Beinahe Hoffnung

306 25 0
                                    

66

Die nächste Woche über trainiere ich härter denn jeh. Trainieren, essen, schlafen, trainieren, essen schlafen, trainieren... so läuft jeder verdammte Tag ab. In Präzession und Ausführung werde ich besser, in taktischem Denken, Ausdauer und Muskelkraft. Inzwischen kann ich die Wurfsterne genauer werfen als alle Karrieros. Mit einem Aufschrei durchschneide ich dem elektrischen Dummy mit dem blitzenden Messer in meiner Hand die Kehle.

Die Partikel lösen sich vor meinen Augen auf und verdunsten wie Nebel in der Sonne. Langsamer, beinahe abfälliger Applaus erschallt hinter mir und ich drehe mich um. Kaidan stapft mit langsamen Schritten auf mich zu. „Großartig. Wer dich nicht als Verbündete will, muss ein Idiot sein". Ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Du meinst das nicht ernst". Er zuckt die Schultern und lässt die Hände zu Boden sinken. „Vielleicht. Vielleicht auch nicht".

„Also nein", seufze ich und streiche mir die Haare aus dem Gesicht. „Denk was du willst", sagt er fast schon gelangweilt, während ich ihm zum Stand mit Wurfwaffen folge. „Was mach ich denn falsch?", empöre ich mich und fuchtele gefährlich mit dem Messer herum, dass ich noch immer in der Hand halte. „Sei ruhig, Kleine, du musst mich ja nicht abstechen. Noch nicht". Den Schluss sagt er so leise, dass ich es beinahe nicht gehört hätte.

Ich presse die Lippen zusammen. In der letzten Woche war Kaidan immer an meiner Seite. Irgendwie will ich mir nicht vorstellen, dass er schon übermorgen mein Feind sein wird. Freunde sind wir keine, aber Rivalen? Nein. Ich schleudere das Messer und treffe die Puppe, die mehrere Meter entfernt steht. Mein zukünftiger Gegenspieler zieht seine Augenbrauen hoch. „Alles gut? Ich wollte dich nicht wütend machen". Ich blicke zu ihm herüber. „Keine Ahnung", murmele ich, während ich einen der Speere unter Ächzen anhebe und in Position bringe.

„Bald ist es soweit, nicht?", fragt er leise und nimmt sich ebenfalls einen Speer, allerdings ohne jegliche Anzeichen, dass es ihn Mühe kostet. Ich nicke und schleudere die tödliche Metallstange und treffe die Wand neben dem Dummy. „Ich wollte nicht sagen, dass du schlecht bist, Kleine. Du hast Potential zur Kämpferin, du musst nur durchhalten, solange es geht. Für deine Freundin". Ich zucke bei Fjellas Erwähnung zusammen.

Ich habe zwar oft an sie gedacht, aber mir war nicht bewusst, dass Kaidan von ihr weis. „Was ich dir sagen wollte war, dass du zu bösartig wirkst. Du hast diese Art an dir, dieses feindliche, dass niemand der bei Verstand ist, jemanden wie dich neben sich schlafen lassen würde. Du könntest ohne zu zögern, deine Verbündeten im Schlaf abstechen". So komme ich rüber? Na danke.

„Denkst du das?" „Ja". Kaidan wirft seinen Speer und trifft ins Herz. „Nimm dir meinen Tipp zu Herzen, Kleine. Bei den Interviews musst du stark, aber trotzdem niedlich rüberkommen. Nicht so, als wärst du kaltherzig". „Bin ich doch gar nicht!" Seine Bemerkung verletzt mich irgendwie. „Ich weiß. Aber die anderen wissen es nicht. Nutz es aus, dass du dich für deine Freundin freiwillig gemeldet hast. Sowas kommt gut an".

Er schnappt sich einen Wurfstern und lässt ihn fliegen, verfehlt aber den Dummy. „Man, wie kriegst du das hin?" Ich gehe nicht auf den Kommentar zu meinen Wurfkünsten ein und verschränke die Arme vor der Brust. „Ich will Fjella nicht ausnutzen. Ich bin hier, weil sie nicht sterben darf". Kaidan streicht sich die Haare aus der Stirn und greift an mir vorbei nach den Wurfmessern.

„Würde Fjella wollen, dass du die Chance auf überlebenswichtige Sponsoren verstreichen lässt?" Nein, das würde sie sicher nicht. „Du hast es ihr doch versprochen", redet er weiter auf mich ein. Ein Messer zischt durch die Luft und durchtrennt den Stoff des Dummys. Welch bizarre Situation das doch ist.

Kaidan bespricht mit mir Überlebensstrategien, während wir gleichzeitig üben, uns gegenseitig umzubringen. Einfach kurios. „Hab ich", bestätige ich und spiele mit der Klinge eines Messers herum. Der Gedanke an sie tut weh. „Du willst doch zu ihr zurück oder?" Ich nicke. Kaidan schleudert einen Speer und tötet erneut kaltblütig die Puppe.

The second mentor- DieTributeVonPanemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt