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Als Haymitch und ich am Nachmittag die Mentoren-Lounge betreten, ist Finnick bereits dort. Er fällt mir sofort ins Auge, wie er dasitzt, einen Arm lässig über die Lehne einer Couch gelegt. Wie schafft er es, so attraktiv zu sein? Ich musste mir die Haare zu einem unordentlichen Dutt hochbinden, weil ich sie einfach nicht in Ordnung bekommen habe.
Als er mich erblickt, steht er auf und kommt lächelnd zu uns herüber. „Ich hol mir was zu trinken", murmelt Haymitch amüsiert und verschwindet. Kurz blicke ich ihm halb genervt, halb empört nach, dann wende ich mich Finnick zu. „Hey", sagt er. „Hey", sage ich. Dann sind wir erstmal sprachlos, weil wir beide an die letzte Nacht denken müssen. Etwas peinlich berührt muss ich lachen und meine Hand wandert fast automatisch in meinen Nacken, oder besser gesagt an die empfindliche Haut unter meinem Ohr, an der Seine Lippen rötliche Spuren hinterlassen haben.
Er folgt meinem Blick und muss grinsen, als er den Knutschfleck sieht. Auch er lacht leise. Dann schweigen wir uns wieder an, müssen dabei aber lächeln. „Das ist seltsam", fange ich schließlich die Konversation an. „Ja, total", stimmt er mir zu und errötet. Finnick Odair kann erröten? Eine Premiere. Als er zögernd meine linke Hand in seine nimmt und sie wie selbstverständlich an seinen Mund führt, beiße ich mir auf die Lippe. Mein Körper erinnert sich unwillkürlich, wie er gestern ganz andere Stellen mit diesen Lippen berührt hat und ich erschaudere unmerklich.
„Komm mit", sagt er leise und mustert mich mit einem unergründlichen Blick. Ich folge ihm vor die Tür, wo wir unsere Ruhe haben. „Also...", fängt er an, bläst die Backen auf und blickt mich dann nervös an. „Also?", ermutige ich ihn und grinse. Er fährt sich mit einer Hand durch sein Haar, dann sieht er mich lange an. „Soll das was Einmaliges bleiben? Ich fand es gut, deshalb... aber entscheide du", fragt er und ich sehe ihm an, dass er Angst vor der Antwort hat.
Ich lege den Kopf leicht schräg und betrachte seine markanten Gesichtszüge. Sie sehen aus wie mit Pinselstrichen gemalt. Mein Körper würde sich am liebsten sofort wieder in sein Bett legen und unanständige Dinge mit ihm tun, aber kann ich das mit meinem ethischen Gewissen vereinbaren?
„Ich weiß nicht... also. Ich fand es auch gut". Ich merke selbst, wie wage ich mich ausdrücke. „Das ist keine Antwort auf meine Frage". Ich verdrehe die Augen. Mir fehlen einfach die Worte um darauf zu antworten, versteht er das nicht? Schließlich seufze ich. „Wenn man bedenkt das unsere zukünftigen Sexpartner hauptsächlich Menschen aus dem Kapitol sein werden... ich... keine Ahnung Finnick". Überfordert streiche ich mir über die Stirn und beiße mir wieder auf die Lippe.
Er lächelt. „Ich mag's wie du meinen Namen sagst". Verwundert runzele ich die Stirn. Plötzliche Themenwechsel hat er echt drauf. „Wie sage ich ihn denn?" Er zuckt die Schultern. „Irgendwie... weicher. Gefällt mir". Er beugt sich vor und dann spüre ich seinen Atem an meinem Ohr. „Aber noch viel besser gefällt es mir, wenn du ihn stöhnst". Gegen meinen Willen stellen sich bei diesen Worten meine Nackenhaare auf und mein Atem geht etwas schneller. Muskeln, von denen ich nicht mal wusste das sie existieren, ziehen sich schmerzhaft in meinem Unterleib zusammen. Ich versuche die Bilder von gestern aus meinem Kopf zu verdrängen, in denen ich genau das tue, denn sonst werde ich mich nicht länger konzentrieren können.
