Kapitol

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Ich verlasse endlich das Bett des fremden jungen Mannes mit den neonblauen Haaren, dessen Namen ich vergessen habe. Rilan, Roy, Ryalle... irgendwas in der Art war es. Er hat weniger im Gehirn als ein Pantoffeltierchen und seine Stimme klingt, als hätte man dauerhaft Auto tune draufgelegt.

„Willst du nicht noch bleiben?", fragt er und es erinnert mich unwillkürlich an den ersten Morgen, an dem ich in Finnicks Bett aufgewacht bin. Welcher Kontrast das doch ist. Damals bei ihm war es ein Moment, in dem wir außerhalb der Zeit, in unserer eigenen kleinen Blase gefangen waren. Wir, die uns ähnlicher sind als man nach Außen denken würde. Aber wir wissen beide was Schmerz bedeutet, und das zeichnet einen nun mal von Innen.

„Nein, tut mir leid. Ich muss... noch wohin", rede ich mich heraus, schlinge das quietschrosa Bettlaken um meinen nackten Körper um ihn zu verbergen und kaum das ich mich von ihm weggedreht habe, verschwindet mein Lächeln und ich verdrehe die Augen.

„Seh ich dich wieder?" So hoffnungsvoll wie Mr. Auto tune klingt, könnte er mir fast leidtun. Aber eben nur fast. Wieder setzte ich mein eingeübtes falsches Lächeln auf, drehe mich wieder zu ihm und sehe ihn entschuldigend an. „Nein tut mir leid. Ich glaube nicht, dass das funktionieren würde". Enttäuscht sieht er auf sein Bett hinab, das aussieht, als hätte ein Regenbogen kotzen müssen.

Dann zuckt er die Schultern. „Naja. War trotzdem schön, nicht?" Ich antworte ihm besser nicht und lächele einfach weiter vor mich hin. Nur schön die Maske wahren. Ich suche meine Klamotten zusammen, eine Jeans und einen grauen Kapuzenpullover, dazu Turnschuhe. Als ob ich mich für diese Flegel des Kapitols schick machen würde.

Auch der Typ mit R im Namen steht auf und zieht sich seine Hose wieder an, dann geht er zum Nachttisch und holt ein paar goldene Armreifen, besetzt mit Rubinen, Saphiren und Opalen, hervor. Ich erkenne sofort, dass sie echt sind. „Hier. Die sind für dich". Das machen sie immer. Großartig, jetzt fühle ich mich noch mehr wie eine Prostituierte, denke ich jedes Mal. Aber eigentlich... bin ich das ja auch.

Noch immer lächelnd nehme ich sie entgegen. „Danke vielmals. Ich geh dann". Beinahe fluchtartig verlasse ich seine Wohnung und irre durch die Straßen des Kapitols. EineLimousine holt mich ab und bringt mich zurück ins Trainingscenter, in dem wirMentoren auch außerhalb der Spiele leben dürfen, soweit wir es wünschen. Odersoweit es von Snow angeordnet wird.Die Fahrt verläuft schweigend und in einer peinlich angespannten Atmosphäre. Der von Snow geschickte Chauffeur weiß unterbewusst genau, was ich getan habe und ich sowieso. Es ist einfach nur unangenehm.

Ich schließe die Tür zu meinem Zimmer hinter mir und werfe die Armreifen auf die Kommode, als hätte ich mich daran verbrannt. Ich will sie nicht und werde sie mit dem nächsten Zug nach 12 schicken, damit sie dort gegen Geld für den Saum umgetauscht werden können. So tue ich sogar noch etwas Gutes.

Seufzend betrachte ich mein Spiegelbild, binde mir die Haare hoch und verlasse dann, einer Eingebung folgend, meine Privaträume wieder. Der Aufzug fährt acht Stockwerke tiefer und noch immer begeistert, betrachte ich wie die anderen Zimmer an mir vorbei huschen. Werde ich mich jeh daran gewöhnen?

Ich klopfe an die Tür zu vier. Es ist Librae, eine andere Siegerin aus seinem Distrikt, die mir öffnet. „Novalee? Was machst du denn hier?", fragt sie verwundert. Erst stottere ich ein bisschen herum, dann beschließe ich, ihr einfach die Wahrheit zu sagen. „Ist Finnick da?" Sie runzelt kurz die Stirn, tritt dann aber zurück und lässt mich eintreten. „Ja, er ist in seinem Zimmer. Wieso?"

„Nur so. Wollte was mit ihm besprechen", flunkere ich, lächele sie freundlich an und betrete dann Finnicks nur allzu vertrautes Zimmer. Die Tür schließe ich hinter mir ab, etwas, das ich mir angewöhnt habe. Paranoia. Er hebt erschrocken den Kopf, lächelt aber als er mich sieht. Ich werfe mich neben ihm aufs Bett, ziehe ihn zu mir, und drücke meine Lippen dominant auf seine.

Ich glaube ich habe ihn geweckt, aber nach diesem Kuss, ist er nicht mehr müde, ganz sicher nicht. „Hi", murmelt er, als ich mich von ihm löse. „Hi", gebe ich erschöpft zurück. „Hattest einen schlechten Tag, was?" „Sieht man mir das so sehr an?" „Schon". Wir grinsen beide.

Das ist alles schon so normal zwischen uns geworden, in den wenigen Monaten, seit die achtundsechzigsten Spiele von einem Karriero aus eins gewonnen wurden. Und ich will es gar nicht mehr missen. Es macht mir auch ein bisschen Angst, weil es mich manchmal an die Vertrautheit die ich mit Kaidan hatte erinnert. Ich hoffe so sehr, dass mir nicht wieder wehgetan wird.

Andererseits... warum auch? Finnick und ich sind beide Sieger. Ich werde nicht weglaufen, dafür ist das was wir haben, zu gut. Es betäubt die negativen Gedanken, wie eine Schmerztablette. Eine sexy Schmerztablette, wohlgemerkt.

„Du wirst es nicht glauben, aber ich glaube, es gibt wirklich Leute, die hier ihre Stimmbänder verändern lassen". Er zieht die Augenbrauen hoch. „Ach ja?" „Ja. Der Typ mit dem ich heute geschlafen habe. Seine Stimme...uuuh" Ich ziehe eine Grimasse und mache mit dem Finger eine kreisende Bewegung vor meinem Ohr. Finnick lacht. „Die haben sie doch nicht mehr alle".

„Nein wirklich nicht". Ich grinse zurück und merke, wie dieser Effekt der Entspannung, die Schmerztablette zu wirken beginnt. Sie heilt den ganzen Mist nicht, aber sie betäubt ihn, kurzzeitig und effektiv, macht alles erträglicher. Ich küsse ihn wieder, tiefer und verlangender.

Finnick dreht sich herum, so dass er auf mir liegt, parallel zu meinem Körper. „Soll ich deinen Tag besser machen?" Mit dem Finger fahre ich seine Gesichtskonturen nach, lege den Kopf schief und lächele selig und erregt. „Ich bitte drum". Er beugt sich zu mir hinunter, und lässt ich die Ereignisse vergessen, die mir sonst das Leben schwermachen.


The second mentor- DieTributeVonPanemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt