Wasser

239 23 3
                                    

66

Es war eine kalte Nacht, ein verdammt kalte sogar. Bibbernd und zitternd lag ich da und versuchte einzuschlafen, vergeblich. Meiner Vermutung nach, haben die Spielmacher nach dem sie die Gefallenen gezeigt haben, am Thermometer gedreht, denn die beißende Kälte kam so urplötzlich, dass sie keinen natürlichen Ursprung haben konnte. Was hat in der Arena überhaupt einen natürlichen Ursprung?

Schließlich habe ich es doch noch geschafft, ein wenig weg zu dösen. Ich habe keine Ahnung wie lange genau, doch mein Bio Rhythmus sagt mir, es war eindeutig nicht lang genug.

Dennoch rappele ich mich schwerfällig und mit steifen Gliedern auf und strecke mich ausgiebig, wobei meine Knochenknacksen. Ich ziehe genießerisch die frische, klare Luft durch die taube Nase ein, dann nehme ich mein Messer und entferne mich von meinem sicheren Bett aus Steinen. Ich muss mich bewegen, sonst erfriere ich noch.

Außerdem gehen die Karrieros ab jetzt auf Jagd, wenn sie nicht sogar schon unterwegs sind. Und meine trockene Kehle macht mir zu schaffen. Ich werde meinen Fokus darauflegen, Wasser zu finden.

Ich blicke über den Bergkamm ins Tal und schnappe nach Luft. Der Anblick der sich mir bietet, ist so wunderschön, ich kann meine Augen einfach nicht abwenden. Die goldenen Strahlen der Sonne mahlen vereinzelte Streifen in die scheinbar unendlichen Schwaden aus Nebel, die alles ab tünchen, in sich aufnehmen und jeden Laut im Keim zu ersticken drohen. Der strahlend blaue Himmel spannt sich über den teils grünen, teils grauen Berggipfeln, und im schwachen Morgenlicht glitzert ein Gletschersee mit allen Diamanten des Kapitols um die Wette. Es ist ein Bild puren Friedens und Ruhe. Der See...

Mein Herz macht einen Hüpfer. Es gibt Wasser, offenbar mehr als genug, ich muss es nur finden. Mit neuem Mut klettere ich weiter hinauf, in der Hoffnung, die Quelle zu finden.

Mit mir wandert die Sonne gen Zenit, ihr Licht wird heißer und wärmt mir Rücken und Nacken. Der raue Stein und die klumpige Gebirgserde bleiben an meinen Händen kleben und als ich mir die Haare aus der Gesicht streiche, zeichne ich mir versehentliche so etwas wie eine Kriegsbemalung aus Schlamm und Kies auf die Schläfen und Stirn. Ich muss lachen und hoffe, das auch Fjella schmunzeln muss. Dann gehe ich weiter.

Eine Stunde vergeht. Zwei Stunden vergehen. Drei Stunden vergehen. Von Minute zu Minute trockne ich weiter aus. Ich denke nicht mehr. Ich fühle nicht mehr. Oder zumindest versuche ich es, denn die ersten Anzeichen von Schwäche kann man kaum verdrängen. Ich konzentriere mich einfach darauf, einen Schritt vor den anderen zu setzten. Einen... nach dem Anderen. Immer weiter. Bloß nicht stehen bleiben...

Ich kann nicht mehr. Meine Kehle kratzt, meine Beine schmerzen, meine Hände sind blutig und wund geklettert und ich habe Kopfschmerzen, gepaart mit Schwindel. Die Sonne brennt heiß und unbarmherzig vom Himmel. Kein normaler Mensch kann unter solchen Umständen eine Klettertortur auf sich nehmen. Dennoch gebe ich nicht auf.

Eine weitere Stunde später, habe ich noch immer kein Wasser erreicht und langsam aber sicher schwindet mein Optimismus, es noch rechtzeitig zu finden. Ich lasse mich deprimiert und erschöpft auf den Boden sinken. Es geht einfach nicht.

Ich frage mich was Haymitch sich wohl gerade denkt. Hält er mich für schwach? Bereut er, mir sein Versprechen gegeben zu haben? Tja, lange wird er sich jedenfalls nicht mehr den Kopf über mich zerbrechen müssen.

Er ist meine letzte Chance. Meine letzte, vollkommen betrunkene Chance. „Haymitch", krächze ich mit verbliebener Kraft, bin mir jedoch nicht sicher, ob die Kameras meinen Hilferuf einfangen konnten. Ich habe versagt, ist das Letzte was ich denke, bevor ich ohnmächtig werde.

The second mentor- DieTributeVonPanemWo Geschichten leben. Entdecke jetzt