„Du ungehobelter...", setze ich an, aber meine Worte werden erstickt, als er seine Lippen dieses Mal auf meine legt und mich küsst. Ich bin verloren. Der Kuss ist wild und ungestüm, macht Lust auf mehr. Ich presse mich an ihn, und lasse mich einfach fallen.
Schließlich löst er sich von mir. „Was? Ein ungehobelter... und weiter?" Er grinst keck. „Mistkerl", kann ich nur hauchen, zu mehr bin ich nicht in der Lage, während ich ihm in die meergrünen Augen blicke. Gott sei Dank hält seine Hand um meine Taille mich sicher, denn meine Knie sind eben ziemlich weich geworden.
„Unsere Körper harmonieren echt gut", spricht er das Offensichtliche aus. „Stimmt", bringe ich noch immer atemlos hervor. Er legt mir eine Hand an die Wange und sieht mich flehend an. Wieder zieht sich mein Unterleib zusammen, als er sich über die Lippen leckt, vermutlich hat er das gar nicht bemerkt. Aber diese kleine Geste hat in mir so einiges ausgelöst. Konzentrier dich! „Nova... Lass es uns einfach machen. Keine Verpflichtungen, kein Stress. Nur... das hier. Als Auszeit vom Kapitol". Die Tatsache, dass er sich das so sehr wünscht schmeichelt mir und ich muss schmunzeln.
Das Angebot ist verlockend und während ich hier stehe, in seinen Armen mit hektischen roten Flecken vom Küssen auf den Wangen, kann ich es ihm einfach nicht abschlagen. Also hole ich tief Luft und sage: „Gut. Machen wir es". Finnick beginnt zu strahlen. Lachfältchen bilden sich um seine Augen herum. Es gefällt mir, wenn er lächelt. Viel schöner als seine traurige Miene. Mit der Hand fahre ich ihm in die Haare und streiche über seine weichen Strähnen. Ich mag seine Haare.
Ich lege den Kopf schief und lächele leicht. Aber dann muss ich an das Gespräch von heute Morgen denken und meine Miene verdüstert sich merklich. „Was ist los?", fragt Finnick besorgt. „Snow hat eben mit mir gesprochen", sage ich bloß und er versteht. Natürlich versteht er. „Ich will das nicht machen. Ich will mich nicht... prostituieren lassen. Aber Fjella...", sage ich leise und er streicht mir beruhigend über den Hinterkopf. „Ich weiß. Ist schon gut". Dann zieht er mich an seine Brust und drückt mir einen tröstlichen Kuss auf den Scheitel.
Erst bin ich etwas überrascht, aber dann entspanne ich mich sichtlich und atme seinen Geruch nach Meer und Freiheit ein. Ich muss etwas die Stirn runzeln über meinen Vergleich. Aber es passt. Diese Situation erinnert mich schmerzhaft an den Morgen vor den Hungerspielen, als Kaidan mir für kurze Zeit meine Angst nahm. Sehnsucht nach meinem besten Freund erfüllt mich und ich klammere mich an Finnick fest. Zum Glück habe ich ihn. Er ist jetzt meine Konstanze im Kapitol.
Es ist frustrierend, keinen Tribut mehr zu haben. Mir fehlt die Aufgabe, auf jemanden aufzupassen. So lenkt mich so gut wie gar nichts davon ab, dass ich mich prostituieren muss. Es ist widerwärtig. Abstoßend. Ekelerregend. Aber erträglich. Irgendwie. Ich habe ja einen angemessenen Ausgleich. Was mich noch ablenkt, ist Finnick. Die Spiele gehen noch fast drei Wochen. Drei Wochen, in denen ich mich anbieten muss wie Vieh auf dem Markt. Und dann fliehe ich.
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The second mentor- DieTributeVonPanem
FanficNiemand hätte gedacht, dass ausgerechnet die unscheinbare Novalee aus Distrikt 12 den Mut aufbringen würde, sich für die 66. Hungerspiele freiwillig zu melden. Sie selbst auch nicht. Aber als ihre beste Freundin in den Tod geschickt werden soll, gib...