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Mir stehen Tränen in den Augen, als ich mit ansehen muss, wie der Tribut aus Distrikt 4 brutal auf Amalie einsticht. Ich kannte sie noch nicht lange, aber sie war mein Schützling. Ich habe sie verloren. Das Bild von Kaidan, regungslos in meinen Armen erscheint vor meinem Auge, als ich den schrecklich vertrauten Klang der Kanone höre und ich zucke zusammen. Trehnas abgetrennter Kopf, der auf dem Boden liegt. Jeresmy, der an seinem eigenen Blut erstickt. Ich weine stumm, während das Hovercraft Amalies Leiche abholt.
Haymitch drückt mir beruhigend die Schulter. „Keine Sorge. Irgendwann gewöhnt man sich an das Gefühl", sagt er. Obwohl ich seine Fahne riechen kann, als hätte ich selbst getrunken, bin ich froh das er da ist. „Gib mir die Manschette. Ich will Fabius etwas schicken bevor... naja". Fabius ist der männliche Tribut der siebenundsechzigsten Hungerspiele und noch ist er am Leben. Ich habe die Hoffnung bis jetzt nicht aufgegeben, dass wir ihn retten können.Ich öffne das Display der Mentoren-Manschette und betrachte deprimiert unseren niedrigen Betrag. Haymitch sollte Recht behalten als er sagte, dass Lennox uns mit unseren rauchigen Kostümen einen Riesenvorteil verschafft hat. Einen Vorteil, der Amalie und Fabius leider fehlte. Mit seinen metallenen Werkzeugkostümen, in die er unsere Tribute gesteckt hat, ist er leider etwas über das Ziel hinausgeschossen. Wie befürchtet wurde mehr über sie gelacht, als dass man sie bewundert hat. Der arme Lennox war ganz schön geknickt.
Meinem Sieg im letzten Jahr haben wir es zu verdanken, dass ich zumindest das Geld auftreiben kann, um Fabius einen gut gefüllten Proviantkorb zu schicken. Es rührt mich auf der Übertragung mit anzusehen, wie sehr er sich darüber freut. Amalie war 18, er ist erst 13 Jahre alt. Viel, viel zu jung um in eine solche Arena gesperrt zu werden. Aber sind wir das nicht alle? Mich eingeschlossen?
„Tut mir echt leid. Das war Deine oder? Die Paul gerade getötet hat?" Ich erschrecke mich furchtbar, als ich Finnicks samtene Stimme hinter mir höre. So schnell wie möglich gewinne ich wieder die Fassung und straffe die Schultern. Unauffällig wische ich mir die Tränen von den Wangen. „Du trägst keine Schuld". Es stimmt, das tut er nicht. Ich bin mir sicher, dass Finnick Amalie nicht getötet hätte, wenn er in dieser Arena gewesen und eine Wahl gehabt hätte. Genauso Paul und all die anderen.
„Nein, wohl wahr". Für ein paar Minuten sehen wir beide nur nachdenklich dem Geschehen in der Arena zu, stehen nebeneinander und wissen genau, wie sich der andere fühlt. Haymitch hat zumindest den Zuschlag des Alkohols, der ihn etwas in Watte packt.
„Ich weiß das ist mal wieder ein unangebrachter Zeitpunkt, aber würdest du mir heute Abend die Ehre erweisen...", setzt Finnick an und augenrollend wende ich mich ihm zu. Er wird es nie lernen. „Und mit mir zusammen Essen gehen? So eine Art Date?" Überrascht ziehe ich die Augenbrauen hoch. Er versucht also endlich mal eine neue Masche. „Du hast Recht, es ist mal wieder ein total unangebrachter Zeitpunkt... aber du gibst doch eh nicht Ruhe, oder?" „Nein". Er grinst mich an, mit strahlend weißen Zähnen.
Ich mustere ihn von Kopf bis Fuß. Die lockere Hose die er trägt, sitzt auf seinen Hüften, als hätte man sie extra für ein geschneidert und der enganliegende weiße Rollkragen Pulli betont seinen trainierten jugendlichen Körper. Das blonde, zerzauste Haar lässt seine strahlend meergrünen Augen herausstechen. Dafür, dass er gerade einmal 16 Jahre alt ist, sieht er einfach unverschämt gut aus, dass muss ich ihm lassen.
Als er fragend den Kopf schief legt, erinnere ich mich daran, dass ich ihm noch eine Antwort schulde. „Lässt du mich dann in Ruhe?", frage ich schließlich herausfordernd. „Vielleicht". Er gibt mir den typischen Schlafzimmer Blick und ich verdrehe erneut die Augen. „Nun gut. Du bist echt ätzend weißt du das?" „Ja weiß ich". Noch immer grinst er. „Und taktlos. Und ungehobelt". Jedes Mal nickt er ernsthaft und ich muss mich zwingen nicht zu lächeln. „Und sexy?", hängt er fragend hinten dran. „Ja das auch", gestehe ich und jetzt muss ich doch schmunzeln. „Aber vor allem ungehobelt". „Damit kann ich leben. Ich hol dich um sieben ab".
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The second mentor- DieTributeVonPanem
FanfictionNiemand hätte gedacht, dass ausgerechnet die unscheinbare Novalee aus Distrikt 12 den Mut aufbringen würde, sich für die 66. Hungerspiele freiwillig zu melden. Sie selbst auch nicht. Aber als ihre beste Freundin in den Tod geschickt werden soll, gib...