas auf den Tisch und fährt sich erschöpft durch sein Gesicht, während ich fassungslos zu höre und mich auf die Couch setze. Ich weiß, dass ich einen Unfall hatte, an dem ich eine schwere Kopfverletzung davongetragen habe. Aber meine Eltern erwähnten nie etwas davon, dass ich jemanden das Leben rettete. »Natürlich übernahmen meine Eltern die Kosten für alles, weil sie es für selbstverständlich hielten.«, seine grauen Augen sehen mich an und lassen mich erschaudern.

»Aber dann kamen deine Eltern wieder und wieder, sie wollten immer mehr. Sie waren Blind vor Geld.«

»Dann kam der Vertrag und die Einwilligung, dass wir beide, wenn wir älter werden heiraten.«, seine Hände flechtet er ineinander. »Wie schon bereits erwähnt, hatte ich nichts dagegen, ich war verliebt.«

Ich schlucke und versuche, seine bisherigen Worte noch einmal zu registrieren. Ich nicke zaghaft, um damit anzudeuten, dass ich verstanden habe, auch wenn ich es nicht verstehen möchte. »Es war nicht gelogen, dass deine Eltern illegale Geschäfte führten und dabei wahrscheinlich sogar töteten.«, erschrocken weiten sich meine Augen und abrupt setze ich mich auf. »Töten?!«, brülle ich, aber beruhige mich.

Er fährt, nachdem er sich sicher war, dass ich zuhöre, fort, »Es stimmt, ich habe dich angelogen und dir gesagt, dass ich deine Eltern getötet habe. Aber auch nur, weil ich dir die Unwissenheit nehmen wollte. Dabei bin ich eingegangen, deinen Hass zu spüren. Aber ich wollte dir alles erklären, sobald ich den Mörder gefunden habe.«, er fährt sich durch sein Haar und sieht mich mit traurigen Augen an.

Ich fahre mir durch mein Haar und gehe selbst zur Kommode, um kurz darauf nach der Flasche Whiskey zu greifen.

Nach all dem Scheiß glaube ich es. Ich lasse die brennende Flüssigkeit meine Kehle herunter gleiten, während Tränen meine Augen füllen. »Mi Amore.«, Liam steht hinter mir und will mir das Glas aus der Hand nehmen, aber ich bin schneller. »Verdammt, du kannst deine Sorgen nicht mit Alkohol ertränken.«, erneut will er danach greifen, doch ich laufen zur gegenüberliegenden Seite des Tisches. »Wer sagt, ich könne das nicht?«

»Feli, gibt mir den Whiskey!«, mit schnellen Schritten kommt er auf mich zu und reißt mir, als ich weitere Schlücke heraus nehme, das Glas aus der Hand und stellt es mit einem lauten Knall auf den Tisch. »Gib sie mir zurück!«, Tränen laufen meine Wangen hinab. »Nein, kein Alkohol für dich.«
»Ich bin kein kleines Kind, auf das du achten musst! Ich muss alles ertränken und Alkohol ist die einzige Lösung!«, ich haue fest gegen seine Brust, aber er verzieht keine Miene. »Eben nicht!«

»Ach ja? Was ist denn deiner Meinung nach die bessere Lösung?«, wütend kneife ich meine Augen zusammen und versuche erneut an das Glas zu gelangen. Doch Liam greift nach meinem Gesicht und küsst mich. Ein Kribbeln durch schießt meinen gesamten Körper und das endorphine rauscht durch meine Adern. Ich will mehr von diesem Gefühl, dass ich verspüre. Aber statt mich dem Gefühl hinzugeben, hole ich aus und schlage meinen gegenüber.

Ich schnappte erschrocken nach Luft.
Fuck, das wars.
Mein Ende.
Lebt wohl!

Mr. & Mrs. Sánchez 3✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt